Vergessen

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Professor Snape sah auf und musterte mich.

„Warum so in Eile, Miss Greengrass?"

Ich blieb etwas außer Atem stehen und holte tief Luft.

„Es geht um Lord Voldemort. Er ist hier. Im Schloss. Fragen Sie nicht, woher ich das weiß, bitte, es ist dringend! Er will etwas holen, jetzt, genau in diesem Moment, man muss etwas dagegen unternehmen!"

Snape hörte mir verdutzt zu. Ich hatte Angst, er könne weiter nachfragen, doch er tat es nicht. Stattdessen stand er abrupt auf und ging mit schwingendem Umhang Richtung Tür.

„Was tun Sie jetzt?", rief ich ihm hinter her.

Er verharrte einen Moment vor der Treppe.

„Ich werde Professor Dumbledore informieren. Derzeit ist dieser nämlich auf dem Weg ins Ministerium."

Doch damit wollte ich mich nicht zufrieden geben.

„Wie meinen Sie das? Können Sie nicht selbst etwas unternehmen?"

Snape drehte sich furios zu mir um.

„Wenn Professor Quirrell bereits dabei ist, seinen Plan umzusetzen, gibt es nichts, was ich noch tun kann."

Und mit diesen Worten war er fort.



Ich entdeckte Lewis am Teich.

„Hey, Lewis!"

Er sah auf und strahlte mich an.

Ich lief zu ihm und umarmte ihn. Er schien mit dieser Lage vollkommen überfordert und legte mir etwas ungeschickt seinen Arm um die Schulter. Dann brach alles aus mir heraus. Ich erzählte ihm von Quirrells Plan und was Snape gesagte hatte. Am Ende meiner Geschichte stockte ich auf einmal.

„Was?", fragte Lewis.

„Mir ist gerade etwas aufgefallen. Ich habe Snape nie erzählt, dass Quirrell mit Voldemort zu tun hat. Woher wusste er es dann?"

Lewis kniff nachdenklich die Augen zusammen.

„Keine Ahnung. Ich schätze uns bleibt nichts anderes übrig als zu warten."

Verdrossen ließ ich mich auf einem Stein nieder. Ich wollte auch etwas unternehmen, nicht nur unnütz dasitzen.

Doch er hatte recht. Wir konnten rein gar nichts machen.



Erst einen Tag später erfuhr ich, wie die Geschichte ausgegangen war. Harry Potter hatte sich Quirrell in einer Kammer unter der Schule gestellt und ihn besiegt. Damit war er ein gefeierter Held. Ich wollte es zwar nicht zugeben, aber ich war neidisch. Ich war vollkommen übergangen worden! Ohne mich wäre Harry Potter jetzt tot!

Wie es sich nämlich herausstellte hatte Professor Snape Dumbledore noch im letzten Moment zurückgerufen, so dass er Harry retten hatte können. Und wer hatte es Snape gesagt? Ich!

Aber einen Lichtblick gab es: die Hauspokalvergebung. Slytherin hatte dieses Jahr zum wiederholten Mal am meisten Hauspunkte gesammelt und würde nun bei einer feierlichen Verleihung beim Abschlussfest den Pokal überreicht bekommen.

An unserem Tisch herrschte Hochstimmung. Die anderen Häuser warfen uns finstere Blicke zu, aber daran war man ja schon gewohnt.

Ich konnte es kaum erwarten. Endlich stand Professor Dumbledore auf und verlas die Hauspunkte. Gryffindor war Letzter, dann kam Hufflepuff, dann Ravenclaw und zum Schluss: Slytherin!

Snape war schon dabei, sich zu erheben, als Dumbeldore noch etwas hinzufügte. Er sagte, er wolle noch weitere Punkte vergeben.

Ich hatte ein mulmiges Gefühl. Würde Dumbeldore jetzt tatsächlich Partei ergreifen und einem anderen Haus zum Sieg verhelfen?

Ich entspannt mich, als er die Punkte an eine gewisse Hermione Granger vergab. Sie war aus Gryffindor, also keine Gefahr für uns. Doch dann vergab er noch einmal fünfzig Punkte an Gryffindor und – ich konnte es nicht fassen – sechzig Punkte für Harry Potter.

Jetzt war Gryffindor Gleichstand mit uns! Ich wechselte einen Blick mit den anderen Slytherins. Alle starrten wütend zu den Gryffindors oder zu Dumbledore, der ihnen gerade noch zehn Punkte gab und somit auch den Sieg.

Die anderen Tische jubelten und warfen uns hämische Blicke zu. Ich starrte leer vor mich hin. Es war so unfair! Als Schulleiter musste man eigentlich unparteiisch sein. Tja, Dumbledore war das offensichtlich nicht. Er bevorzugte Gryffindor.

Ich knurrte leise. Lewis warf mir einen belustigten Blick zu.

„Na, da ist aber eine sauer!"

Ich sah ihn vernichtend an.

Das Fest war gelaufen. Ich war froh, als es endlich vorbei war und ich meine Sachen packen konnte. Ich vermisste meine Familie schon. Doch kurz bevor ich den Gemeinschaftsraum betreten konnte, wurde ich von Professor Snape aufgehalten.

„Miss Greengrass? Ich würde Sie gern sprechen. Mr Caverly kann auch gleich mitkommen, da ich annehme, Sie haben im alles erzählt?"

„Ja, Professor", sagte Lewis.

Wir folgten ihm in sein Büro, wo er sich zu uns umdrehte.

„Wie ihr sicher schon mitbekommen habt, hat sich alles zum Guten gewendet."

Wir nickten und warteten. Snape wandte sich an mich.

„Wie geht es Ihnen?"

Mich traf diese Frage vollkommen unvorbereitet. Wie es mir ging? Ganz ehrlich?

Ich zögerte, die Wahrheit zu sagen, doch dann riss ich mich zusammen. Ich konnte mich nicht vor den Tatsachen verstecken.

„Ich habe Angst", sagte ich ungewohnt leise. Snape hob eine Augenbraue, was mich sofort wütend machte. „Ja, was haben Sie denn gedacht? Dass ich einfach mal so einen Monat lang immer wieder ein paar nette Pläuschchen mit Voldemort gehabt habe und mich dabei ganz prächtig amüsiert habe? Wenn es Ihnen entgangen ist, er wollte mich umbringen, ich musste für ihn spionieren und ich habe immer noch Albträume von ihm!"

Heftig atmend verstummte ich. Ich bereute es, so ausgeflippt zu sein. Es herrschte eine unangenehme Stille. Wie hatte ich nur so blöd sein können und mir diese Blöße geben!

„Ich hatte nichts anderes erwartet", meinte Snape ausdruckslos. Dann holte seinen Zauberstab hervor.

„Haben Sie schon einmal von einem Vergessenszauber gehört? Wenn Sie ihn aufgelegt bekommen, werden Sie alles, was mit Voldemort in den letzten Monaten zu tun hatte, vergessen. Nachher werden Sie nur noch so viel wissen wie jeder anderer Schüler an dieser Schule."

Ich schluckte. Warf einen Blick zu Lewis. Sah wieder zurück zum Zauberstab, der in Snapes Hand lag. Ich traute den Zauber nicht ganz. Was, wenn ich mehr vergaß? Was, wenn damit auch ein Teil meiner Persönlichkeit verloren ging?

„Außerdem ist dieser Zauber auch der einzige Weg, den Verfolgungszauber von Professor Quirrel loszuwerden. Er ist nämlich mit Ihren Erinnerungen fest verwurzelt."

Ich zögerte immer noch.

„Und Voldemort wird nie wieder Macht auf mich ausüben können?"

„Nicht anderes als bei jedem anderen."

Ich fasste einen Entschluss.

„Ich tue es. Du auch?"

Letzteres war an Lewis gerichtet.

„Wenn du es tust, du ich es auch."

Wir sahen zu Snape. Er nickte und hob seinen Zauberstab, so, dass er direkt auf meinen Kopf zeigte. Ich tastete nach Lewis Hand, der meine fest umfasste. Entschlossen straffte ich die Schultern, reckte mein Kinn nach vorn und sah Snape in die Augen. Ich nickte. Und Snape sprach den Zauber.

"Obliviate!"

Dann war alles weg.

A Slytherin's StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt