Plastik-Eltern und Besuch

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Dad erwartete uns schon am Bahnhof. Er strahlte über das ganze Gesicht und umarmte uns ungewöhnlich lange.

„Was ist los?", fragte Ria argwöhnisch.

„Mein Buch! Es ist herausgekommen und Nummer eins Bestseller! Na, was sagt ihr jetzt?"

Ich lächele breit und freute mich für ihn. Dad lebte nur in seiner Bücherwelt, und sein größter Traum war schon immer gewesen, dass andere seine Werke lesen wollten.

„Ist es „Einhörner und Feen – wie Muggel sie sehen?", fragte ich nach.

Dad nickte begeistert.

„Kommt schnell nach Hause, wir feiern!"

Er hielt jedem von uns einen Arm hin.

„Ach ja, und wir haben Lewis Mum eingeladen, mit ihrem Sohn Anfang August zu uns zu kommen. Toll, nicht?"

Ich wechselte einen Blick mit Ria. Was war los mit Dad? Normalerweise redete er nur, wenn es wirklich nötig war. Ria zuckte nur verständnislos mit den Achseln und wir hakten uns bei Dad ein.


Daheim war wirklich schon alles für eine ordentliche Familienfeier vorbereitet. Esme Martin hatte ein Festmahl gekocht, es war draußen gedeckt und Mum erwartete uns mit einem Lächeln, dass mir ein wenig zu breit vorkam.

„Aurelia! Astoria! Wie schön euch zu sehen. Hat Dad euch die Neuigkeiten schon erzählt?"

Wir nickten stumm.

„Toll, nicht wahr? Setzt euch doch."

Wir setzten uns hin und blickten auf die Massen von Speisen. Unsere Eltern fingen sofort wieder an zu quatschen und lachten über jeden kleinen Witz.

„Was ist denn mit denen los?", fragte Ria mich aus dem Mundwinkel.

Ich ahnte bereits etwas, wollte aber keine falschen Anschuldigungen loslassen.

Erst als Dad zum dritten Mal über den selben lahmen Witz lachte, wurde es mir zu viel.

„Was ist los?", fragte ich die beiden. Sie wechselten einen verräterischen Blick und taten ganz ahnungslos.

„Was meinst du?"

„Ihr wirkt ein wenig... unecht", sagte Ria forsch.

Das breite Lächeln fror auf den Gesichtern unserer Eltern ein.

„Wir sind bloß glücklich. Darf man das nicht? Uns geht es allen gut, wir leben in einer Zeit ohne Gefahren..."

Jetzt war ich mir zu hundert Prozent sicher, dass mein Verdacht richtig gewesen war.

„Keine Gefahren?", wiederholte Ria. „Ja, sicher, alles Friede, Freude, Eierkuchen – bis auf die Tatsache, dass Volde-, pardon, Ihr-wisst-schon-wer zurück ist, nicht wahr?"

Eine äußerst unangenehme Stille trat ein. Mum sah Ria eisig an.

„Wer", fragte sie gefährlich leise, „hat euch das auf die Nase gebunden?"

„Professor Dumbledore", kam ich Ria zur Hilfe. „Er hat es uns bei Cedric Diggorys Trauerfeier gesagt. Du weißt, der Junge, der getötet worden ist. Von Voldemort."

„Sag seinen Namen nicht", murmelte Dad.

„Warum nicht? Der Name kann uns wohl kaum etwas tun", sagte Ria.

Mums Lippen waren mittlerweile nur noch ein weiser Strich.

„Jetzt hört mir mal gut zu, alle beide. Ihr-wisst-schon-wer ist tot. Er ist nicht zurück. Man kann nicht von den Toten auferstehen."

A Slytherin's StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt