Missmutig stapfte ich zurück ins Wohnzimmer. Darin erwartete Alex mich schon. Ich war bis gerade bei Zacharia gewesen und hatte meine Stunde bei ihr abgesessen. Sie hielt mir einen langen Vortrag, wie wichtig es sei, sich ausdrucksvoll zu bewegen und immer präsent und höflich zu sein. Meiner Meinung nach war höflich eine deutliche Untertreibung für ihr affektiertes Getue. Danach musste ich das Ganze selber mal üben und bestimmte Schritte gefühlte tausendmal wiederholen, doch ich schaffte es nie, se zufrieden zu stellen. Wutschnaubend stand ich jetzt vor Alex, welcher fragend die Augenbrauen hochzog.
"Was ist los? Du siehst ein wenig genervt aus.", er lachte leise und zwinkerte mir zu.
"Diese Frau! Zacharia macht mich verrückt! Alles weiß sie besser mit ihrem Palaver!", fauchte ich agressiv und starrte die Wand an.
"Nun da bist du nicht die einzige. Zacharia macht öfters Leute verrückt.", lachte Alex grinsend und lehnte sich entspannt zurück. Genervt setzte ich mich auf die ihm gegenüber liegende Couch und verschränkte missmutig die Arme.
"Und wo willst du jetzt drüber reden?"
"Nun ich möchte einfach mehr über dich erfahren. Lass uns einfach mal ein bisschen reden."
"Gut. Dann rede von mir aus.", murmelte ich schulterzuckend und zog eine entnervte Schnute.
"Warum bist du So kalt zu deinem Bruder? Du behandelst ihn wie einen normalen Mittribut, den du nicht magst.", fragte er nun ernster und schaute mich verständnislos an.
"So ist es ja auch. Er ist ein Mittribut, den ich nicht mag.", entgegnete ich und zuckte wieder mit den Schultern.
"Aber er ist dein Bruder, Nina. Das solltest du nicht außer Acht lassen."
"Für mich ist er schon lange kein Bruder mehr!", spuckte ich die wahren Worte darauf aus.
"Warum? Was ist zwischen euch denn so Schlimmes vorgefallen? Was kann so schlimm sein, dass es Bruder und Schwester trennt?"
"Warum sollte ich das jemandem aus dem Kapitol sagen? Die wissen doch nicht, wie das echte Leben ist!"
Das traf ihn hart. Ohne es gewollt zu haben, hatte ich voll ins Schwarze getroffen. Ich sah den Schmerz in seinen Augen, Schuldgefühle blitzten auf, aber auch Wut baute sich in ihm auf. Betroffen senkte er den Blick und schaute auf den Boden. Man sah, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten und er den Kiefer anspannte.
"Tut mir leid.", sagte ich leise, nur aus dem Reflex heraus.
"Weißt du, es nicht schön ein Mentor zu sein. Es ist nicht schön, jedes Jahr aufs neue Kindern beizubringen, wie sie Gleichaltrige am Besten töten können. Dass sie immer eine stolze Maske aufbehalten sollen und viel zu schnell erwachsen werden müssen. Dass ihr Leben viel zu kurz ist.", erklärte er mir traurig, aber auch wütend.
Darauf erzählte ich es. Ich erzählte ihm, dass meine Brüder von Anfang an zu Tötungsmaschinen ausgebildet wurden, dass Sam immer davon tgeträumt hatte, ausgelost zu werden. Dass soviele anderen auch damit prahlten, ein Karriero zu sein. Dass meine Mutter immer ein großes, freudiges Spektakel aus der Ernte machte, und meine Brüder mehr liebte als mich. Dass ich fast keine Freunde hatte, weil ich kein Karriero war und dass ich dieses ganze etue um die Arena und die ganzen Extrawünsche des Kapitols nicht mehr abkonnte. Es brach einfach aus mir heraus.
"... das ist der Grund, weshalb ich so distanziert zu meinem Bruder bin, weil ich seine Kapitolverehrung hasse! Ich bin einfach enttäuscht von ihm. ", fügte ich schließlich nach einer kurzen Pause hinzu.
"Ich kann dich vollkommen verstehen, Nina. Genau so sehe ich es ja auch. Ich bin niemand der das Kapitol verehrt. Glaubst du, ich liebe die Hungerspiele? Nein.", entwortete er darauf und lachte sarkastisch. "Aber ich glaube, dass dein Bruder sehr traurig darüber ist, dass du ihn so gut wie ignorierst und ihm kaum Beachtung schenkst. Er fragt sich was er falsch macht."
"Nun er hat es ehrlich gesagt nicht anders verdient. Wenn er mal richtig die Augen aufmachen würde und den Ernst der Lage um ihn herum erkennen würde, dann würde er selber darauf kommen."
"Ich weiß, das du das nicht bist, Nina. Du bist keine Person, die Andere eiskalt ignoriert.", erklärte er sanft.
Da hielt ich es nicht mehr aus und fiel in seine Arme.
"Er hat mich geschlagen!", flüsterte ich.
Darauf nahm er mich sanft in die Arme. Schluchzend lehnte ich mich an ihn. Mein Leben war am Arsch. Ich konnte es immer och nicht fassen, dass es tatsächlich mein jüngerer Bruder war, der mich schlug. Doch Alex gab mir Zeit, mich wieder zu fassen und mir die Tränen aus den Augen zu reiben.
Als ich mich soweit wieder gefasst hatte, schob er mich von sich und sagte: "Na komm, dann besprechen wir jetzt mal deine Taktik in der Arena, damit du wieder zurück zu deiner besten Freundin Mela kannst."
Überrascht fragte ich: "Woher weißt du, dass Mela meine beste Freundin ist?"
"Man hat so seine Quellen", grinste Alex mich an und fügte, als er meinen Gesichtsausdruck sah, hinzu: "Ich hab gesehen wie du sie angefügt hast und wie sie in deinen Gesprächsraum nach der Ernte gegangen ist."
"Aha.", sagte ich kurz angebunden und war immer noch nicht so ganz überzeugt von seiner Aussage. "Also was schlägst du für meine 'Taktik' vor?"
"Ich würde sagen, du solltest als bescheidenes, schüchternes Mädchen rüberkommen, was sein eigenes Ding durchzieht und sich später als ziemlich clever entpuppt. Wie findest du das?"
"Hört sich gut an", grinste ich ihn an und er grinst zurück.
Denn wir beide wussten, dass ich weder schüchtern noch bescheiden war...
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Danke für alle Votes und kommis, und vor allen Dingen für meine tollen Leser! Ihr seid die besten!:)
LG Paula
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Rebellion - Die Tribute von Panem
FanficNina ist 16 Jahre alt und lebt in Distrikt 2. Im Gegensatz zu den meisten anderen in ihrem Distrikt verabscheut sie die Hungerspiele und hasst Karrieros. An ihrer fünften Ernte wird sie doch tatsächlich aus tausenden ausgelost und muss in die Aren...