This Is Us + Megan

Klappe 10: Glasgow ~ Fahrstuhlfahrt in die Schlachterei

 „Oh mein Gott.“ Meine Augen weiteten sich und überflogen die gesamte Umgebung. Doch das Einzige, das ich wahrnahm, waren Mädchen. Kleine, große, dünne, dicke, schreiende, heulende oder essende Mädchen, die die ganze Straße einnahmen. Nun war ich mir wirklich sicher, dass man Directioner mit Zombies gleichsetzen konnte, nur dass Directioner nicht von dem Durst nach Blut gelenkt wurden, sondern von One Direction. Man konnte nur hoffen, dass die Fans Aufmerksamkeit wollten und nicht das Blut von ihren Idolen.

„Dad, die haben doch keine Kettensägen oder so dabei, um sich durch den Bus zu schneiden, oder?“, fragte ich skeptisch und beobachte eine Gruppe von Mädchen, die sich anscheinend als die Jungs verkleidet hatten. Aber One Direction würden wohl nicht mit Mädchen ausgehen, die genauso aussahen wie sie. Obwohl. Zayn betrachtete sich sehr oft im Spiegel, dass es gar nicht so abwegig wäre, dass er sich in sein Spiegelbild verliebt hatte. Ich fände es sogar irgendwie süß. Das wäre dann eine moderne Inszenierung des griechischen Mythos von Narziss. Dem ersten Mann, der sich in sein reflektiertes Spiegelbild im Wasser verguckt hatte.

Dad trat neben mich an das getönte Fenster und hielt die Kamera auf die Menschen. „Ich denke nicht. Sie haben ja wegen der ganzen Plakate und Schilder keine Hand mehr frei“, lachte mein Vater und ich verdrehte die Augen.

„Dad, hast du noch nie jemanden gesehen, der eine Kettensäge auch mit den Füßen halten kann? Aber wir müssen uns, denke ich, keine Sorgen machen. Schließlich wollen sie die Jungs“, lachte ich böse, klopfte meinem amüsiert dreinblickenden Vater auf die Schulter und setzte mich auf den Beifahrersitz neben den Busfahrer. Dieser versuchte sichtlich gestresst, dem Bus der Jungs vor uns zu folgen.

„Sind Sie nicht müde?“, fragte ich verwundert, mein Blick richtete sich aus dem Seitenfenster auf die ganzen Mädchen, die mir immer mehr Angst machten. Ihre verlangenden Blicke. Ihre angespannte Körperhaltung. Sie waren abhängige Monster, die nur von Bildern, Songs und Neuigkeiten von One Direction lebten und sich daran ergötzten.

Der Busfahrer seufzte kurz, ehe er den Kopf schüttelte. „Nein, ich bin es gewohnt, nachts zu fahren und gleich kann ich ja im Hotel schlafen“, meinte er konzentriert und lehnte sich weiter nach vorne, um die Fläche unmittelbar vor der Frontseite des Busses im Blick zu haben. Er hatte wahrscheinlich dieselbe Befürchtung wie ich, dass die Menschen den Spruch "jemandem zu Füßen (Reifen) liegen" zu wörtlich nahmen.

„Ganz ehrlich. Wenn ich Busfahrerin wäre und durch solche Straßen fahren müsste, wäre ich schon längst im Gefängnis, weil ich tausende Mädchen entweder durch mein Hupen taub gemacht oder sie lachend überfahren hätte“, gab ich grinsend zu und für einen Moment entspannten sich die Gesichtszüge des Busfahrers. „Ich kann vielleicht nicht Bus fahren, aber ich kann Ihnen durch meine witzige Art die Fahrt angenehmer machen." Bei dem Ausbleiben von Einwänden lehnte ich mich grinsend zurück in den bequemen Sitz.

Der Blick des Busfahrers zeigte plötzlich Irritation.  „Wir sind endlich angekommen oder was hast du gesagt?“

Darauf folgte nur ein Facepalm meinerseits.

„Megan? Kommst du mal?“

Mit mürrischem Blick sah ich über die Lehne des Sitzes nach hinten zu Dad.
„Wie heißt das Zauberwort, Dad?“

Er seufzte. „Megan. Kommst du mal, Burrito?“

Zufrieden erhob ich mich und stapfte in den hinteren Teil zu Dad, der sich bereits seine Jacke angezogen hatte.
„So, es ist besser, wenn du dich etwas versteckt anziehst.“

Ich verzog trotzig mein Gesicht und musterte die Sachen, die Dad mir entgegenstreckte. „Muss ich für ein paar Schritte zur Hoteltür gleich eine Jacke, eine Mütze und eine Sonnenbrille anziehen? Mit der Sonnenbrille ist meine Sicht eingeschränkt und ich könnte gegen ein Schild laufen, was daraufhin umkippt und dich umnietet. Willst du das, Dad? Willst du wirklich, dass deine Tochter wegen Mordes hinter Gitter kommt?“, dramatisierte ich die Situation und wich einen Schritt nach hinten, was Dad mit einem genervten Aufstöhnen quittierte. Seine Miene blieb unverändert.