11. Mager

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Etwas ratlos stand ich in dem kühlen Raum und fuhr mir durch die verstrubbelten Haare. Vor mir ertastete ich das kalte Waschbecken und schließlich den Wasserhahn, drehte ihn auf und hielt vorsichtig meine Hand unter den nassen Strahl. Ich stellte eine halbwegs annehmbare Temperatur ein und spritzte mir das kühle Nass ins Gesicht. Auf der Ablage rechts neben mir tastete ich nach der Zahnbürste, die meine Mutter mir vor ein paar Minuten in die Hand gedrückt hatte. Schließlich fand ich sie und die Zahnpasta, begann mir die Zähne zu putzen und meine Gedanken schweifen zu lassen. Diese Wohnung, die mir so unglaublich fremd war, sollte von nun an mein Zuhause sein. Ich versuchte mich an diesen Gedanken zu gewöhnen, doch es wollte mir nicht gelingen. Ich brauchte dieses »Zuhause« nicht, ich hatte ein Zuhause gehabt. Ein echtes. Doch von diesem Zuhause war nichts mehr übrig, es war alles abgebrannt. Nichts von hier, aus dieser fremden Wohnung war mir mehr vertraut, nichts kannte ich noch von früher. Nichts gab es mehr aus meinem alten Leben. Das hier fühlte sich nicht an wie ein Zuhause.

Ehe ich noch weiter in diesem Loch der Trauer und des Selbstmitleides versinken konnte, in das ich eben abzurutschen drohte, spuckte ich die restliche Zahnpasta ins Waschbecken und spühlte meinen Mund aus. Ich zog mir mein Tshirt über den Kopf und legte es schließlich etwas ratlos über den Rand der Badewanne hinter mir. Meine Hose folgte, bis ich nur noch in Boxershorts da stand. Minutenlang brachte ich es nicht über mich, mich zu bewegen, doch schließlich trat ich entschlossen einen Schritt auf die Tür zu, ertastete die Klinke und schloss auf, trat hinaus auf den Flur. Rechts hörte ich leise die Stimmen meiner Familie, die mir bereits eine gute Nacht gewünscht hatten, der Lautstärke ihrer Geräusche nach schien die Tür nur angelehnt zu sein. Ich wandte mich nach links und fand schließlich in mein Zimmer, von wo die Schritte des wartenden Tims zu hören waren. Ich hatte gebeten, ob er nicht über Nacht bleiben konnte und meine Eltern hatten ohne Umstände eingewilligt. Als ich in das Zimmer trat und die Tür hinter mir ins Schloss zog, hörte ich meinen besten Freund scharf einatmen. Schon wieder drohte eine unangenehme Stille, sich auszubreiten, also redete ich ohne nachzudenken los, um das zu vermeiden:

»Was ist los? Du schaust mich an.«

»Was? Woher...?«, klang seine irritierte Stimme zu mir. Ich lachte kurz auf, aber es war kein echtes Lachen, kein fröhliches, ausgelassenes und glückliches:

»Ich mag vielleicht blind sein, aber nicht dumm.«, klärte ich ihn auf.

»Das habe ich auch nie behauptet. Du bist nun wirklich nicht dumm.«

Ich spürte schon wieder, wie mir die Röte ins Gesicht schoss.

»Also, was schaust du mich so großäugig an?«, lenkte ich schnell auf das eigentliche Thema zurück, bevor er meine Verlegenheit bemerken konnte.

»Ich... Du... Ich mein, du bist so unglaublich mager. Das ist krank Stegi, wirklich. Ich mach mir Sorgen.«, stotterte er verlegen. Ich aber lachte nur auf. Es stimmte, ich hatte seitdem ich im Krankenhaus aufgewacht war keinerlei Appetit mehr verspürt und mich höchstens ab und zu zu ein paar Bissen gezwungen, aber nie sonderlich viel zu mir genommen. Die Schwierigkeiten, die mir das blinde Essen bereitete und die Demütigung die ich fühlte, wenn ich selbst das nicht auf die Reihe bekam, halfen dabei nicht wirklich. Aber was Tim sagte war absurd, so dürr wie er behauptete war ich mit Sicherheit nicht, er übertrieb mal wieder nur und krank war ich erst recht nicht.

»Lächerlich«, versuchte ich dieses Thema mit einem Wort vom Tisch zu wischen, doch Tim schien das Gespräch noch nicht für beendet zu halten:

»Nein Stegi, das ist es nicht. Es ist alles andere als lächerlich.« Seine Stimme klang wütend und als er schnellen Schrittes auf mich zukam, wich ich ängstlich einen Meter zurück, bis ich mit dem Rücken an der geschlossenen Zimmertür gedrängt stand.

»Stegi, bitte. Ich kann nicht zusehen, wie du dich so abmagerst. Das Leben geht weiter, du musst jetzt mehr denn je auf dich aufpassen. Bitte. Ich will dich nicht verlieren.«

Seine Stimme war mit jedem Wort leiser und trauriger geworden, wäre er nicht inzwischen so dicht vor mir gestanden, hätte ich seinen letzten Satz wohl nicht ein Mal gehört. Die Verzweiflung in seinem Tonfall brach mir das Herz und auch wenn ich keinen Grund für seine Sorge sah, wollte ich nicht, dass er solche Angst um mich hatte.

»Okay«, flüsterte ich leise und senkte den Kopf. »Ich gebe mein bestes, daran zu denken, okay? Ich werde versuchen, mehr zu essen. Aber ich kann dir nichts versprechen.«

»Danke«, drang seine leise Stimme zu mir und ich spürte kurz seine weichen Lippen auf meiner Stirn, bevor er mich an sich zog. Mein nackter Oberkörper wurde von einem Moment auf den anderen angenehm warm und dieses Gefühl der Geborgenheit hielt an, solange ich an seinen warmen Körper gedrängt dastand.

»Ich werde dich daran erinnern« Ich hörte seine tiefe Stimme direkt neben meinem linken Ohr und eine Gänsehaut zog sich über meinen Hals bis in den Nacken.

Schließlich, viel zu schnell, löste er sich wieder von mir und ich richtete mein Gesicht verlegen gen Boden. Tim jedoch lachte nur leise auf und zog mich zu meiner Matratze, auf der wir uns beide niederließen. Zuerst saßen wir beide nebeneinander an die Wand gelehnt, irgendwann rutschten wir beide immer weiter nach unten und als meine Schwester das Zimmer betrat, hatte Tim einen Arm um mich gelegt und mein Kopf lag auf seiner Brust, während wir redeten.

»Naaaaaaaw«, holte das Quietschen der ein Jahr Jüngeren mich wieder vollkommen zurück in meine dunkle Wirklichkeit.

»Ihr seid so süß«, schwärmte sie und ich tastete neben der Matratze nach etwas, was ich aufs geratewohl in die Richtung werfen konnte, in der ich sie vermutete. Schließlich fand ich ein Stück Stoff, irgendein Kleidungsstück und sie und Tim lachten auf, als ich es zu ihr pfefferte.

»Knapp daneben«, erklärte sie sachlich und ich streckte ihr die Zunge raus.

»Du bist doof«, erklärte ich und wieder hörte ich Tims melodisches Lachen neben mir.

»Vielleicht hat sie ja recht und wir sind auch einfach süß«, säuselte er und ich schlug ihm lachend auf die Brust, bevor ich meinen Kopf wieder darauf sinken ließ. Meine Schwester lachte noch eine Weile und beharrte darauf, dass sie recht hatte, doch schließlich kehrte Ruhe ein. Ich selbst wurde auch immer müder und machte mir irgendwann nicht mehr die Mühe, meine schweren Augenlider sinnlos offen zu halten. In dieser undurchdringbaren Dunkelheit, die mich umgab, fiel es mir unglaublich schwer, gegen die Müdigkeit anzukämpfen und wach zu bleiben und so fiel ich schließlich, meine Hand neben meinem Kopf immernoch auf Tims Brust gebettet, in einen tiefen und ruhigen Schlaf.

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Hayho zusammen!

Heute noch etwas mehr #Stexpert für euch...

Danke wie immer an alle, die so oft so schöne lange Reviews schreiben, gerade auf Fanfiktion.de, ihr versüßt mir wirklich den Tag damit. Dankeschön :)

Ich wollte an dieser Stelle mal fragen, was euer Lieblingssong über Stegi, Tim, #Stexpert, jegliche andere Pairings, Minecraft oder Youtube im allgemeinen ist?

Ansonsten habe ich euch die letzten Male schon totgelabert, deswegen halte ich mich heute kurz. Kommentare und Sternchen dalassen ist immer gerne gesehen :)

Liebe Grüße, minnicat3

Blindes Vertrauen ~ #StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt