Ein Geheimgang zum See

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„Miss Greengrass. Dürfte ich erfahren, was Sie in dem See machen?"

Ich war drauf und dran, mit einem harschen „Nein" meine Antwort zu geben, doch ich konnte mich beherrschen.

„Schwimmen", sagte ich kurz angebunden, stieg aus dem See und trocknete mich mit einer schnellen Zauberstabbewegung ab.

Ich konnte sehen, wie Umbridge gegen ihren Willen von dem Zauber beeindruckt war.

„Sie waren eine gute Viertelstunde unter Wasser. Was suchten Sie?"

„Ich weiß, dass wir bald in Kräuterkunde Wasserpflanzen durchnehmen werden, darum wollte ich mich schon im Voraus etwas darüber informieren."

Es war ihr nicht anzusehen, ob sie meine dreiste Lüge glaubte, aber was konnte sie schon tun? Einen Bildungserlass von Fudge beanspruchen, demnach Schüler nicht schwimmen gehen durften?

Umbridge kniff die Augen zusammen.

„Ich behalte Sie ihm Auge, Miss Greengrass."

„Tun Sie das", erwiderte ich gleichgültig, sobald die Lehrerin außer Hörweite war.

Ich sah zurück auf den See. Fast erwartete ich, dass Nelly oder Viki auftauchten, sich entschuldigten und mir den Weg zu Silver zeigen würden. Doch das taten sie nicht.

„Ist wahrscheinlich besser so", murmelte ich zu mir selbst. Was würde ich tun, wenn ich ihm begegnete? Mich entschuldigen?

Ich kickte einen Stein in den See, um meinem Frust freien Lauf zu lassen. Dann eilte ich Richtung Schloss los, wobei meine Schritte immer schneller wurden, bis ich rannte.


Unten im Gemeinschaftsraum der Slytherins vergrub ich mich in dem Berg von Hausaufgaben. Er war von einer beachtlichen Höhe, allerdings um einiges kleiner als der von den meisten anderen Slytherins. Der von Lewis zum Beispiel war fast doppelt so hoch.

Doch ich war froh über die Ablenkung. Mit konzentrierter Mine machte ich mich an den Aufsatz über den Schweigezauber.

„Lia!", kam Lewis mit freudestrahlendem Lächeln zu mir her. „Du sieht heute mal wieder fabelhaft aus!"

Ich zeigte mit keiner Regung, ob ich ihn gehört hatte.

Lewis setzte sich neben mich, beugte sich über meine Einleitung und pfiff durch die Zähne.

„Wow. Toller Aufsatz!"

Ich zog das Schulbuch, in dem ich mehr zu meinem Thema erfahren konnte, zu mir her und las mir einen Abschnitt durch.

„Nein", meinte ich schließlich in seine Richtung.

„Was! Ich hab ja noch nicht einmal gefragt!"

„Aber ich weiß, was du sagen wirst und meine Antwort ist nein", sagte ich abwesend und machte den Punkt unter meinem Absatz etwas heftiger als nötig.

„Bittebittbitte?"

Lewis sah mich flehend an.

„Wenn du deine Zeit nicht mit Betteln verschwendet hättest, wärst du wahrscheinlich längst schon mit dem Aufsatz fertig."

„Dann lass das Betteln nicht unnütz gewesen sein!"

Ich legte die Feder weg.

„Gibt es denn niemand anders, bei dem du abschreiben könntest?"

„Naja, außer dir käme nur noch Draco in Frage, und da würdest eher noch du nachgeben."

Er sah mich mit großen Augen an. Ich seufzte.

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