Kapitel 3

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Seit diesem einen Tag war unsere Bruder zu Bruder Beziehung beendet und wir sprachen so gut wie nie miteinander. Auch wenn Sven es ab und zu wider versuchte, ich wehrte alle Anläufe seiner Seite ab und redete nur das nötigste mit ihm.

Ich musste ihn wohl angestarrt haben, denn Sven kam mit zögernden Schritten auf mich zu und Fragte:"Ist alles Ok bei dir, du siehst so abwesend aus?" "Jaja, alles ok!" Ich antwortete ihm hektisch und ging dann in schnellem Tempo ein paar Schritte von ihm Weg. Stattdessen nahm ich mir jetzt die Zeit das untere Stockwerk unseres neuen Heims ein bisschen näher zu betrachten. Gerade aus vor mir erstreckte sich eine Marmortreppe auf beiden Seiten des Raumes Halbkreisförmig nach oben, darunter waren zwei große Kiefernholztüren die wahrscheinlich in das neue Wohnzimmer führten. Wenn ich den Kopf nach links oder rechts drehte, konnte ich einmal das neue Arbeitszimmer von Dad und Silvie und das andere Mal das Empfangszimmer sehen. Silvie fing wieder an zu reden und wir folgten ihren Wörter aufmerksam, wie wir es immer machten wenn jemand sprach "Oben sind die Schlafzimmer, unseres ist das erste links, Tabuzone für euch! Dann kommt Benni, in der Mitte ist Maxs Zimmer, danach Sven und ganz rechts Paulina. Zwischen Max und Benis Zimmern ist ein Gästezimmer und auf der anderen Seite, ist zwischen Svens und Paulinas Zimmern ebenfalls eines." mit einer eleganten Handbewegung beendete sie ihre Erklärung und gab uns somit frei zu gehen.

Obwohl wir alle mehr oder weniger erwachsen waren, veranstalteten wir ein Wettrennen, wer als erstes bei seiner Zimmertüre war. Das Rennen war aber ziemlich unfair, da die Zimmer in einem Halbkreis angeordnet waren und ich so den längsten weg hatte während Paulina nur die erste Tür rechts nehmen musste. Trotzdem gewann nicht sie sondern Sven, da er schon immer am schnellsten war. "Gewonnen!" er hüpfte auf und ab wie ein kleines Kind während Paulina nur deprimiert zu ihrer Tür schlürfte. Sie nahm sich immer alles viel zu sehr zu Herzen. Ich ging in normalem Tempo den restlichen weg zu meinem Zimmer. Als ich die Tür öffnete, war das erste was ich sah eine Glasfront, die die gesamt gegenüber gelegene Wand einnahm. An beiden Seiten war jeweils ein zwei Meter hohes und ein Meter breites Fenster eingelassen, aber so, dass man es fast nicht sah. Durch das Fenster konnte ich ein kleines Dorf sehen, das ungefähr fünfhundert Meter von unserem Haus weg war. Langsam näherte ich mich der Scheibe und sah direkt auf den Dorfplatz. Anscheinend war dort heute ein Flohmarkt oder ähnliches, denn es standen, soweit ich das aus dieser Entfernung erkennen konnte um die 20 Stände herum. Ein paar Menschen gingen herum wie kleine Ameisen, andere sahen sich die Stände an und die Kinder spielten auf einer Wiese gleich daneben.

Es würde mir Spaß machen sie zu beobachten und mir dabei allerhand Gedanken zu machen, denn es gefiel mir das sie nicht wussten das ich ihnen zusah. Eine Weile sah ich den Menschen noch zu, dann besah ich mir mein Zimmer näher. Es hatte eine hohe Decke, also würde ich wahrscheinlich ein Hochbett haben. Ich konnte es überhaupt nicht haben zu viel Raum über mir zu haben. Als hätten sie es geahnt lag in der Ecke Rechts von der Tür eine Matratze die mich dazu Einlud mich mit Klamotten darauf fallen zu lassen und die nächsten 42 Stunden durch zu schlafen. Jedoch gab ich dieser Versuchung nicht nach sondern sah mir erst noch die zwei Räume an, die direkt an mein Zimmer angrenzten.

Die Tür rechts führte zu einem Badezimmer, das ebenfalls eine Glasfront am Ende hatte, davor war eine riesige Badewanne. Das Bad allgemein war riesengroß. In der Ecke hinter mir war eine Regendusche, an der Wand Links stand eine Kommode mit Waschbecken und Spiegel. Eine weitere kleine Tür führte zum Klo, das war alles wirklich viel zu groß für mich. Ich ging zurück in mein Zimmer und nahm dieses Mal die andere Tür, die in einem begehbaren Kleiderschrank führte. Er war viel zu groß für meine wenigen Klamotten und vielleicht konnte ich hier ja meine Zeichen und Malsachen verstauen, ich hatte wirklich eine ganze Menge an Stiften, Blöcken, Farben, Leinwänden und Pinseln.

"Max? Viktor hat gesagt ich soll dir deinen Koffer bringen." alleine von seinen Ausdrücken her konnte es nur Sven sein, er nannte auch seine Mutter wenn er mit andern sprach nicht Mutter sondern Silvie. "Max? Bist du da? Ich habe dein Handgepäck auch dabei, du hast es vergessen." Die Stimme war näher gekommen und als ich mich umdrehte sah ich einen freundlich lächelnden Sven, der meinen Rucksack in der einen und meinen Koffer in der anderen Hand hatte. "Ja, danke." ich nahm ihm die beiden Dinge ab und legte den Koffer auf den Boden. Den Rucksack behielt ich in der Hand. Sven war gerade dabei sich in meinem Zimmer umzusehen "Schöne Aussicht, von meinem Zimmer aus sieht man das Dorf und das Meer. Ich habe Silvie gesagt das du wahrscheinlich lieber das Dorf sehen würdest, war das gut so?" er lächelte wieder sein typisches Sven lächeln von früher das ich immer so geliebt hatte. Manchmal wünschte ich alles würde noch so sein wie damals. Dann würde ich heute in einem Bett schlafen, denn Svens Einrichtung war schon komplett da. "Jaja" ich wand mich schnell ab um mich nicht wieder in der schrecklichen wärme seiner schokoladenbraunen Augen zu verlieren. "Möchtest du dir mein Zimmer ansehen?" in seiner Stimme lag Hoffnung, wenig, aber ich konnte sie heraus hören. Kurz überlegte ich ob ich das Angebot annehmen sollte, entschied mich aber dagegen. Ich wollte nichts mit einem schwulen zu tun haben.

Versteht mich nicht falsch, ich habe nichts gegen schwule, ich finde es nur nicht gut dass sie dasselbe Geschlecht lieben.

"Nein, danke!" vielleicht hatte ich diese Worte gerade ein bisschen zu unfreundlich gesagt, denn Sven drehte sich um und ging zur Tür "Ok, ich geh dann lieber." aus seiner Stimme war die Enttäuschung herauszuhören. Eigentlich wollte ich noch etwas sagen, aber er war schon weg und wenn ich ihm nachrennen würde, könnte er vielleicht danken er würde mir etwas bedeuten, und das tat er keineswegs!

Stattdessen begann ich nun damit meinen Rucksack auszupacken. Das erste, und auch das wichtigste das ich hervorholte war ein kleiner Teddybär. Ich hatte ihn damals von Sven bekommen, als sie gerade bei uns Eingezogen waren. Damals war ich zehn und ohne ihn konnte ich nicht richtig schlafen. Ganz vorsichtig trug ich ihn zu meiner Matratze und legte ihn neben das Kopfkissen das schon da lag. Den Rest legte ich einfach auf den Boden, ich würde ihn Morgen oder später einfach in den Kleiderschrank legen. Dann ließ ich mich mitsamt meiner Kleidung auf meine Matratze fallen und sofort war ich eingeschlafen.

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Nicht Gerade EinfachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt