„Wer ist da? ... Jessica? Ich kenne keine Jessica. ... Ach, du hast in der sechsten Klasse zwei Tischreihen hinter mir im Mathekurs gesessen? Interessant ... Und du hast mir mal auf der Toilette ‚Hallo' gesagt und mir in der Cafeteria eine Wasserflasche rübergereicht? ... Nett von dir, sonst reicht mir nie jemand das Wasser. ... Ob ich mit One Direction auf Tour bin, fragst du? ... Nee, deine Vermutung geht eher in die wrong direction."
Solche oder so ähnliche Unterhaltungen hatte ich die letzten paar Tage oft führen müssen, nachdem einige Fotos von Paparazzi publik gemacht wurden, die zeigten, wie ich mit Harry in Holmes Chapel unterwegs und die Aufnahmen für den Film gemacht hatte. Auch wenn keines der Bilder nur ansatzweise darauf schließen ließ, dass zwischen ihm und mir etwas anderes als eine freundschaftliche Beziehung vorherrschte, zielten die Artikel und Kommentare, die auf die Fotos folgten, eindeutig in wrong directions: Die Verfasser wollten wissen, welche Stellung ich bei der Tour einnahm, um mir im Anschluss zu unterstellen, dass ich bei Harry noch weitere Stellungen innehatte. Und dazu wollte ich keinerlei Stellung beziehen, wie ich zahlreichen Leuten aus dem Team, von der Presse und aus meiner weit hinter mir liegenden Vergangenheit unzählige Male versichern musste.
Die öffentliche Rezeption war zweigeteilt: Der eine Teil der One Direction-Fans wünschte mir einen schmerzhaften Tod (zu meinem Erstaunen verwünschten mich auch viele mit ewiger Verstopfung und einem schlechten Stoffwechsel, der mich so dick machen würde, dass ich nicht mehr durch die Tür des Tourbusses sowie durch eine normale Toilettentür passte und daraufhin platzte wie ihr Traum von einem Date mit den Jungs). Der andere Teil wollte einfach nur wissen, ob Harry und ich zusammen waren, sodass ich es binnen kurzer Zeit unter die 15 beliebtesten Suchanfragen auf Google schaffte. Da ich keine Person des öffentlichen Lebens war und ich bis auf meinen alten Facebook-Account kein öffentliches Profil hatte, waren alle Sucher auf den Seiten meines Vaters gelandet, woraufhin Supersize Me einen neuen Boom und ich ein kostenfreies McDonalds-Essen von meinem Dad bekam.
Zur Krönung des ganzen Irrtums wurde ich bereits an meinem dritten Tag in Mexiko-Stadt von etlichen alten ‚Bekannten' angerufen, von ehemaligen Klassenkameraden, Nachbarn bis zu Leuten aus einem Yoga-Kurs, den ich vor einigen Jahren nur wenige Male besucht hatte, nachdem mein Dad seinen Film gedreht und mir mit seinem Gewichtsanstieg unendlich viel Angst eingejagt hatte. Doch hatten mich die anderen damals im Kurs nicht einmal mit dem Arsch angeguckt (wobei deren ausgestrecktes Hinterteil durchaus so nah vor meinem Gesicht herumgebaumelt hatte, als ob es mit mir kommunizieren wollte), klebten sie nun wie ein riesiges und mit Superkleber ummanteltes Kaugummi an meinem Hintern (Gott bewahre, dass ich Darmwinde abgab und mit meinem Hintern die größte Kaugummiblase der Welt erschaffen würde).
Anfangs hatte ich es ungemein witzig gefunden, die Anrufe anzunehmen und ein wenig der Heuchelei und den einschmeichelnden Worte zu lauschen. Doch nach und nach war die Erheiterung einem Gefühl der Verbitterung gewichen, das schließlich in die Erkenntnis gipfelte, dass die Menschen mir nicht nur diverse Stellungen zuschrieben, sondern selbst die Kunst der Verstellung beherrschten. Noch nie hatte ich großartiges Interesse daran gehabt, zu einer Person des öffentlichen Lebens zu werden. Zu abschreckend war der Medienrummel gewesen, dem mein Vater nach seiner vieldiskutierten Doku ausgesetzt gewesen war. Und seit meinem Mitwirken bei der Tour war mir mehr denn je bewusst geworden, dass positive Aspekte des Berühmtseins noch viel größere Schatten warfen, als sie Glanz und Glamour mit sich brachten. Wirkte das Leben der Jungs nach außen hin wie ein riesiger Ponyhof, auf dem sich neben Pferden auch bunte Glitzereinhörner tummelten, entpuppte es sich in Wahrheit als ein abgesperrter Hof mit Stacheldrahtzäunen, Security und wahnsinnigen Schaulustigen, die ihre „1D MAKE ME PREGNANT"- oder „PRAYING ISN'T THE ONLY THING I DO ON MY KNEES"-Fanplakate hochhalten oder einen absurden Ellenbogentanz als Form der Balz aufführen, um die Jungs im Akt eines sehr selbstdegradierenden Begattungsvorspiels paarungsbereit zu machen (mich würde sowas weniger zur Paarbildung und mehr dazu motivieren, sie mit einem Paar gezielter Ohrschellen aus ihren Tagträumen zu wecken.)
DU LIEST GERADE
This Is Us + Megan
FanfictionThis Is Us - Allein der Name löst bei Millionen Fans der britisch-irischen Band One Direction Gänsehaut, Hysterie und den Drang aus, laut zu schreien und der Ohnmacht nahe zu sein. Morgan Spurlock, Regisseur des Films, begleitet die Jungs auf ihrer...