51. Erleichterung

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Da Tims Eltern immer noch im Raum waren und uns höchstwahrscheinlich beobachteten, löste ich den Kuss relativ schnell wieder und drückte Tim sanft weg, als er einen zweiten Versuch starten wollte. So leise, dass es sonst niemand hören konnte, raunte ich ihm ein Versprechen ins Ohr:

»Später«. Stattdessen lehnte ich mich leicht gegen meinen Freund und legte meinen Kopf an seinen. Seine Hand an meiner Seite gab mir ein unglaubliches Gefühl von Geborgenheit, auch wenn nicht einmal sein Daumen, der mir gleichmäßig über den Oberarm strich, mich gänzlich beruhigen konnte. Ein Rest Aufregung blieb noch. Würden seine Eltern etwas gegen uns haben? Gegen mich haben? In der nächsten Sekunde sollte ich meine Antwort erhalten. Sein Vater erhob seine tiefe Stimme.

»Das freut uns für dich, wenn du jemanden gefunden hast, mit dem du glücklich sein kannst. Wir wünschen euch beiden natürlich nur das beste.«

»Wirklich?«, fragte Tim fast schon ungläubig. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass auch ihn die Situation wohl nicht ganz kalt gelassen hatte, auch wenn er versucht hatte, stark zu sein und mich in meiner eigenen Angst aufzufangen. In diesem Moment liebte ich, wenn das überhaupt möglich war, diesen Jungen noch ein Stück mehr.

»Natürlich«, bestätigte jetzt auch seine Mutter, »Du wirst verstehen, dass wir damit nicht gerechnet haben, wir hatten immer gedacht, du bringst uns eines Tages eine Schwiegertochter mit nach Hause, irgendwann vielleicht Enkelkinder. Aber solange du glücklich bist.«

»Danke«, lächelte Tim leise und auch mir fiel ein unglaublicher Stein vom Herzen. Überglücklich kuschelte ich mein Gesicht in Tims Halsbeuge, die Augenlider automatisch geschlossen.

»Außerdem ist ja noch nicht gesagt, dass ihr nicht irgendwann eine Schwiegertochter und Enkelkinder haben werdet.«

Moment. Was? Erschrocken richtete ich mich auf und wandte mich wortlos an Tim. Dieser begann nur zu lachen und für eine halbe Sekunde spürte ich eine Bewegung seines Körpers, dann seine Lippen auf meinen. Seine Hand wuschelte mir durch die Haare. Sofort richtete ich sie reflexartig wieder.

»Keine Sorge, Kleiner, ich meinte nicht das, was du denkst«, zog er mich an sich. Ich zog nur fragend eine Augenbraue hoch.

»Naja, immerhin gibt es ja noch Max. Auch er wird irgendwann mal erwachsen werden, vielleicht ein Mädchen finden und vielleicht eines Tages Enkelkinder mit nach Hause bringen.«

Ich musste unwillkürlich lächeln.

»Ey und außerdem hat ja niemand etwas von keinen Enkelkindern gesagt. Müssen ja keine leiblichen sein.«

Jetzt war es Mal wieder an Tim, zu lachen.

»Schauen wir Mal, Kleiner. Irgendwann vielleicht, ja.«

Ich nickte eifrig. Irgendwie hatte ich mir meine Zukunft immer mit einer Familie vorgestellt. Einer Frau und Kindern. Und nur weil meine Pläne bezüglich der Frau an meiner Seite sich nun geändert hatten, musste das ja nicht auf den Rest meiner Träume zutreffen. Ich wandte mich an Tims Eltern:

»Danke. Danke, dass sie uns verstehen was unsere Beziehung angeht.«

»Selbstverständlich. Tim ist und bleibt unser Sohn, auf den wir stolz sind. Daran kann auch nichts etwas ändern. Und schon gar nicht so etwas. Also, Stegi. Dann kann ich nur sagen, herzlich willkommen in der Familie. Nenn mich doch Christine und sag bitte ›du‹.«

Ich lächelte.

»André«, schloss sich Tims Vater an, »Und Max, unseren Jüngsten kennst du ja schon.«

Glücklich nickte ich.

»Ja, von Max hat Tim schon ein bisschen erzählt gehabt. Und ich habe ihn schon ein, zwei Mal in Skype gesprochen vor heute.«, bestätigte ich.

»Schön. Ich hoffe, ihr beide bleibt so glücklich.«

Ich konnte an Tims ungedämpfter Stimme hören, dass er mich ansah, während er antwortete:

»Ja. Das glaube ich ganz sicher.«

»Wie lange geht das denn schon, bis ihr uns Mal eingeweiht habt?«, fragte Tims Vater mit sanfter, wenn auch immer noch kratziger Stimme.

»Knappe drei Wochen erst«, antwortete ich leise.

»Zumindest offiziell. Davor war sich mein kleiner Held hier bloß nicht bewusst, wie sehr er mich doch mag.«

»Stimmt. Aber jetzt weiß ichs«

Ich drehte mich zu Tim und legte sanfte eine Hand in seinen Nacken, bevor ich mich hochzog und kurz unsere Lippen vereinte. Als wir uns kurz darauf wieder voneinander lösten, klatschte einer von Tims Eltern, ich tendierte der Richtung wegen zu seiner Mutter, zwei Mal in die Hände.

»Dann lasst uns Mal langsam zu Abend essen. Dafür seid ihr ja schließlich da.«

»Warte, ich helfe dir beim Tischdecken«, bot Tim an, was mich kurz stutzig machte. Machte er hier jetzt bloß einen auf braven Supersohn oder war er tatsächlich so hilfsbereit seinen Eltern gegenüber? Vielleicht wollte er auch bloß schleimen, damit seine Familie uns ganz sicher akzeptierte. Ich jedenfalls war weder vor meiner Blindheit noch danach jemals in einem Zustand gewesen, in dem ich von mir aus angeboten hatte, bei so etwas zu helfen. Ich wollte nicht nachstehen und bot ebenfalls meine Hilfe an, doch Tims Mutter lehnte freundlich aber bestimmt ab. Eigentlich war es mir ganz recht, ich hatte doch etwas Angst gehabt, etwas des Geschirrs kaputt zu machen, wenn ich damit in einer fremden Umgebung herumlief. Einige Minuten später, als wir uns gerade am Tisch niedergelassen hatten, Tim zu meiner linken, verstand ich, warum er es getan hatte. Sofort wurde mir warm ums Herz. Ich hörte, wie er sich zu mir beugte, spürte die Wärme, die von ihm ausging.

»Das Zeug liegt alles wie immer«, raunte er mir leise zu. Ich verstand und suchte seine Hand, die ich kurz drückte.

»Danke«

Zuhause hatten wir uns eine feste Ordnung von Besteck, Geschirr und allem anderen angewöhnt, da es mir so viel leichter fiel, die ganzen Sachen blind zu finden und zu benutzen. Alles war besser, wenn man wusste, wo es liegt.

»Darf ich dir drauftun?«, fragte Tim weiter und ich nickte, bevor ich hörte, dass er vor mich griff und meinen Teller nahm. Er sagte mir die einzelnen Gerichte an und tat mir Portionen davon auf den Teller, wenn ich zustimmte. Ich achtete darauf, nur Sachen anzunehmen, die ich halbwegs gesittet essen konnte, die Suppe lehnte ich höflich ab. Mit flüssiger Nahrung hatte ich tatsächlich immer noch Probleme. Suppen und Soßen würden wohl nie meine Freunde werden. Als Tim meinen Teller wieder vor mir abstellte und mir sogar noch leise ansagte, wo welches Gericht lag, hätte ich ihn knuddeln können. Stattdessen drückte ich ihm bloß einen leichten Kuss auf seine geschlossenen Lippen. Schon so konnte ich einen leichten Geschmack nach Salatdressing ausmachen, der an seinen Lippen hing. Ich hätte Wetten können, dass er in der Küche schon probiert hatte.

»Danke«, murmelte ich leise. Sanft legte er eine Hand auf mein Knie und strich einmal auf und ab, bevor er sich selbst Essen auflud. Eine angenehm kribbelnde Gänsehaut überzog meine Beine bei seiner Berührung, auch wenn sie durch den Stoff meiner Hose stark geschwächt wurde. Es war etwas ganz anderes, als wenn wir abends im Bett lagen, kuschelten und einfach nur redeten. Hier war in der Öffentlichkeit, zumindest vor anderen Personen, noch dazu einer Familie und das machte das Gefühl um so viel stärker.

»Tim?«, unterbrach im nächsten Moment Max' Stimme meine Gedankengänge. Tim brummte fragend als Zeichen, dass er hören würde.

»Warum küsst Stegi dich?«

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Hayho, Leute!

Tut mir leid, mein Gehirn schreit einfach: »Mach einen Cut!!!«

Jaaaaa, langsam neigt sich die Story ganz sicher einem Ende zu... Ziemlich sicher nich diese Woche. Ich fange deswegen jetzt Mal an, die neue FF ein wenig zu schreiben, um reinzukommen. Welche entscheide ich mich gleich.

Und allerliebste Grüße an die liebe Schneestern37, dir sagt der Name des Vaters sicher etwas ;)

Einen schönen Abend euch allen noch!

Liebe Grüße, minnicat3


PS.: Platz 85 in Fanfiktion!... Crazy!

Blindes Vertrauen ~ #StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt