6. Sieh mich an

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Tim und ich lagen bewegungslos nebeneinander auf meinem Bett, nur unsere Knie und Schultern berührten sich, und schwiegen. Es war bei weitem kein unangenehmes Schweigen, wir beide genossen die Ruhe und die bloße Anwesenheit des Anderen. Meine Gedanken wanderten ungehindert und blieben irgendwann doch wieder bei Tim hängen. Ich hatte auch bevor er hier aufgetaucht war immer öfter an ihn gedacht, schließlich war er mein bester Freund, aber seit dem Tag, an dem ich Tim leibhaftig getroffen hatte, kehrten meine Gedanken viel zu oft zu dem Jungen zurück.

Auch heute war er wie jeden Tag pünktlich um neun Uhr, zu Beginn der Besuchszeit in mein Zimmer gekommen, hatte mich zur Begrüßung umarmt und sich dann umstandslos neben mich gelegt. Er wusste, wie gut es mir tat, ihn bei mir zu haben. Und doch schaffte er es heute nicht, mich von den Gedanken abzulenken, die mich nun quälten und mir keine Ruhe ließen:

»Tim?«, flüsterte ich in die Stille hinein. Ich hörte es neben mir auf dem Kissen rascheln und wusste, dass er mich anschaute.

»Ist das nicht lächerlich? Wir wollten uns immer treffen, wollten uns persönlich sehen und jetzt bist du da, wir verbringen jeden Tag zusammen.«

»Was soll daran lächerlich sein?«

»Verstehst du, Timmi: Wir wollten uns immer sehen. Jetzt sind wir hier, und du siehst mich auch, aber ich werde nie erfahren, wie du aussiehst. Ich werde immer nur deine Beschreibungen hören.«

Einige lange Sekunden lang kam von Tim keine Bewegung, dann jedoch spürte ich Die Matratze unter mir sich erheben, Tim war aufgestanden.

»Tut mir leid, Tim, was... Wohin willst du?«, fragte ich leise, ängstlich, ihn durch meine Worte vertrieben zu haben. Doch sofort spürte Ich die Hand meines Freundes in der meinen, ließ mich von ihm sanft auf die Beine ziehen und stand nun etwas unsicher neben meinem Bett, Tim direkt vor mir, seine Hände in meinen. Ich spürte, wie er meine Arme langsam hochzog, meine Handflächen auf seinen Schultern ablegte. Er war ein Stück größer als ich, das hatte ich gewusst, aber mir war nie so bewusst gewesen, wie viel größer.

»Was...«, wollte ich gerade zur nächsten Frage ansetzen, da ich immer noch auf eine Erklärung seinerseits wartete, doch er unterbrach mich:

»Hör mir zu, mein kleiner Stegosaurus. Du kannst mich zwar nicht mit den Augen sehen, wirst es auch niemals können.«

Seine Worte trafen mich tief im inneren, spiegelten die Gefühle wieder, die ich ihm eben offenbart hatte und verletzten mich auf eine seltsame Art und Weise; ich schluchzte auf.

»Stegi, hör mir zu. Du brauchst mich gar nicht zu sehen, du musst mich nicht auf die selbe Art sehen wie du es von früher vielleicht gewohnt bist. Du kannst mich jetzt anders sehen, deine Hände und Ohren sind deine neuen Augen. Nun komm, du wolltest mich doch sehen. Also sieh mich an, sieh mich mit den Sinnen an, die dir bleiben.«

Bei seinen Worten lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, doch meine Hände auf seiner Haut waren angenehm warm und prickelten. Als ich meine Finger schließlich langsam, Millimeter um Millimeter über seine Schultern bewegte, wie er es mir gehießen hatte, spürte ich meinen eigenen Herzschlag stark wie nie zuvor. Mit jeder Minute, die verstrich wurde ich mutiger, ich spürte Tims Bestätigung in jeder meiner Bewegungen. Langsam wanderten meine Finger von seinen Schlüsselbeinen zu seinem Hals, erfühlten jedes Detail und bewunderten seine warme, weiche Haut. Vorsichtig ertastete ich sein Gesicht, strich seine Konturen nach. Stets hörte ich dabei auf eine Reaktion Tims, bereit, jederzeit meine Hände zurückzuziehen, falls ich eine Grenze überschritt. Doch es geschah nichts der Gleichen, Tim ließ mich sogar durch seine, bestimmt wie immer perfekt gestylten, weichen Haare fahren und einzelne Stränen hervorziehen. Ich wusste, wie viel Wert mein Freund auf seine Frisur legte und fand auch etwas Spaß daran, sein Vertrauen und seinen Gutmut so auszutesten. Während ich mich wieder seinen Schultern zuwandte und langsam seine muskulösen Arme nach unten wanderte wurde mir wieder einmal bewusst, dass ich mit Tim wohl den liebsten Menschen der Welt hier hatte. An seinem rechten Unterarm erfühlte ich drei Armbänder aus Leder und Stoff, alle geflochten oder gedreht. Mit meinen Fingern versuchte ich seine Handgelenke zum umfassen, jedoch waren meine Hände ein ganzes Stück zu klein hierfür. Testweise legte ich unsere rechten Hände aufeinander und hob meine linke Hand, um den Größenunterschied, fast einen Finger breit, zu ertasten. Bevor ich meine Arme wieder sinken lassen konnte, drehte Tim seine Hand leicht zur Seite und verscgränkte seine Finger mit meinen. Ein angenehmer Schauer durchlief meinen Körper, als er meine Hand ermutigend drückte. Gleich lockerte er seinen festen Griff jedoch wieder, damit ich meine Erkundungstour auf seinem Körper fortsetzen konnte. Ich setzte erneut bei seinen Schlüsselbeinen an, suchte mir jetzt allerdings meinen Weg nach unten und nicht wie zuvor in Richtung seines Halses. Über das leichte Tshirt, das er trug, hinweg strich ich über seine Brust und wanderte erst über seine Seiten bis zu seinen Hüften hinunter. Jetzt wurde mir erst in vollem Maße bewusst, wie breit er im Gegensatz zu mir wirken musste, seine spirtliche Statur war um einiges eindrucksvoller als meine magere. Dieser Annahme wurde ich noch bestätigt, als ich mich erneut über seine Brust und seinen Bauch nach unten vortastete. Sein Bauch wirkte weich und trotzdem hart, passend zu den Oberarmmuskeln schien er ein Sixpack zu haben. Ich versuchte mir nihts von dieser Erkenntnis anmerken zu lassen, doch als ich mit den Händen an seinem Hosenbund ankam und seinen Gürtel streifte, schoss mir trotzdem die Röte ins Gesicht. Leise konnte ich Tim über meine Verlegenheit lachen hören. Als er sich wicher zu sein schien, dass ich mit dem »Anschauen« fertig war, hob er mich kurzerhand und ohne Vorwarnung an der Hüfte hoch und trug mich zum Bett, auf das wir uns zusammen fallen ließen. Ich quietschte erschrocken auf, konnte dann aber ein Kichern nicht unterdrücken. Tim hielt mitten in der Beeegung inne, immernoch halb auf mir liegend:

»Das ist das erste Mal, dass ich dich lachen höre, seitdem du aus dem Koma aufgewacht bist«, flüsterte er mir halblaut zu und verlieh dem Moment damit eine gewisse Bedeutung.

»Du solltest wirklich öfter lachen, Kleiner. Das steht dir wirklich.«

Ich aber lächelte nur schwach:

»Mein Leben ist momentan nicht zum Lachen, tut mir leid, Tim.«

Da er immernoch so nah an und auf mir lag, spürte ich sein langsames Nicken. In diesem Moment wurde mir bewusst, wie nah wir uns gerade waren und ich begann, das Gefühl von Tims schweren Körper auf dem meinen zu genießen, doch dann merkte ich, wie seine Hüfte sich hob und er mit einer Hand scheinbar mühelos meinen Körper unter sich zur Seite sog.

»Wir wollen ja nicht, dass der kleine Stegi zerquetscht wird«, murmelte er mir dabei leise ins Ohr. Eine Gänsehaut zog sich beim klang seiner Stimme über meine Schläfen bis zum hinteren Haaransatz.

»Tim?«, begann ich erneut, einen meiner Gedanken die mir in letzter Zeit so oft durch den Kopf gingen, auszusprechen, um mich selbst vob diesem Gefühl abzulenken, »Wie sehe ich aus?«

Ich wollte nicht nur wissen, ob ich mich verändert hatte in den letzten Wochen oder wie meine Augen jetzt aussahen, sondern auch, wie er mich sah, was er dabei fühlte. Ich weiß, er ist mein bester Freund, eigentlich sollte es mir nicht so wichtig sein, ob er mich attraktiv fand oder nicht, aber diese Frage ging mir komischerweise nicht mehr aus dem Kopf. Tim sefzte kurz, bevor er anfing zu sprechen. Er schien zu ahnen, wie wichtig mir all das war, zumindest stellte er keine überflüssigen Fragen:

»Du bist unglaublich dürr. Du wirst so zerbrechlich wie eine Glaspuppe, ich habe jedes Mal Angst, dass du kaputt gehst, zerbrichst, wenn ich dich auch nur anschaue. Ansonsten bist du sehr klein, was aber gut zu deiner mageren Statur passt. Deine Haare sind gerade relativ lang und zerzaust, blond. Ein sehr schönes blond sogar, finde ich. Dein Gesicht ist genauso mager und knochig wie der rest von dir, allerdings wirt das ziemlich attraktiv. Allerdings will ich dir nichts vormachen, man merkt dir auch äußerlich die schwere Zeit grad an, du hast tiefe Schatten unter den Augen und deine blasse Haut verstärkt diesen Eindruck noch mehr.«

»Was ist mit... meinen Augen?« Ich hatte vor den letzten Wörtern kurz gezögert, bevor sie mir über die Lippen gekommen waren.

»Deine Augen haben immernoch einen wunderschönen Farbton, Stegi. Sie sehen bis auf die weiße Pupille relativ normal aus, allerdings ist links etwas mehr weiß als rechts. Ab und zu hat man den Eindruck, du würdest an uns vorbei oder durch uns durchschauen, aber nicht immer. Gerade zum Beispiel schaust du mich direkt an.«

Ich nickte leicht, was ich zu hören bekam schmerzte zwar, tat mir jdeoch auch gut. Nachdenklich lehnte ich mich an meinen Freund und kuschelte mein Gesicht an seine Brust. Wieder begann er, mir mit einer Hand uber den Kopf zu streicheln un ich genoss die beruhigende Wirkung, die er auf mich hatte.

»Danke, Timmi«, murmelte ich leise in sein Tshirt hinein, doch ich wusste, dass er es verstanden hatte.

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Hayho!

Sooooo, endlich gibt es auch mal ein wenig mehr #Stexpert...

Mich würde es ein Mal interessieren, wie IHR denkt, dass die Geschichte weitergehen wird, ich selbst schreibe gerade an Kapitel 12, weil mir die Geschichte momentan einfach unglaublich Spaß macht, vor Allem wegen des vielen Feedbacks.

Welche Shippings mögt ihr noch so außer #Stexpert? Und wen schaut ihr gerne?

Würde mich auch mal sehr interessieren, fände ich cool, wenn ihrs mir mal als Kommentar schreiben könntet.

Man liest sich in den Kommentaren oder morgen Abend!

Liebe Grüße, minnicat3

Blindes Vertrauen ~ #StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt