Kapitel 30

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Bumm. Bumm. Bumm. Bumm. Bumm.

Da polterte jemand gegen die Türe!

Ich riss die Augen auf. Im Zimmer war es dunkel und ruhig. Ich brauchte eine Weile, bis ich kapierte, wo ich war und dass das Poltern das gleichmäßige Klopfen von Lukes Herz kam.

Mein Kopf ruhte auf seiner Brust und er hatte den Arm immer noch um meine Schulter gelegt. An seinem gleichmäßigen Atmen hörte ich, dass er schlief.

Ich wollte ihn nicht wecken und blieb deshalb mit angezogenen Beinen liegen. Ich lauschte in das stille, dunkle Zimmer und gleichzeitig auf sein klopfendes Herz, dass so laut wirkte, als würde es das gesamte Zimmer füllen.

Bumm. Bumm. Bumm.

Mit jedem Schlag, schien bei mir neue Kraft in meine Muskeln zu fließen. Mein Kopf klärte sich, als hätte dichte Watte meine Gedanken umhüllt. Und diese Watte verschwand nun immer mehr. Löste sich auf.

Ich konnte wieder klar denken. Über alles.

Ich versuchte meine Gedanken zu sortieren, die sich zum Teil noch etwas betäubt anfühlten. War ich nun Edana? Und wenn ja, WER war Edana? Was hatte Edana mit Charlié zu tun? Wieso hatte Adam Charlié getötet? Kannte ich Charlié? Wieso kannte Daria McKay Edana und hielt mich für sie, während sonst niemand mich für Edana hielt? Wusste Daria etwas über Edana? Wusste Daria etwas über Charlié? Was wusste Lukes über Charlié? Was wusste Charlié über Edana? Wie hieß Lukes Mutter? Wer war Edana?

Zu viele Fragen, die alle eine Antwort verlangten.

Ich hielt es nicht mehr aus hier ruhig zu liegen. Mir war kalt und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass ich glühte wie ein Kessel auf dem Feuer.

Vorsichtig hob ich den Kopf und rutschte, so leise und vorsichtig ich konnte von Lukes weg. Es klappte. Er wachte nicht auf und ich rutschte weiter bis zur Bettkante.

Etwas raschelte über mir und ich hob erschrocken den Kopf, nur um in zwei große, leuchtende Augen zu blicken, die mich von der Decke anstarrten. Keine Sekunde später, erfüllte ein markerschütterndes Kreischen den Raum.

Die Augen sausten hinab und landeten auf meinem Schoß. Ich strich Loopi über das weiche Fell und die Flügel, komplett erleichtert, dass es ihr gut ging und ein bisschen mit schlechtem Gewissen, dass ich mir gar keine Sorgen um sie gemacht hatte. Schließlich war sie bei meiner Festnahme auf meiner Schulter. Oder war sie etwa davor schon heimlich von meiner Schulter verschwunden?

„Ila?", Lukes Stimme, ließ mich im Gegensatz zu Loopis Gekreische zusammenzucken.

Seine Stimme war tief und hörte sich etwas rau und verschlafen an.

Ich drehte mich zu ihm um, konnte ihn aber im Dunkeln nicht richtig sehen. Er saß jedoch immer noch dort an die Wand gelehnt, wo ich ihn vorhin verlassen hatte. Obwohl er mich wahrscheinlich auch nicht richtig sehen konnte, senkte ich schnell den Blick, als er mich im Dunkeln ausmachte.

Loopi flog wieder zu ihrem Platz an der Decke zurück.

„Ja?"

Schweigen.

Viel zu langes Schweigen.

Schließlich: „Geht es dir gut?"

„Nein", die Antwort kam so ehrlich und plötzlich, dass ich gar nicht erst darüber nachdenken konnte.

Ein Seufzen: „Bist du sauer auf mich?" Es klang nicht genervt, sondern niedergeschlagen. Ich zögerte einen Augenblick. War ich sauer auf ihn? Eigentlich schon. Aber eigentlich auch nicht! Ich beschloss die Wahrheit zu sagen: „Ein bisschen. Aber ich bin auf viele Leute im Moment sauer."

ForgottenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt