Kapitel 4

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"Entschuldigt mich, aber ich halte es nicht mehr aus. Du musst uns erzählen, was zwischen dir und Anton ist!"

"Amy!", empört sieht Clara ihrer Freundin entgegen.

Ich weiß nicht wie wir hier gelandet sind, aber seit gut einer halben Stunde sitzen wir schon im Park. Mit wir meine ich Clara, Amy und mich. Sophie, eine weitere Freundin von Clara, ist schon gegangen. Sie bekam einen Anruf von ihren Eltern und hat sich sofort auf dem Weg gemacht.
Nach der Schule zog Clara mich an meinem Arm mit zu ihrem Auto und fuhr mit uns in die Stadt. Dort eröffnet heute ein neues Restaurant, indem wir essen waren. Vorher sind wir aber noch ein wenig durch die Straßen geschlendert und waren in dem einen oder anderen Geschäft. Statt nach Hause zu fahren sind die Mädels Richtung Park gegangen. Ich bin ihnen ohne murren gefolgt. Dafür, dass ich Anfangs so gar keine Lust hatte, bin ich jetzt froh hier zu sein. So einen schönen Tag unter Mädels wie heute, hatte ich lange nicht mehr.
Ich war es gewohnt mit Lizzy unterwegs zu sein und immer eine ihrer Anhänger dabei zu haben. Diese Mädchen sahen sich als eine Freundin von Lizzy. Dabei dienten sie nur dazu, ihr ununterbrochen Komplimente zu machen. Für die Mädchen schien es eine Ehre zu sein, diese Aufgabe zu erfüllen. Somit wurden sie wenigstens ein wenig wahrgenommen.
Jedenfalls hatte ich lange nicht mehr so viel Spaß unter Freunden. Genau deshalb frage ich mich, weshalb Clara und ich nicht öfter was zusammen gemacht haben.
Ich war gerade dabei mir im Kopf eine Antwort zusammen zu reimen, als Amy völlig unerwartet das Thema Anton ansprach.
Ein wenig überrumpelt von ihrer Frage sah ich sie wie ein Auto an.
Ich spürte 2 neugierige Augenpaare, die ganz versessen darauf waren alles zu erfahren. 2 davon versuchten es allerdings nicht so auffällig zu machen.

"Tue doch nicht so, als wenn es dich nicht interessiert, Clara." Amy rollt mit ihren Augen.

"Das sage ich auch nicht. Aber ich besitze mehr Anstand als gewisse andere Menschen."

"Ich bin nunmal neugierig." Ich weiß nicht, ob das eine Entschuldigung gewesen sein soll oder ob Amy es nur einmal klarstellen wollte.

"Tori wird es uns schon sagen, wenn es etwas zu erzählen gäbe." Ich merke genau, dass Clara selber total neugierig ist. Aber sie scheint bemerkt zu haben, dass ich nicht bereit bin darüber zu reden.

"Ich habe sie in den Ferien mehr als einmal zusammen gesehen." Amy beharrt weiterhin auf das Thema.

"Sie haben eben zusammen gearbeitet."

Obwohl sie das nicht müsste, rechtfertigt mich Clara. Ich bin ihr dafür dankbar.

"Ich erinnere mich gut daran, dass die beiden sich vorher noch nicht einmal angesehen haben." Amy scheint ja bestens über mein Leben und vor allem über meine sozialen Kontakte bescheid zu wissen.

"Wenn man Tag täglich zusammen ist, verändert sich das eine oder andere eben. Es bringt ja überhaupt nichts, nicht mit einander zu reden. Gerade wenn sie zusammen auskommen müssen. "

"Falls ihr es vergessen habt, ich sitze auch noch hier. Ihr müsst nicht über mich reden, als wäre ich nicht da." Ich bin Clara zwar dankbar, aber ich habe selber ein Instrument zum sprechen.

"Verzeihe..", Schuld bewusst senkt Clara ihren Kopf und heftet ihren Blick auf den Boden.

"Schon okey." Ich möchte nicht, dass Clara sich schlecht fühlt. Immerhin wollte sie mich nur in Schutz nehmen.

"Clara hat recht. Wenn man die selbe Arbeitsstelle hat, wäre es von Vorteil wenn man seine Vorurteile nach hinten schiebt und versucht mit einander auszukommen. Es hätte mir gar nichts gebracht, wenn ich ihm wie sonst auch aus dem Weg gegangen wäre. In diesem Job war Kommunikation das A und 0. " Ich hoffe Amy gibt sich mit dieser Erklärung zu Frieden.
Doch ich habe sie wohl falsch eingeschätzt.

"Du willst mir doch aber nicht erzählen, dass das alles war?! Ihr habt 6 Wochen aufeinander gehockt und.."

"Amy es reicht! Merkst du nicht, dass Tori nicht darüber reden möchte?
Wenn es etwas gibt, wird sie es schon von alleine erzählen." Ich könnte Clara in diesem Moment um den Hals fallen und knutschen. Ich würde zwar so gerne mit jemanden über alles reden, aber das ist leichter gesagt als getan.

"Es tut mir leid." , entschuldigend sieht sie mich an.

"Anderes Thema- Freitagabend Party bei Mike." Wow. So vernarrt wie Amy eben noch auf eine Antwort wart, hat sie aber schnell das Thema gewechselt.

"Mike Hampton? Der aus der 12.?" Das ist aber jemand nervös.

"Ne, der aus dem Kindergarten. Natürlich Mike Hampton!"

Ich höre den beiden zu, wie sie über die Party schwärmen. Mike seine Eltern sind wohl sehr wohlhabend und viel auf Geschäftsreisen.
Zum Ende des Sommers schmeißt er noch mal eine Party. In den Ferien waren die meisten verreist, deshalb jetzt in der 1. Schulwoche.

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"Entschuldige Amy. Sie ist.." Clara hat so eben Amy Zuhause abgesetzt und fährt nun mich Heim.

"Alles gut. Sie meint es ja nicht böse." Amy ist nunmal neugierig. Wer wäre es nicht. Immerhin geht es um Anton, einem 12. Klässler. Dazu nicht gerade unbeliebt und hässlich. Und Clara kann erst recht nichts für das Verhalten ihrer Freundin.

"Trotzdem. Bestimmte Dinge gehen nicht jedem was an. " Verständnisvoll lächelt sie mich an, bevor sie dann wieder auf die Straße sieht und sich konzentriert.
Bei mir angekommen, wird das Schweigen erst gebrochen. Unzwar von mir. "Clara?"
"Victoria?" Wir sehen uns an und beginnen zu lachen.

"Hättest du vielleicht noch Zeit?" Ich habe die letzten Minuten nachgedacht und den Entschluss gefasst, dass mir eine zweite Meinung gut täten würde.
Und ehrlich gesagt möchte ich mich Clara anvertrauen. Ich habe das Gefühl, dass ich sie brauche.

"Klar." Gemeinsam gehen wir ins Haus und direkt hoch in mein Zimmer, wo wir uns auf dem Bett niederlassen.

______

"Und jetzt weiß ich nicht weiter.."
Ich habe ihr alles erzählt. Dieses Mal alles. Nicht wie bei meiner Mutter. Klar, hatte ich Angst sie würde mich verurteilen, aber ich musste es jemanden sagen. Doch genau wie meine Mum, nahm sie mich in den Arm.

"Habt ihr nachdem er gegangen war euch nochmal gesehen und geredet?"

"Nein. Elizabeth und er haben das Wochenende zusammen verbracht."

"Er wollte mich anrufen. Hat es aber nicht getan. Du kannst dir nicht vorstellen wie verkrampft ich auf seinen Anruf gewartet habe. Ich meine, wir haben mit einander geschlafen. Mein Handy klebte förmlich an meiner Hand. Und alles was er tut ist sich ein schönes Wochenende mit Elisabeth zu machen."

"Sie ist seine Freundin..aber du hast recht, eine Erklärung oder irgendwas wäre angebracht gewesen."

"Er wollte Montag mit mir reden."

"Aber?"

"Lizzy kam dazwischen.. Ich weiß das es falsch war, aber was soll ich machen. Ich habe mich in ihn verliebt. Warum bin ich ihm plötzlich so egal?"

"Ach Süße." Clara zog mich in ihre Arme und sofort kamen mir die Tränen.
"Danke" Ich weiß nicht ob sie mich unter meinem Geweine versteht. "Dem zeigen wir was er verpasst."
Als sie das sagte war mir noch nicht bewusst was genau sie plante.

Zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt