Kapitel 9 - männliche Stimmungsschwankungen.

2.4K 112 2
                                    

"Gott, was erschreckst du mich so?", sagte ich und trat einige Schritte zurück. Er zuckte gehässig mit den Schultern. Ich verschränkte die Arme. "Woher weißt du, dass ich genau in dem Moment das Haus verlassen will?" Wieder war da das Achselzucken und ein breites Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. Ich schloss die Tür und ging an ihm vorbei. "Hey, komm schon. Ich bring dich schneller zum Krankenhaus als der blöde Bus." Da ich keinen Führerschein und kein Auto habe, war mein Fahrer sonst immer Cole. Ich schluckte. Ich lief weiter, blieb aber doch entschlossen stehen. Ich hatte nicht wirklich Lust auf dem Bus zu warten.

Die Fahrt verbrachten wir schweigend, doch ich sah aus dem Augenwinkel, dass er immer noch doof grinste. Blake war einer der wenigen Menschen die ich überhaupt nicht einschätzen konnte. Seine Launen konnten sich in einer Sekunde auf die andere umschlagen. Er war wirklich merkwürdig. "Was willst du mit dem Besuch bei deiner Grandma erreichen?", sagte er als er sein Auto auf einem Parkplatz des Krankenhauses parkte. "Darf ich nicht meine eigene Grandma besuchen?", fragte ich etwas genervt und stieg aus dem Auto.

Vor dem Krankenzimmer meiner Grandma machte ich halt und drehte mich zu Blake um. "Kannst du mich mit ihr allein lassen?", fragte ich vorsichtig. Er nickte und zog ab. Ich trat in den Raum und lief auf den Stuhl zu, der neben dem Bett meiner Grandma stand. Ich nahm ihre Hand, die nicht an Schnüre geheftet war. "Grandma, du könntest jetzt langsam aufwachen. Ich brauche dich und ich weiß jetzt alles", sagte ich laut. Ich kam mir zwar etwas blöd vor aber ich brauchte das. Ich strich mit meinem Daumen über ihren Handrücken. Sie sah so friedlich aus. Kleine Falten zierten ihr Gesicht aber trotzdem sah sie jünger als sonst aus. "Ich weiß nicht mehr wem ich vertrauen soll. Ich hab Angst, Grandma. Ich habe nur noch dich."

Ich hörte wie jemand hinter mir die Tür zuknallte. Dort stand Blake und sah mich entschuldigend an. "Sorry das ich dich störe aber wir sollten gehen", meinte er mit seinem berühmten Unterton. "Wieso?", fragte ich und stand langsam auf. "Hatten wir nicht ausgemacht, dass du auf das hörst, was ich dir sage?" Gott, was war jetzt wieder los mit ihm? "Du gibst mir ja nicht mal eine Erklärung!", schrie ich ihn an. Er ging auf mich zu, packte grob meinen Arm und zog mich aus dem Zimmer. "Gehts noch? Lass mich verdammt nochmal los!", ich versuchte mich zu befreien aber er war zu stark für mich.

Als wir draußen an kamen, riss ich mich mit voller Wucht aus seinem Griff und rieb mir das rot angelaufene Handgelenk. Er sah mich aus dem Augenwinkel an, ging aber weiter und lief auf sein Auto zu. Gings ihm noch gut? Was hatte er jetzt schon wieder für ein Problem. Ich dachte gar nicht daran in sein Auto zu steigen. Er kotzte mich gerade so was von an. Ich versuchte den größtmöglichen Abstand zu den Parkplätzen zu bekommen und lief zur Bushaltestelle. Ich sah wie sein Auto neben mir her fuhr, doch ich ignorierte es. Dachte er wirklich ich würde nach dieser Aktion nochmal einsteigen? Natürlich dachte er das. "Jamie, hör auf 'ne aufgeblasene Zicke zu spielen und steig verdammt nochmal ein!", sagte er wütend. Jetzt würde ich erst recht nicht einsteigen. Das konnte er sich abschminken. Ich lief einfach weiter gerade aus. "Willst du nicht die anderen von uns kennen lernen?", fragte er und sein Unterton war wieder da, doch er hatte es geschafft das ich stehen blieb. Ich war wirklich gespannt auf die anderen, deswegen drehte ich mich zum Auto, riss die Tür auf und stieg widerwillig an. "Kannst du aufhören so mit mir zu reden?", fragte ich und sah ihm direkt ins Gesicht. Er tat so, als müsste er sich auf die Straße konzentrieren. "Was mach ich denn?", fragte er ruhig und fuhr los. War das sein verdammter Ernst? Ich verdrehte die Augen. "Kann ich dir noch ein paar Fragen stellen? Also... du weißt schon", meinte ich etwas unbeholfen. Er zuckte wieder mit seinen blöden Achseln. Das war wirklich eine Geste, die mich an ihm so was von ankotzen konnte. Trotzdem ließ ich mich davon nicht großartig irritieren. Ich wollte ihm keinen Gefallen damit tun. "Du hast mir immer noch nicht erklärt warum wir zu diesem See gehen mussten!", sagte ich fordernd und sah ihn an. "Hättest du nicht anfangen zu flennen, hätte ichs dir gezeigt. Das ist nicht einfach zu erklären." Er schielte kurz zu mir rüber, wand den Blick aber wieder ab. Ich zog eine Augenbraue hoch. Okey, es hatte wirklich kein Sinn, mit ihm noch ein weiteres Wort zu wechseln. Warum konnte er nicht immer so sein wie im Wald gestern? Plötzlich erinnerte ich mich an seinen Geruch, den ich gestern durch meine Wolfsschnauze wahrgenommen habe. Ich konnte ihn hier im ganzen Auto riechen aber lange nicht so stark wie mit meiner Schnauze. Mir wäre der Geruch nicht sonderlich aufgefallen, wenn ich ihn normal als Mensch gerochen hätte. Ob er als Wolf mit seinem Geruch anders auf mich wirken würde?

Er fuhr einen Waldrand entlang. Ich wohnte in dieser Stadt schon mein ganzes Leben aber in die Ecken, in die er mich führt, wäre ich nie hingekommen und habe ich noch nie gesehen. "Wohin fahren wir? Habt ihr einen Treffpunkt oder wie?", fragte ich während ich gebunden auf die Bäume achtete die an mir vorbeizogen. "Wirst du gleich sehen." Seine Stimme klang immer noch kalt. Ich verdrehte die Augen. "Kannst du mir überhaupt mal eine Antwort auf meine Fragen geben?", murmelte ich vor mich hin. Doch er hatte mich wohl gehört. "Bevor du frägst, solltest du erst mal abwarten." Ich verdrehte die Augen und sah wieder aus dem Fenster. Wir fuhren um eine Ecke und ein Häuschen kam in mein Sichtfeld. Blake hielt den Wagen an und ich schluckte. Ich war nie gut in Bekannschaften schließen, werden sie mich mögen? Ich frage mich wie alt die sind. Ich stieg langsam aus und sah Blake nervös an. Ich war gespannt wie sie drauf sind. Wahrscheinlich hatten alle solche Probleme mit ihren Launen wie Blake.

Under the woods [Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt