Eine neue Gefahr

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Es dauerte nicht lange und alles nahm wieder seinen gewohnten Lauf. Die Lehrer brachten uns immer mehr Sachen bei, manche interessant, andere nicht so. Ich besuchte wie letztes Jahr fast jeden Tag die Bibliothek, sei es um zu lernen oder einfach nur aus Spaß.

Was sich verändert hatte waren zwei Kleinigkeiten:

Erstens hatte ich jetzt eine kleine Schwester bei mir, was sowohl nervig als auch wunderbar sein konnte, und zweitens benahm sich Draco wie ein anderer Mensch. Er verbrachte viel Zeit mit Ria und die beiden schienen sich wirklich gut zu verstehen.

Luna, die ich im Zug kennen gelernt hatte, war nicht wirklich eine Freundin von mir geworden. Zu den wenigen Momenten, wo wir uns sahen, redeten wir nie über persönliche Sachen und wenn wir uns am Gang begegneten nickten wir einander nur zu.

Manchmal trafen wir uns zufällig in der Bücherei und wechselten ein paar Worte mit einander. Die richtige Bezeichnung für uns war wohl „gute Bekannte".

Eines Tages, ich saß gerade in der Bibliothek und las ein Buch über Muggel, stand auf einmal Luna neben mir. Sie lächelte, wippte auf ihren Fußballen hin und her und sah mich nachdenklich an.

„Was ist?", fragte ich, neugierig, ob ich wiedereinmal von Nargel oder anderen Wesen hören würde.

„Es sind die Schlickschlupfe in deinem Kopf. Sie benehmen sich so seltsam."

Ich grinste. Schlickschlupfe. Interessant. Neugierig darauf, was sie meinte, hakte ich nach.

„Inwiefern, seltsam?"

„Ich habe sie noch nie so gesehen. Ich glaube, in deinem Kopf fehlt etwas, darum."

Ich blickte in die Ferne.

„Es fehlt etwas? Du meinst, ich habe etwas... vergessen?"

Luna nickte.

„Nur was?"

Doch darauf hatten auch ihre Schlickschlupfe keine Antwort.

Aber was sie gesagte hatte, beunruhigte mich.

Nicht, dass ich es ihr erzählen würde, nein, sicher nicht, aber ich hatte auch immer wieder dasselbe Gefühl. Als ob etwas fehlen würde. Etwas wichtiges. Doch so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte mich nicht erinnern. Und diese Hilflosigkeit regte mich unendlich auf.


Ende Oktober geschah dann etwas, was mich alles andere vergessen ließ. Etwas schreckliches.

Es passierte an Halloween. Nach einem wie üblich köstlichen Mahl verließen wir die Große Halle und machten uns auf den Weg zum Astronomieturm, wo wir heute um Mitternacht einen Kometenschauer beobachteten würden.

Plötzlich kam der Schülerauflauf vor uns zum stocken und irgendwo vor uns schrie eine Schülerin auf. Die andren Schüler um mich herum sahen angsterfüllt herum. Was war passiert?

Ich wechselte einen Blick mit Lewis. Er seufzte übertrieben.

„Warum passiert alles Schlimme immer an Halloween?"

Ich zuckte mit den Achseln und versuchte, mich an einem Haufen Siebtklässler vorbei zu schlängeln, um sehen zu können, was los war.

Vorne angelangt wanderte mein Auge sofort zu der blutroten Schrift an der Wand, von der ich mir sicher war, dass sie vor heute Nacht noch nicht dagewesen war. Sie sagte:

Die Kammer des Schreckens wurde geöffnet

Feinde des Erben, nehmt euch in Acht!

Darunter hing der seltsam steife Körper einer Katze an einem Haken. Sie war an ihrem Schwanz aufgehängt worden. 

Die anderen Schüler hatten einen Halbkreis um den Tatort gebildet. Nur drei Personen befanden sich innerhalb. Drei Gryffindors, Harry Potter, die schlaue Hermione Granger und ein Mitglied der Rothaarigen Familie, Weasley.

Ein kleiner Junge aus Hufflepuff brach beim Anblick der wie toten Katze in Tränen aus, und selbst ich, die nichts so schnell schockte, bekam ein beklemmendes Gefühl.

Doch am erschreckendsten von all dem fand ich die Stille. Niemand wagte es, etwas zu sagen, bis Draco Malfoy das Schweigen brach.

„Feinde des Erben nehmt euch in Acht! Ihr seid die nächsten, Schlammblüter!"

Ich wirbelte furios herum und stieß funkelte ihn aus eisblauen Augen an.

„Halt einfach den Mund, okay? Dann geht es allen besser!"

Er schien drauf und dran mir etwas gemeines zu erwidern, doch dann fiel ihm ein, was er seinem Vater versprochen hatte, und er sah einfach weg.

Einen Augenblick später trafen die Lehrer ein. Wir Schüler wurden weggeschickt. Doch niemand konnte sich im Astronomie-Unterricht recht konzentrieren. Wenn jemand etwas wusste, erzählte er es gleich dem Nächsten, der wieder etwas dazu spann und nachher wusste man nicht mehr, was wahr und was frei erfunden war. Fest stand nur, dass die Katze nicht tot war. Sie war versteinert worden.

Aber ich hatte eine Vermutung, wer am meisten von uns allen wissen könnte. Draco. Vielleicht könnte ich ja meinen Vorteil nutzen und etwas aus ihm herausholen? Es war doch sicher ein Versuch wert!

Also setzte ich mich am Tag darauf neben meine Schwester aus Sofa. Sie redete gerade angeregt mit ihrer besten Freundin Emma, die nicht ganz so überdreht wie Ria, aber auch nicht gerade die Ruhigste war, und Draco.

Überrascht, dass ich mich zu ihr gesellt hatte, strahlte sie mich an.

„Wir haben gerade über den Angriff geredet!", erzählte sie.

„Und?", wandte ich mich an Draco. „Was wisst ihr?"

Draco zögerte eine Sekunde, rückte dann aber doch mit den erhofften Informationen heraus.

„Mein Vater hat mir einiges erzählt. Zum Beispiel, dass die Kammer des Schreckens schon einmal geöffnet wurde. Vor ziemlich genau fünfzig Jahren. Zuerst fing es so wie bei der Katze an, versteinerte Schüler. Doch dann starb eine Schülerin! Sie drohten schon die Schule zu schließen, aber anscheinend wurde der Täter gefasst. Naja, wie es aussieht doch nicht ganz!"

Ihm entkam ein gemeines Grinsen, doch mein finsterer Blick wischte es ihm wieder von Gesicht.

Wohl darauf bedacht, bloß nicht die Beherrschung zu verlieren, lehnte ich mich vor. Ich musste noch mehr herausfinden! Wenigstens wusste ich, dass die Katze nur versteinert wurde. Aber wer auch immer das getan hatte, er hatte auch schon getötet!

„Und hast du eine Ahnung, wer es war?"

Zuvor hatte Draco noch die ganze Zeit überlegen gelächelt. Doch jetzt ließ er sich frustriert nach hinten fallen.

„Nein! Ich wünscht ich wüsste es, dann könnte ich ihm helf...,äh..."

Auf meinen eiskalten Blick hin verbesserte er sich hastig.

„... dann könnte man ihm schnell ein Ende setzen!"

Er stand auf und ging zu Pansy Parkinson, eine seiner glühenden Verehrerinnen.

„Ist das nicht unglaublich spannend?", fragte Ria mich, sobald er weg war.

Ich zog die Beine an und zuckte mit den Achseln.

„Ich weiß nicht. Ich mache mir eher Sorgen. Das ist kein Spaß mir, du hast es ja selbst gehört, letztes Mal ist jemand gestorben!"

Doch das kümmerte Ria nur wenig.

„Hast du das noch gar nicht mitbekommen? Der Erbe greift nur Muggelgeborene und so an! Wir Reinblüter brauchen keine Angst zu haben!"

Ich sah sie fassungslos an. Wo war meine süße, kleine Schwester geblieben?

„Ich glaube, du verbringst zu viel Zeit mir Draco", sagte ich kühl und verließ den Raum.

A Slytherin's StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt