„Aus dem Weg, Dad!", schrie ich außer Atem, während ich die Haustür zuschmiss, sodass der Boden leicht vibrierte. In einer Geschwindigkeit, bei der Speedy Gonzales blass werden würde - sofern Zeichentrick-Mäuse dazu fähig wären - rannte ich durch den langen Flur ins Wohnzimmer.
Dad saß, mit einem Buch und einer Schüssel Popcorn ausgerüstet, auf seinem geliebten Sessel aus braunem Leder und sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Das ergab zusammen mit seiner kleinen Brille ein sehr komisches Bild. Aber in der Hinsicht hatten Dad und ich eine Gemeinsamkeit: Wir waren komisch. Ich würde mich nicht als vollkommen verrückt bezeichnen, aber umgangssprachlich konnte man sagen: „Ich hatte einen an der Waffel". Bis heute hatte ich die Redensart nicht verstanden. Natürlich war es schlimm und bedauernswert, wenn Waffeln Fehler hatten und beispielsweise verbrannten. Aber den Zusammenhang zwischen einer fehlerhaften Waffel und Verrücktheit war mir nicht geläufig. Vielleicht war es genau diese verrückte Korrelation, die die Verrücktheit ausdrückte.
Mein Dad schob seine Brille weit nach vorne auf die Nasenspitze, sodass ich mich bereit machte, in Zeitlupe mit dramatischer Hintergrundmusik, begleitet von einem tiefen „Neeeein!", zu ihm zu springen und die Brille aufzufangen, falls sie von seiner Nase rutschte und drohte auf den Boden zu fallen.
„Stehe ich dir etwa im Weg, wenn ich in der hintersten Ecke des Wohnzimmers sitze und lese? Wenn ja, dann kann ich mich auch oben hinsetzen oder mich gleich an die Decke binden, sodass ich dir nicht im Weg bin. Würde das der Lady gefallen?" Dad grinste mich schief an und sein Bart, der mittlerweile schon von einzelnen grauen Haaren geziert wurde, verzog sich nach oben.
Ich mochte seinen Bart, auch wenn ich immer gerätselt hatte, was es für einer war. Ein einfacher Schnurrbart hatte ihm nicht gereicht und mein Vater hatte unbedingt einen außergewöhnlichen Bart gewollt. Irgendwann hatte ich mir ein Foto von meinem Vater geschnappt und bei Google „Bärte" eingegeben. Das erste Ergebnis hatte mich schlauer gemacht: Anscheinend hatte Dad einen Hufeisen-Bart. War er etwa ein Pferd?
„Hm, okay, schnall dich an die Decke, aber verlang bloß nicht von mir, dich da runterzuholen." Ich streckte meinem Dad die Zunge heraus, schnappte mir die Schüssel Popcorn (wieso aß man beim Lesen Popcorn?) und schmiss mich auf die breite, weiße Ledercouch. Ich streckte alle Viere von mir, stopfte mir eine Handvoll gerösteter Maiskörner in den Mund und schaltete schnell den Fernseher ein.
„Ich hab schon 34 Sekunden verpasst! Danke... Vater", grummelte ich beleidigt. In der Hoffnung, dass ihn die Bezeichnung "Vater" ablenkte, nahm ich etwas Popcorn und schmiss es auf ihn. Dieser hatte sich hinter mich auf die Lehne des Sofas gelehnt und über mich hinweg zum Fernseher gesehen.
„Danke, Tochter", lachte er trocken. Er fing etwas Popcorn auf und steckte es sich in den Mund.
Ich knurrte kurz und wandte mich wieder zum Fernseher. Ich wollte unbedingt eine dumme Fernsehshow sehen. Allgemein waren solche Serien einfach hirnlos (deswegen sah ich sie mir auch an, weil ich mich mit dem „hirnlos sein" sehr gut identifizieren konnte). Guilty Pleasure hieß der Fachausdruck unter Fachidioten, die einfach zu viel fernsahen. Aber an dem Tag würde die Serie fünfmal so dumm sein, denn dort waren sehr bekannte Jungs.
„Was ist das-"
„PSSSST!", rief ich und streckte meine Hand warnend hoch. Dabei vergaß ich leider, dass mein Vater noch immer hinter mir lehnte und ich ihm die Hand mitten ins Gesicht schlug. Zwar zerschmetterte ich nicht seine Brille, aber sein Aufschrei war so schrill und feminin, dass das Glas hätte zerspringen können. „Dad, ich muss das sehen. Also hör auf die Hand und sei kurz leise, ja?" Bei seinem teils schmerzverzerrten, teils genervten Gesichtsausdruck fügte ich schnell noch hinzu: ,,Ähm, bitte?" Doch beim Anblick seiner schrägen Brille, die ihn wirklich schräg aussehen ließ, musste ich unkontrolliert grinsen. Da ich sofort wieder zum Fernseher sah, hatte ich Dad und demzufolge auch seine folgende Reaktion nicht im Blickfeld. Aber ich hörte ihn leise und tief lachen.
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This Is Us + Megan
FanfictionThis Is Us - Allein der Name löst bei Millionen Fans der britisch-irischen Band One Direction Gänsehaut, Hysterie und den Drang aus, laut zu schreien und der Ohnmacht nahe zu sein. Morgan Spurlock, Regisseur des Films, begleitet die Jungs auf ihrer...