Kapitel 19

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Wir saßen in der Badewanne, ich zwischen Svens Beinen, mit dem Kopf zurück an seine Brust gelehnt und er hatte einen Arm um mich geschlungen, mit dem er mich an sich drückte. Ich war traurig, denn morgen waren die Ferien vorbei. Sie waren vergangen wie im Flug, wir hatten viel zusammen gemacht, einfach nur das Leben genossen und Spaß gehabt. Mit Abstand das schönste war jedoch, als wir mit dem Auto von hier nach Brüssel gefahren sind. Obwohl wir nicht wussten, was wir dort machen sollten, und obwohl wir nichts dabei hatten außer frischer Unterwäsche, Deo, Geld und jeder Menge unserer Lieblings CDs war es bis jetzt mit Abstand der beste Urlaub meines Lebens. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so einen großen Spaß hatte. Auch bei Paulina war alles toll. Sie und Ray unternahmen viel zusammen, auch wenn sie nicht so oft und weit von Zuhause weg waren wie wir beide. Aber das lag wahrscheinlich auch daran das Sven und ich einfacheine unersättliche Reiselust hatten, und wir, wenn wir zu lange an einem Fleck blieben, Fernweh bekamen. Ich seufzte. Das mit dem Wegfahren würde die nächste Zeit äußerst schwierig werden. Denn Sven musste wieder arbeiten und ich musste wieder in die Schule. Dad würde uns am Wochenende wahrscheinlich nicht wegfahren lassen, immerhin konnte er sich nicht sicher sein das Sven mich pünktlich, oder überhaupt, in der Schule abliefern würde. Außerdem wusste er ja nicht was wir so trieben. Er hatte ja keine Chance uns zu kontrollieren, eigentlich könnten wir alles möglich anstellen. Aber davor brauchte er sich nicht fürchten. Sven wollte sowieso keinen Sex mit mir haben. Paulina meinte es läge daran das er Angst hätte mir weh zu tun, was auch Svens Erklärung war. Mein Argument, das ich doch ein Junge war und somit einiges aushalten konnte, wurde mit einem Lächeln abgetan und stand danach nicht mehr zur Diskussion.

Insgesamt waren meine Ferien zwar ereignisreich, aber auch anstrengend gewesen, und so genoss ich die Entspannung, die ich jetzt hatte. Es war einer der Moment, die ich so an der gemeinsamen Zeit mit Sven genoss. Wir lagen uns in den Armen, atmeten im Gleichtakt und hingen unseren Gedanken nach. Es war einfach perfekt und ich würde es wie es war am liebsten für immer beibehalten. Aber es drängten sich immer wieder auch andere Gedanken in meinen Kopf. Zum Beispiel dachte ich an morgen, mein erster Schultag an der neuen Schule stand bevor und ich kannte niemanden außer Ray, denn Paulina ging nicht auf unsere Schule. Denn währen dich mich von Anfang an für das Abitur entschieden hatte, war Paulina auf eine Realschule gegangen und ging jetzt auf die Fachoberschule. Dort würde sie zwar ein Jahr später als ich fertig sein, hatte dann aber trotzdem das Abitur. Aber viel mehr Sorgen als um die Leute die ich kannte, machte ich mir darum, ob meine neuen Mitschüler meine Sexualität auch wirklich so aufnehmen würden wie ich es mir erhoffte. Vielleicht würden sie es ja auch überhaupt nicht akzeptieren und ich würde niemals wirklich Freunde finden. Aber ich hatte mir vorgenommen meine Beziehung mit Sven öffentlich zu zeigen. Es war toll Beziehung sagen zu können. Seit genau einundzwanzig Tagen waren wir nun offiziell zusammen. Meine und auch seine alten Freunde wussten davon, und die meisten nahmen es auch so hin. Natürlich gab es auch ein paar die mir sofort die Freundschaft gekündigt hatten, aber Menschen kommen und gehen und bei so einer Sache merkt man erst wer die waren Freunde sind. Einer meiner besten Freunde hatte gesagt er müsse erst darüber nachdenken. Zuerst war ich ihm böse, aber ich konnte ihn auch verstehen und mittlerweile war er auch zu dem Schluss gekommen, das es ihm nichts ausmachte das ich jetzt mit meinem Stiefbruder zusammen war. Das war mitunter der häufigste Kritikpunkt. Das war ja verwandt wahren. Aber rechtlich war daran nichts Schlimmes oder verbotenes. Es wäre nur scheiße wenn wir uns trennen würden. Aber ich hoffe dass das nicht passieren wird. Der zweithäufigste Kritikpunkt war der Altersunterschied. Natürlich war Sven vier Jahre älter als ich, aber es gab doch viel Schlimmeres! Silvie war zwölf Jahre jünger als Dad, und sie war trotzdem glücklich mit ihm. Und im Gegensatz dazu waren Svens vier Jahre mehr auch kein Thema. „Über was denkst du nach Kleiner?" Svens Stimme war sanft und tief und ich genoss ihren brummigen Klang „Über uns." Die Antwort war kurz, genügte Sven aber anscheinend und so fragte er nicht weiter nach, sondern lehnte seinen Kopf gegen den meinen.

„Und? Seid ihr aufgeregt?" Silvie stellte gerade einen Teller Pfannkuchen auf den Tisch, wovon Paulina und Benni sich sofort welche nahmen, ich allerdings konnte nichts essen. „NÖ!" in dieser Sache waren sich die beiden anderen einig, sie hatten keine Angst, sie hatten den Selbstsicheren Charakter ihrer Mütter bekommen. Noch eine Sache in der sich meine Mutter und Silvie extrem ähnlich waren. Man musste sich die beiden nur einmal ansehen und man wusste auf welchen Typ Frau mein Vaterstand. Vom Aussehen her waren sich die beiden in keinem Punktähnlich. Silvie war im Gegensatz zu meiner Mutter eher kräftig gebaut und war gerade einmal 1.60 groß. Aber im Charakter waren sie fast gleich. Beide hatten viel Selbstvertrauen, waren frech, fürsorglich und direkt. All diese Eigenschaften waren Fluch und Segen zugleich. Aber manchmal konnte man auch einen Blick in das innere dieser Frauen schauen, und dann bekam man eine sehr verletzliche und auch in sich gekehrte Person zu Gesicht. Das war zum Beispiel der Fall gewesen als Silvie mit Benni schwanger war. Sie verbrachte sehr viel Zeit alleine. Vielleicht erinnerte es sie an ihre erste Schwangerschaft? Das einzige das ich darüber wusste, war das Svens Vater sie verlassen hatte als sie ihm von der Schwangerschaft erzählt hatte und sich auch nach der Geburt nicht mehr gemeldet hatte. Ich konnte mir gut vorstellen das sie in dieser Zeit sehr einsam und verzweifelt war, immerhin war es sicherlich nicht leicht für eine fünfzehnjährige, ihre Zukunft für ein Kind aufzugeben. Aber sie hatte es ja eigentlich gut überstanden. Immerhin war sie jetzt glücklich, und betonte immer wieder dass sie es nicht bereute Sven auf die Welt gebracht zu haben. Und ich konnte sie voll und ganz verstehen. Auch wenn er seine Eigenarten hatte und auch manchmal tagelang nicht ansprechbar war, konnte keiner von uns behaupten das es unnütz oder ähnliches war. Für mich war es mein Bruder, zweiter Vater und jetzt auch noch Freund zusammen. Er war extrem wichtig für mich geworden. Vielleicht sollte ich Silvie einfach mal dafür danken das sie uns einen so tollen Menschen nicht vorenthalten hatte. Aber darüber konnte ich mir ja später auch noch Gedanken machen, denn wenn Paulina und Benni endlich mit dem Essen fertig werden würden, würden wir schon fahren müssen. Eigentlich könnte ich die Anspannung ja auch damit kompensieren mich an Sven zu schmiegen, aber der hatte sich gedacht er musste heute mit Dad in die Firma fahren um dort schon um halb sieben das Arbeiten zu beginnen. Aber immerhin hatte er noch Zeit gefunden, mich vor dem Aufstehen solange mit Küsschen und Liebkosungen zu überhäufen, das ich überall oberhalb des Bauches mit kleinen roten Flecken übersät war, die, Gott sei Dank, größtenteils nach kurzer Zeit wieder verschwanden. Übrig blieben bloß ein paar kleine Fleckchen auf meinem Hals und meinen Schulterblättern, die aber auch bald vollständig verblasst sein würden. Das hoffte ich zumindest. „Max! Wir wollen fahren!" Paulina wedelte mir mit der Hand vor dem Gesicht herum. „Jaja" ich stand auf, räumte meinen sauberen Teller wieder in den Geschirrschrank, schnappte mir meine Schultasche und ging dann gemeinsam mit Paulina nach draußen, wo Silvie und Benni schon im Auto auf uns warteten, damit wir in die Schule fahren konnten.


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Nicht Gerade EinfachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt