Tims Hände legten sich sanft an meine Seiten und vorsichtig zog er mich an sich heran, bis wir nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt standen.
»Ich liebe dich so sehr«, hauchte mein Freud mit verführerischer Stimme in mein Ohr und im nächsten Moment spürte ich seine Lippen auf meinen, die sich dann langsam über meinen Hals tasteten. Verlangend streckte ich mich ihm entgegen, wollte ihn so nahe wie möglich bei mir haben, seine Anwesenheit spüren, seine Lippen auf meiner Haut spüren. Als er sich an der weichen Haut meines Halses festsaugte stöhnte ich leise auf. Ich wusste, was er vorhatte, aber ich hatte nichts dagegen. Irgendwann löste sich der Druck seiner Lippen wieder und ich spürte, wie er drei Mal kurz hintereinander auf die empfindliche Haut küsste. So wie es sich anfühlte hatte er einen erstklassigen Knutschfleck hinterlassen. Ich grinste.
»Ich dich auch, Timmi ich dich auch. Ich liebe dich mehr als alles andere.«
Im nächsten Atemzug versenkte ich mein Gesicht an seiner Schulter. Ich konnte spüren, wie er seine Hände von meiner Taille nahm und stattdessen auf meine Schultern legte. Ich genoss jede Sekunde, in der wir einfach nur so dastanden, bis Tim irgendwann wieder das Wort ergriff:
»Wollen wir Mal weitergehen?«, fragte er leise und ich nickte. Tatsächlich waren wir bei seiner Hausführung nicht weiter als die Treppe hoch gekommen, bevor Tim mich ohne Vorwarnung an sich gezogen hatte.
»Du kriegst die kurze Runde. Hier direkt geradeaus ist Max' Zimmer, rechts das Schlafzimmer meiner Eltern.« Er zog mich ein paar Schritte nach links, bevor er fortführte:
»Hier direkt vor dir das Arbeitszimmer meiner Mutter und hinter uns das Bad. Und hier...«, er drehte mich um neunzig Grad nach links und schob mich einen Schritt vorwärts, »Mein ehemaliges Zimmer. Keine Ahnung, was es jetzt ist.«
Ich hörte, wie er sich leicht an mir vorbeibeugte und die Klinke drückte, bevor er die Tür aufstieß. An den Schultern dirigierte er mich vorwärts in besagtes Zimmer hinein.
»Okay, es sieht eigentlich aus wie früher. Bloß leerer und...«, er schien zu überlegen, »aufgeräumter. Hier war immer mega Chaos als ich noch hier gewohnt hab.«
Ich drehte mich zu ihm um.
»Ja, klar. Du und Chaos«, bemerkte ich ironisch, wenn ich an unsere super aufgeräumte Wohnung dachte. Tim lachte auf.
»Ob du's glaubst oder nicht, je. Ich habe das Chaos schon immer regelrecht angezogen. So ordentlich bin ich jetzt nur deinetwegen geworden.«
»Meinetwegen?«, hakte ich nach.
»Klar deinetwegen. Was denkst du denn? In meinem Chaos würdest du doch niemals etwas finden.«
Tim hatte recht. Durch meine Blindheit musste ich immer darauf vertrauen können, dass alles ganz genau an dem Platz war, an den es gehörte. Lag etwas wo anders als üblich, konnte ich es den ganzen Tag suchen und jeden Winkel der Wohnung abtasten. Und selbst dann würde ich es wahrscheinlich immer noch nicht finden.
»Danke, Tim«, murmelte ich leise. Ich hatte mir nie zuvor Gedanken darüber gemacht, dass es für ihn vielleicht gar nicht so selbstverständlich war, immer absolute Ordnung zu halten.
»Schon gut, Kleiner. Für dich doch alles.«
Ich musste lächeln.
»Was hältst du davon, wieder runter zu gehen? Es gibt gleich noch Kuchen«, schlug Tim vor und ich nickte eifrig. Den Kuchen hatte ich tatsächlich auch schon gerochen, als wir an der Küche vorbei gegangen waren. Das hieß, er war frisch gebacken, höchstens von heute Vormittag.
»Na dann komm«
Tim griff nach meiner Hand und zog mich vorsichtig, wenn auch zügig wieder aus dem Zimmer. Erst vor der Treppe blieb er stehen und ließ mich mein eigenes Tempo bestimmen. Sobald ich mit meiner freien Hand das Treppengeländer gefunden hatte ging es wieder schneller.
Tatsächlich nahm ich Geschirrklappern und Schritte wahr, als Tim mich hinter sich in die Küche zog und den Geruch des Kuchens.
»Ach, sehr schön. Stegi, ich hoffe, du magst Apfelkuchen?«, empfing uns Tims Vater. Ich beeilte mich zu nicken.
»Ja, sehr gerne.«, versicherte ich.
»Okay, prima. Tim, nimmst du Teller und Besteck mit rüber? Wir essen auf dem Sofa.«
Tims Hand löste sich aus meiner und stattdessen fühlte ich im nächsten Moment, wie er mir etwas kühles in die Finger drückte.
»Nimmst du?«, bat er mich. Er wusste, wie sehr ich es hasste, mir unnütz vorzukommen. Das erinnerte mich bloß jedes mal daran, dass ich durch meine Blindheit doch ziemlich eingeschränkt war und, schlimmer, dass Andere mich dadurch immer als sehr eingeschränkt ansahen. Deswegen war ich ihm ziemlich dankbar, dass er mir eine Aufgabe gab, und wenn es nur so etwas banales wie das Mitnehmen von Besteck war. Keine fünf Minuten später saßen wir auf dem Sofa, alle mit einem Teller Kuchen auf den Knien. Bloß Max hatte sich nach kurzem Bitten mit seinem Stück auf sein Zimmer verzogen. Leise konnte ich Musik von oben hören.
»Stegi und ich hatten uns etwas überlegt«, verkündete Tim zwischen zwei Bissen, »Wir wollten wissen, was ihr davon haltet.« Okay, wir hatten uns anscheinend etwas überlegt? Und anscheinend wollten wir auch die Meinung von Tims Eltern dazu hören. Was genau wir uns da wohl überlegt hatten? Ich war mindestens genauso unwissend und gespannt wie Tims Eltern.
»Wir wollen nach Amerika. Ein paar Monate durch die USA reisen. Zu zweit mit einem Auto einfach darauf losfahren. Stegi hat mir letztens erzählt, dass er davon schon lange träumt und ich finde die Idee auch ziemlich nice.«, erzählte er. Ich verschluckte mich an meinem Bissen. Ich hatte nie damit gerechnet, dass Tim das tatsächlich ernst meinen könnte, für mich war es nie mehr als ein schöner Gedanke gewesen. Ein wunderschöner Gedanke.
»Ich habe meine Sparkonten. Wir hatten etwas in die Richtung Work and Travel und ausgemalt. Sich ein Auto holen und einfach los. Und dann schauen, wo man hinkommt und einfach auf sich zukommen lassen, wo man Arbeit findet.«
»Das ist...«, Tims Mutter schien zu überlegen, wie sie es formulieren sollte, »Das ist doch schön. Wenn ihr euch sicher seid, dass ihr das wollt. Ich meine, viele Jugendliche machen das nach ihrem Abschluss. Prinzipiell ist das doch eine schöne Idee. Aber ich würde nichts überstürzen. Ihr seid noch nicht so lange zusammen. Versteht mich nicht falsch, ich glaube euch, dass ihr euch wirklich liebt und alles. Aber ich war selber einmal in eurem Alter. Wenn ihr meinen Rat hören wollt: Gebt euch noch ein paar Monate hier, um zusammenzuwachsen. Und dann macht diese Reise wenn ihr immer noch wollt.«
Ich stimmte ihr zu. Ich war mir zwar ganz sicher, dass Tim und ich auch in ein paar Monaten noch zusammen sein würden, aber tatsächlich sollten wir nichts überstürzen. Was Tim dann als nächstes sagte, haute mich jedoch vollkommen aus der Bahn:
»Ich möchte Stegi diese Reise schenken. Ich habe genug Geld auf meinem Konto.«
Erneut verschluckte ich mich, dieses Mal ohne Essen im Mund zu haben.
»Kommt gar nicht in Frage«, lehnte ich sofort ab, bevor seine Eltern auch nur ein Wort sagen konnten.
»Ich kriege monatlich Blindengeld und habe selbst einiges angespart, ursprünglich für den Führerschein und vielleicht als Anzahlung für einen Wagen. Ich möchte nicht, dass du alles zahlst.«
»Darüber reden wir noch«, versicherte Tim mir, »Aber ansonsten? Bist du dabei?«
Ich lächelte.
»Jederzeit.«
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Hayho Leute!
Ja, ich bin wieder Mal spät dran. Egal... Habe dieses Mal eigentlich nichts zu sagen... Glaube ich. Hat es auch gefallen? Was haltet ihr von den Plänen und dass sie sie jetzt wirklich umsetzen wollen?
Auch Vorschläge und Wünsche für meine neue FF nehme ich immer noch gerne an!
Liebe Grüße, minnicat3
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Blindes Vertrauen ~ #Stexpert
FanfictionWas ist, wenn dein Leben plötzlich über dir zusammenbricht und nichts mehr wie früher ist? Was ist, wenn du das Wichtigste in deinem Leben verlierst, das worauf all dein Handeln ausgerichtet ist, das was du immer als selbstverständlich erachtet has...