Der Gang lag still und leer vor mir. Die Fackeln, die in regelmäßigem Abstand an der Wand, in Halterungen, hingen. Warfen wie gestern Abend, als wir angekommen waren, unruhig zuckende Lichtspiele auf Wände und Boden. Auch hier waren keine Fenster. Gestern Abend war mir das alles gar nicht aufgefallen, aber nun... Ich kam mir wie in einem dunklen, kalten Kerker vor und stand erst mal unschlüssig da.
Schließlich setzte ich mich in Bewegung, meine Stiefel halten auf dem Steinboden ungewöhnlich laut. Nachdem ich bei Lukes Tür angekommen war, der nach den vier leerstehenden Räumen, sein Zimmer am nächsten zu meinem hatte, blieb ich stehen und starrte sie einen Moment an. Es war rein gar nichts zu hören und unter meinen dicken Kleiderschichten lief mir eine Gänsehaut den Rücken hinab. Ich fühlte mich ein bisschen wie in einem Geisterschloss. War das hier immer so?
Ich lief weiter den Gang entlang. Vorbei an den Zimmern der Anderen, aus denen auch kein einziges Geräusch zu hören war. Ich war etwas unschlüssig nach dem Essen im Zimmer sitzen geblieben, aber weder Nathan, noch die eitle Zofe waren vorbeigekommen. Dabei hätte ich so gerne ein heißes Bad genommen. Schließlich hatte ich es nicht mehr ausgehalten. Vielleicht war es ja mitten in der Nacht und das gesamte Haus schlummerte friedlich in ihren Betten, während ich in meinem Zimmer saß und Däumchen drehte.
Ich bog in den nächsten Gang ab, der genauso aussah, wie der aus dem ich gerade gekommen war. Das war aber nicht der einzige der so aussah. Ich durchstreifte einen Gang nach dem anderen und kam mir wie in einem riesigen Labyrinth vor. Keine Menschenseele war unterwegs! Ich lief schließlich auch Treppen hoch oder runter und fragte mich was ich eigentlich vorhatte. Als ich meine Orientierung gänzlich aufgab, kam ich endlich in der großen Eingangshalle an, von der aus jede Menge solcher Gänge weg ging, wie der, aus dem ich gerade selbst gekommen war. Außerdem gab es eine breite Treppe, die einen Stock höher führte. Und dort gab es natürlich weitere Gänge. Ich seufzte und dachte lieber nicht daran, dass ich irgendwann mal wieder zurück zu meinem Zimmer finden müsste. Zu meinem Glück entdeckte ich jetzt wenigsten menschliche Lebewesen. Vor dem großen Tor, standen zwei breite Wachen, die mir das schwere Tor öffneten, als ich auf sie zu stapfte. Sonst sagten sie nichts und ich lief schweigend an ihnen vorbei in den Hof. Obwohl mir sofort die eisige Kälte und eine handvoll Schneeflocken ins Gesicht wehten, seufzte ich wohlig. Endlich Freiheit!
Der Himmel über mir war noch dunkel, aber die Sterne verblassten schon und im Osten ging der dunkelblaue Himmel in ein helles grau-weiß über.
Ich blieb auf der obersten Treppenstufe stehen und atmete tief ein. Bevor ich meinen Blick über den Hof schweifen ließ. Auf der rechten Seite standen mehrere große Holzbauten, die wohl die Ställe darstellen sollten. Neben dem Größten – wahrscheinlich der Pferdestall – häufte sich ein großer Misthaufen in den Himmel.
Auf der rechten Seite war ein kleiner selbst angelegter See, der zum Teil zugefroren war, jedoch durch Fackeln am Rand wurde dafür gesorgt, dass er nicht komplett zu gefror. Wahrscheinlich wurde hier das Wasser geholt, dass man in der Festung zum Kochen, Waschen und Trinken verwendete. Außer den beiden Wachen, die genauso aussahen wie die beiden Wachen innerhalb der Mauern, war keine Menschenseele zu sehen. Ich beschloss erst einmal in den Pferdestall zu gehen und zu schauen, ob es Sandsturm gut ging. Entschlossen schritt ich die drei Stufen hinab und ging zielstrebig auf das Tor des großen Holzgebäudes zu.
Als ich es ein Stück aufschob und hinein schlüpfte, trat mir gleich der übliche Geruch, nach Stroh, Mist und Pferd entgegen. Hier war ich richtig! Ich sah mich um. Links und rechts des Ganges reihten sich die Boxen auf. Am Ende des Stalles war eine kleine Tür, die wahrscheinlich in die Sattelkammer und eine Leiter die auf den Heuschober, direkt über dem Pferdestall, führten. In der hintersten Boxen hörte ich zwei männliche Stimmen, die sich leise murmelnd unterhielten. Ich lief langsam die Stallgasse entlang und fand Sandsturm schließlich in einer Box stehen, sie hatte den Kopf in einem Fresstrog versenkt und hob den Kopf erst, als ich leise eintrat. Sie begrüßte mich mit einem leisen wiehern und stupste meine Schulter. Ich umarmte ihren großen Hals und flüsterte leise in ihr Ohr. Am Ende des Stalles hörte ich die Männer rascheln und scharren. Sie schienen die Boxen dort gerade auszumisten.
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Forgotten
FantasyAls sie in einem unheimlichen Wald aufwacht, herrscht in ihrem Kopf gähnende Leere. Sie kann sich an nichts mehr erinnern. Vergessen! Sie hat alles vergessen! Während sie versucht mit den neuen Bedingungen zurecht zu kommen, lernt sie die Dorfbewoh...