Kapitel 31

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Ich starrte in die Flammen, die Lukes gerade mit einigen weiteren Holzscheiten gefüttert hatte und die diese jetzt zu verschlingen schienen. Wie die Dunkelheit mich verschlang. Der einzige unterschied war nur das hier das Licht fraß und nicht die Dunkelheit.

Bisher hatte ich das Feuer immer als etwas betrachtet, dass mich wärmte und Licht ins Dunkel brachte. Aber wenn man nicht aufpasste...

Funken stoben auf. Ich folgte ihnen mit meinem Blick, bis sie in dem Kaminschacht verschwunden waren. Wo dieser wohl endete? Würden die kleinen Funken einen Weg nach draußen finden? Bestimmt waren sie bis sie nach draußen kamen, sowieso verglüht. Und wenn nicht, würde ihnen die Kälte draußen den Rest geben.

„Was ist mit dem Brief?", ich wendete meinen Blick von den Flammen.

Er zog eine Augenbraue hoch und sah mich fragend an.

Wow! Sehr schlau gemacht, Ilai... Edana. Du gibst so doch nur zu, dass du in seinen privaten Sachen herumgeschnüffelt hast.

Ich überlegte einen Moment einfach abzuwinken, aber jetzt hatte ich das Thema angeschnitten. Außerdem war der Brief an mich gerichtet gewesen. Da müsste es doch mein Recht sein, ihn zurückzufordern.

„Ich habe einen Brief in dem Buch deiner Mutter gefunden. Er war von meinem Vater, an mich, Edana, adressiert."

Ein überraschter Ausdruck huschte über sein Gesicht, bevor er wieder seine gekonnte, feste Miene aufsetzte.

„Du hast das Buch meiner Mutter angesehen?", seine Stimme hörte sich so gezwungen ruhig an, dass mir sofort klar wurde, dass er niemand an das Buch seiner Mutter gelassen hätte. Umso komischer fand ich es, dass er dann darin einen Brief von meinem Vater aufbewahrte.

Ich warf ihm einen niedergeschlagenen Blick zu. Ich wollte eigentlich gar nicht schnüffeln.

„Mir war langweilig und Lois hat mir verboten nach unten zu gehen, solange ihr dort alle mit diesem Boten geredet habt. Er hat gemeint, dass du und Adam es nicht mögt, wenn jemand Fremdes in eurer Wohnung ist, aber Lois hat mich mit rein genommen, weil er mir seine... seinen Schatz zeigen wollte."

Fast hätte ich Lois Schatz verraten. Asche auf mein Haupt!

Lukes schüttelte lachend den Kopf: „Dieser Junge! Da kann man genauso gut gegen eine Wand sprechen."

Ich lächelte auch, als ich an Lois verwuschelten blonden Schopf und seine großen, weit aufgerissenen Augen in dem dreckigen Gesicht denken musste. Ob ich ihn wohl jemals wieder sehen würde? Und die Zwillinge, Shannon und Sheyla? Oder Amy?

„Hast du ihn gelesen?", Luke sah mich mit gerunzelter Stirn an und es war nichts mehr von den Grübchen und dem Lächeln zu finden.

Ich schüttelte den Kopf: „Nein, nur gesehen von wem und für wen er ist. Ich dachte deine Mutter heißt Edana und habe gedacht, dass sie mit Charlié eine heimliche Liebesaffäre hatte und dein Vater ihn deshalb..."

Ich riss erschrocken die Augen auf, als mir bewusst wurde, was ich eigentlich sagte. Charlié, mein Vater, wurde von Adam umgebracht?! Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht, als Lukes mir von Charlié erzählt hatte.

Auf einmal wurde mir übel und ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Ich beugte mich nach vorne und vergrub meine aufgestützten Hände in meinen Haaren. Es wäre eine Sache, wenn er tot wäre, aber eine andere war es, wenn er umgebracht wurde. Und nun saß ich hier, die Tochter des Opfers bei dem Sohn des Mörders und noch schlimmer, hegte auch noch Gefühle für ihn.

Lukes musste mir angesehen haben, was in mir passiert war und war mit zwei langen Schritten bei mir. Er kniet sich vor mich auf den Boden und legte mir beschwichtigend eine Hand in den Nacken.

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