Wandelnde Tote

1.4K 95 15
                                    


Laute Stimmen an Deck weckten mich. Jack neben mir schnarchte. Eine Schlacht? Ich rüttelte hektisch an Jack.

„Wach auf!"

Er setzte sich träge auf. „Liebes?"

Ich legte einen Finger auf die Lippen und er hielt inne. Schnelle Schritte waren nun zu hören welche sich unserer Tür näherten. Die Rufe von Deck hatten nicht aufgehört. Jack sprang auf.

Die Tür wurde aufgerissen, Jack zog einen Degen, Gibbs starrte uns – sowie den auf ihn gerichteten Degen – verstört an.

„Master Gibbs?!" Langsam senkte Jack den Degen.

„Das müsst ihr euch ansehen!"

Mit schnellen Schritten folgten wir Gibbs an Deck. Es war mitten in der Nacht. Die Wolken waren dicht und kein Stern schien hindurch. Doch trotzdem war es hell. Das Licht kam vom Wasser. Von Booten mit kleinen Lämpchen.

Ich erstarrte an Ort und Stelle. Unwissende, ängstliche, verwirrte und leere Augen sahen zu unserem Schiff hoch. In mehreren kleinen Booten schwammen sie wie eine Flotte aus Toten an uns vorbei.

„Das sind die Schiffe aus Davy Jones Reich!", rief Gibbs meine Gedanken aus.

„Die wandelnden Toten.", murmelte eine Stimme aus der Crew ehrfurchtsvoll. „Was hat das zu bedeuten?"

Jack sah mit verengten Augen über die Reling, dann drehte er sich zu uns. „Sind wir tot?", fragte er völlig unverblümt. „Wir sind doch nicht tot? Wann sollte das denn passiert sein?! Kann man sich als Toter überhaupt fragen ob man tot ist? Ich glaube Tote fragen sich nicht ob sie tot sind, aber wir fragen es uns, also sind wir nicht tot. Verstehe... Klarer Fall von Fatamorgana."

Jack drehte sich grinsend wieder zurück und wollte wieder unter Deck marschieren.

„Eine Fatamorgana mitten in der Nacht?", hielt ich ihn auf.

Er zögerte. „Wer weiß."

„Jack da ist irgendetwas faul!"

Die Crew geriet in Auffuhr. „Und wenn wir doch in Davy Jones Reich sind?" „Wills Reich." „Sind wir tot?" „Hat uns jemand einen Streich gespielt?"

„Will." Ich sah zu den Schiffen, dann auffordernd zu Jack. „Was, wenn Will etwas passiert ist?"

„Will? Dem passiert doch dauernd irgendwas. Er hat jetzt ein Schiff und eine Crew, Verantwortung. Er wird schon klar kommen." Erneut startete Jack den Versuch unter Deck zu verschwinden.

„Jack. Bitte. Was macht es schon aus wenn wir ihn mal aufsuchen?"

„Wir sind auf der Suche nach der Insel.", hielt Jack störrisch dagegen.

„Die es nicht gibt. Also?"

Wir lieferten uns einen Anstarrwettbewerb. Dann seufzte Jack. „In Ordnung, suchen wir diesen neunmalklugen Schmied."

Ein kleines erleichtertes lächeln stahl sich in mein Gesicht. Dann wandte ich mich beunruhigt wieder den Schiffen zu. Was hatte das nur zu bedeuten? Eine Lücke zwischen der Totenwelt und der Lebenden? Wie konnte das sein?

------------------

„Wie hast du dir das eigentlich vorgestellt, einfach mal ein paar Meilen weiter Westlich segeln und dann taucht urplötzlich Will vor uns auf?", fragte mich Jack.

Ich biss mir auf die Lippe. „Ich weiß doch auch nicht wo er sich befindet."

Die Sonne war soeben aufgegangen und ließ das Wasser glitzern.

„Dann sollten wir aufhören ihn zu suchen. Sonst werden wir noch ewig auf dem Ozean umherirren ohne ihm je wieder zu begegnen."

„Ich weiß...", gab ich zu. Es würde Ewigkeiten dauern ihn zu finden. Mir kam eine Idee. „Dann suchen wir eben Lizzy auf!"

Jack sah mich an und verzog das Gesicht. „Hmpf."

Ich verdrehte die Augen. „Bei ihr müssen wir schließlich gar nicht suchen." Denn wir wussten genau wo sie lebte. Verrückterweise hatte sie uns gelegentlich – wohl eher sehr selten – Nachrichten zu kommen lassen.

„Meinetwegen, aber nur ausnahmsweise.", murrte Jack. Ich grinste ihn an. Jack gab den Kurs durch und ich ließ meinen Blick über den Ozean schweifen.

Will.

Was war passiert?

------------------------------------------

„Da vorne ist es!", rief eine Stimme über Deck. Ich erwachte aus meinen Überlegungen und sah von meinen Notizen auf. Direkt vor uns war die Küste an der sich Lizzy niedergelassen hatte. Die steile Klippe wirkte abwehrend. Der Sandstrand glich Gold. Wind wirbelte ihn auf.

„Und sie wohnt dort ganz oben irgendwo?", fragte Jack.

„Jap... wir werden wohl als erstes einen Weg nach oben finden müssen."

„Captain! Dort oben steht jemand!" Gibbs kam zu uns geeilt und zeigte hoch zu den Klippen.

Jack stutze, zog sein Fernglas und sah hindurch. Neutral ließ er es senken.

Gespannt sah ich ihn an. „Wer ist es?"

Jack zuckte mit den Schultern. „Nur ein Junge."

„Ein... Junge?!", wiederholte ich verwirrt. „Lizzy schrieb doch, dass sie dort in näherer Umgebung keine Nachbarn hat..." Mein Mund blieb offen stehen. Meine Augen öffneten sich weit. „Sie hat einen Sohn!?"

Jack blinzelte, dann schrie er auf. „Bitte was?!"

„Wer soll es denn sonst sein?" Ich griff nach seinem Fernglas. „Lass mich mal sehen, hat er Ähnlichkeit mit den beiden? Vielleicht ein kleiner Will?"

Jack verzog den Mund. „Noch so einer?", murmelte er unzufrieden

Ich hielt mir das Fernglas ans Auge. „Huh?" Langsam ließ ich es die Klippe entlang schweifen. „Er ist weg."

„Wie auch immer, legen wir an!"

Nachdem wir der unangenehmen Idee – von Jack – die Klippe einfach nach oben zu klettern, durch einen glücklichen Fund eines Pfades ausschlagen konnten, fühlte ich das wir unserem Ziel näher kamen. Ein merkwürdiges Gefühl kam in mir hoch, wenn ich daran dachte, dass wir Lizzy gleich gegenüber stehen würden. Einerseits war die Freude natürlich groß. So viel hatten wir miteinander durchgemacht. Sie war eine gute Freundin. Ich mochte sie... aber andererseits, sie hatte Jack sterben lassen. Uns alle angelogen. Wenn es darum ging ihr eigenes Ziel zu verfolgen, war Lizzy wohl genau wie Will. Passt ja.

Am Ende des Pfades schnauften wir alle um die Wette. Ich sah zu Jack.

„Und du wolltest klettern.", prustete ich.

Er streckte die Brust heraus und holte tief Luft. „Wäre der schnellere Weg gewesen!", meinte er, dann sah er wieder nach vorn. Vor uns erstreckte sich eine weite Wiese. Kniehohes Graß wehte im Wind, bunte Blüten wuchsen hier und da. In der Mitte ein Häuschen. An der Holztür hing ein Schild. Vor den Fenstern hingen Gardinen. Aus dem Schornstein quoll Rauch.

War das wirklich Lizzy's Zuhause?


Wieder relativ kurz... aber anders schaffe ich es zurzeit nicht....

Aber das ist ja jetzt auch egal, hauptsache wieder ein Update :D

Euch noch 'nen guten Tag ;D <3

Fluch der Karibik - An der Seite des CaptainsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt