26. Müdigkeit

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Ich hatte erschöpft die Augen geschlossen, meine Lider waren immer schwerer geworden und ich hatte sie irgendwann nicht mehr offenhalten wollen. Durch die ständige Dunkelheit um mich herum wurde ich viel schneller müde als früher, doch auch so überkam mich nach dem Schwimmen immer eine schläfrig machende Erschöpfung, so auch dieses Mal. Wir waren fast vier Stunden im Schwimmbad gewesen und davor einige Zeit in der Stadt, so war es bereits nach sieben gewesen, als wir wieder nach Hause gekommen waren. Mir hatte nach kurzer Gewöhnung das Schwimmen immer mehr Spaß gemacht, doch Tim hatte darauf bestanden, dass ich mich nicht überanstrengen dürfte, da ich in letzter Zeit kaum mehr Bewegung gewöhnt war und mich nach einer halben Stunde wieder aus dem Wasser gezwungen. Erst hatte ich geschmollt, was jedoch nur dazu geführt hatte, dass Tim nicht mehr aus dem Lachen herauskam. Irgendwann hatten wir unsere mitgebrachten Brote gegessen, waren wieder schwimmen gegangen, einfach nur rumgelegen, ein Eis holen gegangen, nur um dann wieder schwimmen zu gehen. Viel zu schnell war die Zeit vorbeigegangen und wir hatten wieder aus dem Schwimmbad gemusst und uns mit der U-Bahn auf den Weg nach Hause gemacht. Jetzt saßen wir nebeneinander auf dem Sofa, der Fernseher lief unbeachtet im Hintergrund und im Schlafzimmer meiner Eltern lief ein Radio. Tim und ich schwiegen einfach nur erschöpft, jedoch war die Stille nicht unangenehm, sondern erholsam. Irgendwann konnte ich ein Gähnen nicht mehr unterdrücken und Tim zog mich lachend an sich, sodass ich nun mehr lag als saß.

»Na, ist da jemand müde?«, fragte er leise lachend und ich nickte.

»Willst du ins Bett gehen«, erkundigte er sich, doch ich lehnte sofort vehement ab.

Nein, ich wollte nicht ins Bett, nicht auf meine Matratze in mein Zimmer, wo ich sofort einschlafen würde. Wollte nicht schlafen. Eigentlich wollte ich am liebsten die ganze Nacht aufbleiben, was sich allerdings angesichts meiner jetzt schon enormen Müdigkeit als schwierig erweisen würde. Aber ich wollte so viel des Abends wie möglich mit Tim noch genießen, den tollen Tag in ruhe ausklingen lassen und einfach die erschöpfte Stimmung genießen. Würde ich mich jetzt hinlegen, würde ich wohl sofort schlafen und wenn ich wieder aufwachen würde, wäre es Morgen und Tim würde wieder gehen. Ich wollte aber nicht, dass er ging, das Wochenende war viel zu schnell vergangen und es war toll gewesen. Sobald Tim wieder wag war, würde alles wieder traurig werden, ich würde mich wieder in mein Schneckenhaus verkriechen und vor den normalsten Kleinigkeiten Angst bekommen. Ich wusste nicht, warum, aber allein Tims Anwesenheit gab mir das Gefühl, dass ich alles schaffen konnte und wenn nicht alleine, dann mit seiner Hilfe. Wenn er bei mir war, hörte ich auf, so unglaublich viel an meine Augen zu denken und all das, was ich nie wieder würde sehen oder tun können. Mir wurde dann bewusst, dass mein Leben deswegen trotzdem weiter ging und ich trotzdem glücklich sein konnte, ja, ich war dann einfach glücklich. Es klang komisch, aber allein die Anwesenheit meines besten Freundes machte mich glücklich, wenn er mich lachend an sich zog wurde mir warm ums Herz, alles in mir begann zu kribbeln und ich fühlte mich unglaublich geborgen in seinen Armen. Wenn er aber wieder weg war, würde nichts als Leere bleiben, Kälte und Einsamkeit. Ich konnte mir noch so oft vor Augen führen, dass ich nicht alleine war, dass ich meine Eltern hatte, die sich um mich kümmerten und meine Schwester, doch es fühlte sich einfach nicht so an. Es fühlte sich einsam an. Mir war klar geworden, dass Tim der beste und eigentlich einzige Freund war, den ich noch hatte, wenn man mal die anderen Youtuber nicht zählte, die ich nur übers TS kannte... Obwohl, eigentlich zählte ich die anderen Youtuber zu meinen Freunden, mehr als ich es je bei meinen Schulfreunden getan hatte. Keiner meiner Klassenkameraden waren wirklich Freunde gewesen, doch das fiel mir jetzt erst auf. Sie waren Kollegen gewesen, Kumpels vielleicht, ja. Aber keine Freunde. Sie hatten mir alle Nachrichten geschrieben, als sie von dem Brand und meinen Verletzungen erfahren hatten, ja, aber keiner von ihnen war mich je besuchen gekommen. Wohingegen Tim sofort zu mir gefahren und seitdem kaum mehr einen Schritt von meiner Seite gewichen war. Tim war einfach toll, er war der beste Freund, den ich mir je vorstellen könnte und durch ihn hatte ich auch nicht das Gefühl, dass keiner mit mir mehr Kontakt haben wollte. Er war der Grund, warum es mir nichts ausmachte, dass meine ehemaligen »Freunde« mich vergessen hatten. Er war der Grund, warum ich wieder Lachen konnte, warum ich das Gefühl hatte, mein Leben wäre halbwegs normal, wenn er an meiner Seite war. Doch morgen Mittag würde er wieder weg sein, ich würde wieder alleine sein und mehr oder weniger Erfolglos gegen das Gefühl der Nutzlosigkeit und Wertlosigkeit ankämpfen.

»Was ist los, Dino? Warum weinst du?«, hörte ich Tim besorgt fragen und spürte seine Hand, die mir sanft eine Träne von der Wange wischte. Tatsächlich, ich weinte. Jeden Abend wurde ich melancholisch und fast depressiv, schon früher, doch noch mehr, seitdem ich blind war. All meine Probleme und Ängste kamen mir Abends um ein Vielfaches schlimmer vor und das war auch der Grund, warum ich die Tränen nichtmehr hatte zurückhalten können.

»Stegi?«, fragte Tim sanft, als ich nicht antwortete.

»Ich... Ich will nicht, dass du morgen wieder fährst. Ich will nicht, dass du mich alleine lässt.«, gab ich leise zu.

»Ach Stegi«, seufzte Tim traurig und zog mich näher an sich. Ich ließ mich in seine Umarmung fallen, bis meine Tränen versiegten.

»Der Tag heute war toll. Danke«, murmelte ich und ließ mich sanft von Tim ein Stück von sich wegdrücken, damit er mich ansehen konnte.

»Es tut mir so leid, Kleiner, aber ich muss fahren. Ich werde dich jeden Abend anrufen und komme so schnell wie möglich wieder, versprochen!«, versuchte er, mich zu trösten. Ich nickte zwar immer noch traurig aber die Wärme, die sein Körper ausstrahlte, hatte meinen Kummer größtenteils durch ein Gefühl der Geborgenheit ersetzt. Nur zu gern hätte ich TIm jetzt angesehen und sein Gesicht betrachtet, aber das ging nicht. Würde nie gehen. Stattdessen tat ich das, was ich schon einmal getan hatte, ich hob vorsichtig meine Hand und legte sie sanft an Tims Kopf, fuhr mit meinen Fingern jeden seiner Gesichtszüge nach, spürte, dass er lächelte. Er war mir so nah, dass ich seinen warmen Atem auf meinen immer noch geschlossenen Augenlidern spüren konnte. Im nächsten Moment streckte ich mich nach oben, bewegte mich langsam auf sein Gesicht zu und obwohl er sehen musste, was ich tat, wich er nicht zurück. Im nächsten Moment lagen meine Lippen auf seinen. Zögerlich küstte ich meinen besten Freund, während tausend Gedanken in meinem Kopf einfach einmal stehen blieben, nichts dachten und ich nur seine Lippen wahrnahm. Seine Lippen, die sich sanft mit meinen bewegten und den Kuss erwiderten. Seine Lippen, die sich viel zu schnell wieder von meinen lösten. Verlegen senkte ich den Kopf, wollte nicht, dass er meine geröteten Wangen sehen konnte, mir ins Gesicht sehen konnte. Ich wusste nicht, was geschehen war, warum ich das getan hatte. Wusste nicht einmal, ob Tim es gewollt hatte. Verschämt ließ ich meine Hand sinken, die immer noch an seinem Kopf lag und wurde im nächsten Moment von Tim, meinem besten Freund, den Jungen, den ich gerade geküsst hatte, der mich gerade geküsst hatte, in die Arme gezogen. Erleichtert und verwirrt vergrub ich mein Gesicht in seiner Schulter. All diese Gedanken schwirrten in meinem Kopf umher und ließen mir keine Ruhe und über all diese Gedanken hinweg musste ich glücklich lächeln.

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Ach, sind sie nicht süß, die beiden?

Da kommt eure versprochene Tagesration #Stexpert, ich hoffe, ihr seid glücklich. 

Was glaubt ihr, wie geht es jetzt weiter?

Fährt Tim morgen tatsächlich oder bleibt er doch noch?

Sind die beiden jetzt zusammen oder nicht? Tim hat den Kuss immerhin erwidert.

Ein großes Danke dieses Mal an alle Wattpad-Leser, auch wenn ich am Anfang mit Wattpad nicht so glücklich war wie mit Fanfiktion.de, muss ich sagen, dass sich das inzwischen doch etwas geändert hat. Wenn früher auf FF.de viel mehr Reviews kamen und auf Wattpad kaum welche, ist es nun genau umgekehrt. Deswegen einmal ein fettes Danke an euch alle, die kommentiert, ob auf Wattpad.de oder auf FF.de. Durch euch macht das Schreiben so viel Spaß!

Dann möchte ich alle Stegi-Liebhaber hier auf eine Kleinigkeit hinweisen. Die meisten von euch werden Tubeclash kennen und die herzallerliebste McExpertDe-Puppe, die Stegi schon im Vorspann beweint... Ich habe mich jetzt an die Arbeit gemacht, eine entsprechende Stegi-Puppe zu zeichnen, vielleicht wollt ihr sie euch ja einmal anschauen und eure Meinung dalassen. Außerdem werde ich in der nächsten Zeit diese Puppe tatsächlich auch noch zu nähen versuchen, ich hoffe, das wird etwas werden. (https://www.wattpad.com/242030549-zentangle-und-andere-zeichnungen-stegi-puppe)

Ansonsten liest man sich in den Kommentaren oder morgen im nächsten Kapitel!

Liebe Grüße, minnicat3

Blindes Vertrauen ~ #StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt