Kapitel 29

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Als ich die Augen öffnete, machte es keinen Unterschied. Es war stockdunkel um mich herum. In meinem Kopf pochte es, wenn ich auch nur versuchte zu denken.

Ich tastete über den weichen Untergrund auf dem ich lag. Ich war mit einer dünnen Decke zugedeckt, die ich zurück schob. Langsam setzte ich mich auf. Wo war ich hier? Ich war in Sicherheit, oder? Adam hatte mich in Sicherheit gebracht. Oder nicht? Regungslos blieb ich sitzen und starrte in die Dunkelheit.

Da atmete doch jemand? Gar nicht weit weg war tiefes Ein- und Ausatmen zu hören. War das Adam? Oder... ein Schauer lief mir den Rücken hinab, als ich daran dachte, dass es auch König Julius sein könnte.

„Hallo?", ich versuchte mutig zu klingen, aber meine Stimme fühlte und hörte sich wie raues Sandpapier an. Es veränderte sich nichts. Das Atmen blieb gleichmäßig und ich hörte sonst nichts in dem Raum. Ob derjenige wohl schlief? Ich schob die Decke ganz von meinen Füßen und rutschte mit den Füßen voraus über den Untergrund, bis meine Füße ins Leere hingen. Wahrscheinlich saß ich auf einem Bett, schlussfolgerte ich.

Wow! Bist du aber schnell!

Ich verdrehte die Augen und tastete mit den Füßen nach dem Boden. Endlich landeten sie auf einem erschreckend kalten Steinboden. Ich richtete mich auf, wobei mir etwas schwindelig wurde, doch sobald ich das Gleichgewicht wieder gefunden hatte, lief ich einfach mal drauf los. Ich tastete mich blind durch den Raum, bis ich eine Wand fand und mich an ihr weiter fortbewegen konnte.

Nach und nach konnte ich auch ein wenig in der Dunkelheit um mich herum erkennen. Aber außer die Konturen von meinem Bett, einem weiteren Bett wo irgendjemand anderes drin lag und einem kleinen Schränkchen war nichts weiter zu erkennen. Also tastete ich die Wand weiter ab, die sich unter meinen Händen so kalt und rau anfühlte, wie alle Wände in der Festung. Ich war doch schon noch in der Festung?!

Endlich änderte sich der Grund und ich stieß auf Holz. Eine Türe!

Ich tastete das dunkle Holz ab, bis ich eine Türklinke finden konnte.

Einen Moment überlegte ich noch, ob ich nachschauen sollte, wer in dem anderen Bett geschlafen hatte, doch dann hielt ich es in dem dunklen Raum nicht mehr aus.

Leise drückte ich die Türklinke nach unten und schob sie einen Spalt auf. Kein Licht fiel in den Raum. Auf dem Flur war es genauso finster, wie im Raum selbst.

Ich tapste aus dem Zimmer und sah mich im Flur um. Er sah genauso aus, wie alle anderen Flure auch in der Festung, was mir bestätigte, dass ich immer noch hier war. Aber wie viel Zeit war inzwischen vergangen? Ich wusste es einfach nicht.

Ich tastete mich, wie im Zimmer schon zuvor, an der Wand entlang und nutzte sie gleichzeitig als Stütze, für meine leicht torkelnden Schritte, als sei ich noch nicht ganz wach.

„Ilaisha!", ich zuckte zusammen, als eine Stimme hinter mir meinen Namen zischte. Oder hieß ich nicht doch Edana?

Langsam drehte ich mich um und konnte eine kleine Gestalt erkennen, die leise auf mich zu rannte. Ich tastete nach meinem Messer an der Seite, aber es war nicht da.

Kurz bevor sie bei mir angekommen war, erkannte ich, dass es Nathan war und atmete erleichtert auf. Er blieb vor mir stehen, sah sich nach allen Seiten um, als würde er überall Spione erwarten, die jeden Moment über uns herfallen könnten.

Ich packte den Jungen an der Schulter, damit er wieder den Blick mir zuwandte.

„Lukes", murmelte ich schwach. Meine Beine schienen mir schon wieder den Dienst zu verweigern und in meinem Kopf drehte sich alles. Nathan sah mich kurz verwirrt an, bevor sich sein Blick festigte.

Er packte meinen Arm und legte ihn um seine Schulter. So stützte er mich, während wir den Gang entlang liefen. Mir kam er ewig vor, als würde er niemals enden. Oder wir nur in Zeitlupe vorwärts taumeln.

Wir liefen mehrere Gänge entlang und ich spürte, wie mich immer mehr meine Kraft verließ. Meine Beine zitterten unter meinem Gewicht und wenn Nathan mich nicht gestützt hätte, wäre ich zusammengeklappt und einfach nur auf den kalten Steinboden gesunken.

Nathan murmelte etwas in seiner Sprache und endlich hielten wir vor einer Türe. Ich war mir nicht mehr so sicher, ob das eine gute Idee von mir gewesen war hierher zu kommen, da ich mich so ausgelaugt und schwach fühlte, dass ich kein ernstes Gespräch mehr würde führen können.

Nathan setzte mich sanft auf den Boden neben der Türe ab und gab mir ein Zeichen, dass ich warten solle, bis er mich hole.

Ich nickte schwach und er klopfte an die Türe neben mir. Als niemand antwortete, trat Nathan einfach vorsichtig ein und schloss die Türe hinter sich.

Ich lehnte meinen Kopf, gegen die kühle Wand und versuchte das Brennen auf meiner rechten Seite, wo ich geschlagen worden war, zu unterdrücken, während ich zwanghaft versuchte das Hämmern in meinem Kopf zu vertreiben.

Es wurde nur noch schlimmer.

Ich wünschte mich nur noch in das Bett zurück, aus dem ich dummerweise gekrochen war. Ich schloss müde die Augen und driftete langsam in die Dunkelheit ab, die mich wieder umschloss.

Plötzlich wurde die Türe aufgerissen. Ich spürte starke Arme die mich packten und hoch hoben. Dann sank mein Kopf gegen eine warme Brust, in der ein Herz gegen den Brustkorb zu krachen schien und warmen Atem, der über meine Haare und die Kopfhaut strich.

Lukes!

Ich versuchte die schweren Augenlider zu heben und öffnete den Mund um irgendetwas zu sagen, doch es kam kein Ton heraus. Ich spürte, wie Lukes mich in das Zimmer trug und die Türe geschlossen wurde.

Lukes legte mich auf etwas Weichem ab und ich begann augenblicklich zu frieren, als seine warmen, starken Arme mich nicht mehr hielten. Ich hörte wie er weglief und kurz darauf wieder kam. Er legte eine warme Decke um mich und wickelte mich darin feste ein, bevor er seine Arme wieder um mich schlang und mich an sich drückte. Er murmelte etwas, was ich aber nicht verstehen konnte.

Ich war doch zu ihm gekommen um Antworten zu bekommen und nicht wie ein krankes Kind verhätschelt zu werden. Da hätte ich genauso gut bei Adam bleiben können. Wenn es überhaupt Adam gewesen war. Doch zumindest war er mal bei mir gewesen. Das wusste ich noch.

Die Dunkelheit um mich herum drang immer mehr in mich ein und breitete sich aus. Ich hatte keine Kraft um mich weiter dagegen zu wehren.

ForgottenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt