Zauberunterricht

276 22 2
                                    


Am nächsten Morgen wurde ich von einem seltsam schummrigen Licht geweckt. Ich schlug die Augen auf und blickte direkt in einen Sonnenstrahl, der sich mühsam den Weg durch den See gekämpft hatte. Schlagartig war ich wach und saß aufrecht im Bett. Erster Schultag. Ich war bis jetzt immer nur zuhause unterrichtet worden, heute würde ich zum ersten Mal in einer Klasse sitzen!

Ich zog mich so schnell ich konnte an und sprintete die Treppen hinab. Dabei stieß ich gegen ein bulliges Mädchen, dass mich finster ansah.

„Pass doch auf, wo du hinläufst!"

Ich verzog das Gesicht. Hätte sie sich nicht so aufgeregt, hätte ich mich jetzt entschuldigt. So aber nicht. Ganz sicher nicht.

„Hallo? Bist du taub oder nur zu dumm?"

Sie rempelte mich unsanft an und stieg die Treppe hinauf.

„Es freut mich ebenfalls, deine Bekanntschaft zu machen!", rief ich ihr hinterher. Ich durchforstete mein Gedächtnis, wer dieses Mädchen gewesen war. Dann fiel es mir wieder ein. Millicent Bulstrode, ja, so hieß sie, diese blöde Kuh. 

Ich ging die restlichen Stiegen hinab und traf im Gemeinschaftsraum auf Lewis.

„Und?", fragte er mit seinem üblichen Grinsen. „Wen haben wir heute verärgert?"

„Millicent Bulstrode", antwortete ich und lächelte schief.

„Die Liste wird länger und länger."


Nach einem herrlichen Frühstück hatten wir in der ersten Stunde Verteidigung gegen die Dunkeln Künste, dann Zauberkunst und nach dem Mittagessen Verwandlung. Professor McGonagall, die wir alle schon kannten, begrüßte uns recht kühl und man bekam sofort den Eindruck, nicht willkommen zu sein. Zwar zeigte sie nichts offen, aber wie auch bei allen anderen Lehrern fühlte ich mich irgendwie fehl am Platz. Je mehr Fächer wir besuchten, desto mehr bekam ich das Gefühl, dass niemand Slytherin leiden konnte. Vielleicht waren alle beleidigt, weil wir es gewesen waren, die sechs Jahre lang die meisten Hauspunkte gesammelt hatten und somit auch immer den Hauspokal gewonnen hatten.

Ganz im Gegensatz zu den anderen Einheiten war der Zaubertränkeunterricht. Professor Snape, der auch der Hauslehrer von Slytherin war, schien uns als einziger zu mögen. Obwohl ich schon zugeben musst, dass er die Gryffindors manchmal wirklich unfair behandelte, konnte ich nicht umhin, es zu genießen.
Auch wenn Zaubertränke nicht unbedingt mein Lieblingsfach war, mochte ich die Stimmung in der Klasse. Von meiner Interesse her waren allerdings Zauberkunst und Astrologie meine Lieblingsfächer geworden. Manchmal blieben wir gemeinsam mit den Ravenclaws bis spät in die Nacht wach, um die Sterne vom Astronomieturm aus zu beobachten. 

In Zauberkunst erwies ich mich zu meiner Freude als "ein Mädchen mit besonderem Feingefühl für die Kunst der Zauberei", wie es Professor Flitwick formulierte. Man konnte sogar meinen, wegen meines Talents verzieh er mir die Tatsache, eine Slytherin zu sein. Zumindest hatte er einmal gesagt, dass ich besser in sein Haus, Ravenclaw, passen würde. Ich hatte ihn daraufhin freundlich, aber klar darauf hingewiesen, dass ich meiner Meinung nach perfekt in mein Haus passen würde. 

Es war in der 5. Schulwoche, als er auf mich aufmerksam wurde. Wir lernten den Zauberspruch, mit dem man Sachen fliegen lassen konnte. Zwar brauchte ich eine Viertelstunde, um ihn zu verstehen, aber sobald ich ihn beherrschte, beherrschte ich ihn mit Bravour. Noch Tag später nervte ich Lewis, indem ich alle möglichen Gegenstände um seinen Kopf fliegen und Saltos schlagen ließ.

Prinzipiell schlug ich mich in allen Fächern recht gut, in der Tat war ich gemeinsam mit Draco Malfoy beste Slytherin und Zweitbeste des Jahrgangs. Nur ein Gryffindor-Mädchen schrieb noch bessere Noten.

An den Wochenenden verbrachte ich meine Zeit meist mit Lewis, den ich von allen Slytherins am besten leiden konnte. Es gab auch noch ein paar andere Nette, aber ich hatte auch schon einige kennen gelernt, die ich auf den Tod nicht ausstehen konnte, zum Beispiel Pansy Parkinson, Gregory Goyle und Vincent Crabbe. Die beiden letzteren waren brutale, grobschlächtige Jungen, die immer links und rechts von Draco Malfoy zu finden waren. Was ich von dem wiederum halten sollte, wusste ich wirklich nicht. Meistens war er recht nett und er war auch wirklich nicht dumm, sobald dass Thema allerdings auf Harry Potter oder Reinblüter fiel, hätte ich gut Lust ihn zu schlagen, bei all dem dummen Zeug, das er redete. 

Einer dieser Momente war gewesen, als wir unsere erste Flugstunde erhalten sollten. Einer der Gryfffindors hatte einen Gegenstand liegen lassen und Draco hatte ihn geklaut. Als Harry Potter ihn dann aufgefordert hatte, die Sache wieder zurück zu geben, war er stattdessen auf seinen Besen gestiegen und hatte sie weit weg geschleudert. Zwar hatte Potter den Gegenstand noch gefangen, dafür hatte McGonnigal ihn erwischt und ihn mitgenommen.

Nur wenige Minuten nach Ende der Stunde hatte ich Draco im Gemeinschaftsraum zur Rede gestellt.

„Was fällt dir eigentlich ein, du Depp? Wer stiehlt einfach aus Spaß den Besitz von anderen Leuten? Kannst du mir das sagen?"

Es schien ihm peinlich zu sein, von einem Mädchen so zurecht gewiesen zu werden, was mich nur noch mehr aufregte.

„Weißt du was? Ich höre immer wieder, wie Schüler aus anderen Häusern über Slytherin reden. Darüber, dass es hier nur böse und hinterlistige Leute gibt. Jetzt weiß ich woher solche Vorurteile kommen, und zwar von solchen Idioten wie dir!"

Draco sah mich wütend an, auch wenn ich sehen konnte, dass ihn meine Worte getroffen hatte. Ich wünschte, ich hätte das nicht gesagt, aber zurücknehmen konnte ich es jetzt nicht mehr.

„Tja, ich vermute, du bist falsch informiert. Wir Slytherins sind nun mal nicht wie die anderen, wir sind das beste Haus! Was uns gewisse Rechte verschafft. Und wenn du das nicht einsiehst, hat der Sprechende Hut vermutlich einen Fehler gemacht!", sagte Draco kühl.

Für einen Moment war ich geschockt davon, was er von sich gab. Dann wurde ich wütend und sah ihn eiskalt an.

„Der Sprechende Hut irrt sich nie. Und nur zu deiner Information..."

Doch weiter kam ich nicht. Lewis hatte sich uns genähert und unterbrach mich.

„Bevor du den armen Draco noch in Fetzen zerreißt, möchte ich kurz etwas anmerken."

Sowohl ich als auch der Malfoy-Junge wandten uns genervt Lewis zu.

„Es ist alles gut, die Geschichte an eine sehr überraschendes Ende genommen. Statt Gryffindor eine Lehre zu erteilen, hast du so ziemlich das Gegenteil bewirkt, befürchte ich, Draco. Deine nette kleine Aktion hat dazu geführt, dass Harry Potter jetzt Sucher von Gryffindor ist. Und was man hört, muss er sehr gut sein!"

Obwohl es alles andere als gute Nachrichten waren, dass das Quidditch-Team jetzt ein aller Ansicht nach hervorragendes Mannschaftsmitglied hatte, lachte ich schadenfroh auf. Es geschah Draco nur recht, dass seinem Erzfeind eine so große Ehre zuteil geworden war – schließlich durften Erstklässler sonst nie Quidditch spielen!

Draco wurde ganz blass vor Zorn und ging mit geballten Fäusten davon.

Ich war drauf und dran, ihm noch etwas an den Kopf zu werfen, entschied dann aber, dass es genug für heute war und begnügte mich damit, Lewis ein High-Five zu geben.

A Slytherin's StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt