32. Aufwachen

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»Stegi«, hörte ich meinen Namen im Halbschlaf. Unwillig brummend drehte ich mich um und landete prompt auf etwas warmen. 

 »Aufwachen, Kleiner«, gab die Stimme direkt neben meinem Ohr immer noch keine Ruhe und ich tastete verschlafen nach irgendetwas, was ich mir über den Kopf ziehen konnte, um mich vom Rest der Welt abzusondern. Ich fand das Kissen, bekam es jedoch nicht zu mir gezogen, da irgendetwas es festhielt, griff schließlich nach der Decke und vergrub meinen Kopf darin. Das sollte sich allerdings binnen Sekunden als Fehler herausstellen, da in dem Moment, als mir die Decke wieder entwendet wurde, auch mein restlicher Körper freigelegt wurde und ich augenblicklich in meiner Boxer zu frösteln begann. Um den Schutz der Decke auszugleichen, drückte ich mich fester an den warmen Körper unter mir und spürte nach wenigen Augenblicken, wie zwei Arme sich um meinen nackten Oberkörper legten. Tims Haut unter mir, die ebenfalls nur von einer Boxershort bedeckt wurde, strahlte eine unfassbare Wärme aus und ich konnte und wollte nicht anders, als mich näher an ihn zu kuscheln. 

»So gerne ich auch noch liegen bleiben würde, Stegi, wir müssen aufstehen. Wir haben heute noch viel vor und du willst doch auch, dass wir deine Möbel heute noch aufbauen können.« 

»Nicht, wenn man dafür aufstehen muss«, lenkte ich murrend ein. Meine Stimme war trocken und rau und ich räusperte mich erst einmal. Sofort spürte ich, wie Tim mich näher an ihn zog. Gerade fing ich an, es zu genießen, noch mehr zu genießen als eh schon, und mich auf eine weitere Runde Schlaf oder zumindest Dösen einzustellen, als Tim mich ohne Vorwarnung von sich runter schupste. 

 »Tiiim«, jammerte ich, doch wieder einmal lachte er nur. Ich zog schmollend eine grimmige Grimasse, die ich aber nicht länger aufrecht erhalten konnte, als Tim mir einen Kuss auf die Stirn drückte. 

»Sorry, Kleiner. Entweder du stehst jetzt auf, oder ich schupse dich aus dem Bett«, drohte er. Murrend entschied ich mich schließlich für ersteres und erhob mich widerwillig. 

»Na geht doch.«, lachte Tim. »Du bist doch selber noch im Bett, Klugscheißer.«, giftete ich ihn an.

»Naanaa, ich brauche auch nur halb so lang, um mich fertig zu machen, wie eure Eitelkeit«, wies er mich gespielt verärgert zurecht. »Tja, dafür bin ich als erstes im Bad«, streckte ich ihm die Zunge raus und tastete mich so schnell wie möglich in Richtung Zimmertür vor. Jedoch kam ich gerade Mal bis auf den Flur, da ich im selben Moment hörte, wie Tim aus dem Bett stolperte und auf mich zu eilte. 

»Achja?«, fragte seine dunkle Stimme an meinem Ohr, während seine Hände sich um meine Taille legten und ich mit einem überraschten Aufschrei zurückgezogen wurde. Ehe ich mich versehen konnte, lag ich hilflos auf dem Rücken, den Oberkörper von Tim zu Boden gedrückt und die Hände fest in seinen gefangen. 

»Sicher?«, fragte er erneut mit einem Grinsen auf den Lippen nach. Ich zog einen Schmollmund. 

»Unfair«, murrte ich, was ihn wieder nur auflachen ließ. »Was war daran bitte unfair?«, hakte er nach, während er meine Arme losließ und mich sanft wieder auf die Beine zog. »Und weißt du, was du jetzt davon hast?«, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Tim brummte nur fragend. »Nichts«, klärte ich ihn auf und verschwand in diesem Moment durch die Badezimmertür hinter uns. Als ich den Schlüssel im Schloss umdrehte, konnte ich Tim auf der anderen Seite des Flurs lachen hören. 

»Irgendwann kriegst du das zurück«, drohte er, was ich wiederum nur mit einem Auflachen quitierte. 

»Meinetwegen. Für heute hast du gewonnen«, gab er zu, »beeil dich. Ich mach schonmal eine Kleinigkeit zum Frühstück« Mit diesen Worten konnte ich ihn müde in die Küche tapsen hören. Ich konnte nicht anders, als glücklich zu lächeln. Wir hatten gestern Abend noch einige Zeit auf dem Sofa gesessen und geredet, Tim hatte Musik angemacht gehabt und irgendwann hatten wir beschlossen, Pizza zu bestellen. Als wir dann irgendwann festgestellt hatten, dass es schon nach Mitternacht war, hatte ich mich auf dem Sofa zum Schlafen legen wollen, bis wir heute ein Bett für mich kaufen würden. Tim hatte jedoch vehement abgelehnt und immer wieder gesagt, dass das überhaupt nicht in frage käme, hatte darauf bestanden, dass ich mit bei ihm im Bett schlafen solle. An und für sich war das keine Besonderheit, wie oft hatte er schon bei mir auf meiner kleinen Matratze geschlafen und seine Nähe machte mir nicht im Geringsten etwas aus, im Gegenteil. Aber irgendwie hatte es sich anders angefühlt als sonst, es war merkwürdig gewesen und ich war ziemlich angespannt gewesen. Erst als Tim mich seufzend in seine Arme gezogen hatte, hatte ich mich wieder entspannen und schließlich ruhig einschlafen können. Ich wusste nicht, woran es lag, dass es sich so anders anfühlte, mit ihm in einem Bett zu schlafen, jedoch vermutete ich, dass es etwas mit dem Gespräch zu tun hatte, das ich mit meiner Schwester geführt hatte. Mit dem, was ich mir selbst eingestanden hatte. Ich empfand mehr als nur Freundschaft für diesen Jungen und wenn man meiner Schwester glauben schenken durfte, war ich nicht der Einzige, der so empfand. Es war ungewohnt, so darüber zu denken und irgendetwas in mir drin wollte es immer noch nicht wahrhaben, dass ich mich tatsächlich in einen Jungen verliebt hatte. Jedoch konnte ich es nicht länger leugnen. Ich hatte früher nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, ob ich schwul war, hatte noch nie so für einen Jungen empfunden und war auch schon mit Mädchen zusammen gewesen. Um genau zu sein hatte ich in den letzten zweieinhalb Jahren zwei feste Freundinnen gehabt, beide Male war ich unglaublich verliebt gewesen, hatte ich zumindest gedacht. Doch im Nachhinein war wohl beides nur kindliche Schwärmerei gewesen. Das, was ich jetzt fühlte, war anders, nicht nur intensiver, sondern... echter. Das was ich jetzt empfand, für Tim empfand, war real, das redete ich mir nicht ein, da war ich mir ganz sicher. Natürlich könnte es sein, dass auch das nur eine Laune war, eine Schwärmerei und ich in ein paar Jahren nur lachend auf mein jetziges Ich zurückblicken würde, aber ich glaubte nicht daran. Ich dachte oft darüber nach, was ich in zehn oder zwanzig Jahren wohl über mein jetziges Ich denken würde, sagen würde und mehr als je zuvor wurde mir gerade bewusst, dass ich die Sache mit Tim in die Hand nehmen musste. Selbst wenn es nichts werden würde mit uns, würde ich irgendwann nur noch schwach darüber grinsen. Würde ich nichts machen, würde ich mir wohl ewig Vorwürfe machen, ich könnte mir nie sicher sein, was gewesen wäre, wenn. Ich war siebzehn, ich hatte nahezu mein gesamtes Leben noch vor mir, ich musste es einfach wagen. Ja, ich fasste einen Entschluss. Heute Abend, wenn wir vom Möbel kaufen zurückkämen, würde ich Tim darauf ansprechen, würde ihm sagen, was ich für ihn empfand. Und dann würde hoffentlich alles gut werden. Bestimmt würde alles gut werden. 

Bestimmt.


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Hayho meine Lieben! 

So, da ist es, das neue Kapitel. 

Was ich gestern noch ansprechen wollte, aber vergessen hatte:

Ich biete mich momentan als Beta-Leser an. Wer Interesse hat, einfach melden, ich beiße nicht. Meistens.

Dann habe ich direkt noch eine Frage, die mich interessieren würde:

Hört ihr Musik beim Schreiben und wenn ja, welche?

Ich höre meistens meine Youtube-Playlist auf Zufallswiedergabe rauf und runter, ist ein etwas... eigener Musikmix. Habe sie euch Mal verlinkt:

https://www.youtube.com/playlist?list=PLkdwAdykN5EN6fA9NaZgt7rJDz_wDQ9Xq


Ansonsten hoffe ich, es hat euch gefallen.

Meinung, Kritik, Mord, Totschlag und Kekse gerne in die Kommentare!


Liebe Grüße, minnicat3

Blindes Vertrauen ~ #StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt