Die Nachtluft war angenehm kühl und erfrischend. Vor allem nachdem der stickige Glitzernebel noch immer den Raum belagerte. Ich setzte mich leise in Bewegung. Ich wollte nur einen kleinen Spaziergang machen. Nachdem ich mich die halbe Nacht hin und her gewälzt hatte, war mir die Lust vergangen, mich verzweifelt nach Schlaf zu sehnen. Außerdem hatte ich das Gefühl zu ersticken.
Reinigt die Atemwege, von wegen! Amanda hatte es doch tatsächlich fertiggebracht die Dracheneier in falscher Reihenfolge in den Topf zu werfen. Und das OBWOHL sie extra noch einmal nachgeschaut hatte. Wir konnten uns gerade noch in Deckung bringen, bevor die Eier zischend aus dem Kochtopf geflogen waren und in einem ohrenbetäubenden Knall explodierten.
Es hatte sich eine fette Schicht Glitzer über alles gelegt und die Luft hatte geflimmert, wie tausend Sterne. Der Glitzer war ja schon schrecklich genug gewesen, vor allem, weil er sich auf Kleidung, Haut und Haaren festgesetzt hatte. Aber dann musste dieser dumme Glitzernebel, der sich im gesamten Raum verteilt hatte, auch noch nach diesen Stinkeperlen riechen. Buärgh!
Ich schlich ganz langsam über die dunklen Äste. Fühlte die raue Rinde unter meinen Fußsohlen und die dünnen Äste und Blätter die sich ihre Wege aus den dicken Ästen gebahnt hatten. Loopi flatterte über mir, in der dunklen Nacht schien sie richtig zu strahlen. Sie hing nämlich noch an der Decke, als die Eier explodierten. Doch Baden wollte sie nicht. Mich selbst hatte ich so lange geschrubbt, bis ich zumindest nicht mehr glitzerte als wäre ich die Sonne höchstpersönlich. Meine Haare schimmerten jetzt in einem krotesken schwarzweiß. Sie sahen schrecklich aus. Aber das Zeug war regelrecht festgewachsen.
Morgen würde ich meine Haare noch einmal waschen und anschließend zu einem Pferdeschwanz binden. Dann würde es sicher nicht mehr ganz so schnell auffallen. Hoffte ich doch zumindest. Doch jetzt im Dunkeln hatte ich die Haare offen gelassen.
Die üblichen nächtlichen Geräusche drangen durch den dichten Wald. Loopi flatterte aufgeregt auf und nieder und verschwand dann wie ein Sonnenstrahl zwischen den Blättern. Ich seufzte. Mit diesem Hasen konnte man einfach nicht spazieren gehen.
Ich wollte gerade auf den nächsten Ast springen, als mich ein Rascheln innehalten ließ. War es von oben oder unten gekommen? Ohne auch nur ein Geräusch zu machen sah ich mich um. Doch ich konnte nichts erkennen. Ich spähte unter mich, doch dort war nichts zu sehen, außer einige Büsche und Zweige. Ich wollte mich gerade wieder in Bewegung setzen, als es wieder raschelte. Das kam doch von unten?! Ich starrte in die Richtung und dann konnte ich ihn erkennen.
Es war ein gewaltiger Hirsch. Wahrscheinlich doppelt so groß wie normale Hirsche. Er stand mitten in dem Gebüsch, dass ich von oben gesehen hatte und schien damit zu verschmelzen. Vorne auf dem Kopf hatte er ein gewaltiges Geweih. Es waren die vermeintlichen Zweige. Das Geweih war mindestens einen Meter groß und hatte so viele Abzweigungen, dass sie sich schon zum Teil ineinander verflochten.
Das musste dieser Langhornhirsch sein, von dem Amanda mir erzählt hatte. Majestätisch schritt der Hirsch aus seinem Gebüsch und verschwand zwischen zwei Bäumen. Mit offenem Mund sah ich ihm hinterher. Wenn das Tier im Dunkeln schon so imposant aussah, wie würde er dann erst bei Tageslicht wirken? Apropos, wieso bekam man dieses riesigen Tiere nie zu sehen? Der konnte sich doch nie und nimmer mit seiner gesamten Größe ständig versteckt halten?
„Ilaisha?", die Stimme war so leise und dicht hinter mir, dass ich vor Schreck das Gleichgewicht verlor und gar keine Chance hatte nach meinem Messer zu greifen. Zwei Hände packten mich an den Schultern und hielten mich fest, bis ich wieder sicher auf dem Ast stand. Dann ließen sie mich so ruckartig los, dass ich fast schon wieder das Gleichgewicht verloren hätte. Ich wirbelte herum und funkelte Lukes böse an. Dieser stand jedoch so nahe, dass ich stattdessen sein Kinn anfunkelte. Mein Herz begann zu galloppieren. Ich schob das jedoch nur wütend auf meinen Schreck.
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Forgotten
FantasyAls sie in einem unheimlichen Wald aufwacht, herrscht in ihrem Kopf gähnende Leere. Sie kann sich an nichts mehr erinnern. Vergessen! Sie hat alles vergessen! Während sie versucht mit den neuen Bedingungen zurecht zu kommen, lernt sie die Dorfbewoh...