Kapitel 22 - Oder doch nicht?

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Die nächsten Sekunden kamen mir vor wie Minuten. Mein Herz begann zu rasen. Es kam mir vor, als würden meine Worte eine halbe Ewigkeit brauchen um zu Blake durch zu dringen. Mein Blick war an den schwarzen Schatten an der Tür geheftet. Er bewegte sich nicht. Ich konnte nicht erkennen wer es war oder was es war, ich hatte aber eine bittere Ahnung um wen es sich handelt und das ließ es mir kalt den Rücken runter laufen.

Blake schreckte auf. Sein Blick war auf mich gerichtet. Ich deutete mit einer zittrigen Hand auf den Schatten. Sofort stand er auf und ließ ein tiefes Knurren ertönen. Ich konnte mich nicht bewegen, ich war wie erstarrt. Meine Sinne waren geschärft und warteten darauf, dass irgendwas passierte.

Plötzlich wurde ich blind. Ich presste meine Augen zusammen um den Schmerz zu verhindern. Jemand hatte den Lichtschalter betätigt. Langsam öffnete ich sie wieder und sah jetzt die Person, die im Raum stand klar und deutlich. Es war nicht die Person die ich erwartet hatte.

Er lehnte gegen die Wand und grinste vor sich hin. Er sah aus wie eine Kopie von Blake, nur deutlich älter. Schwarze Haare, die er etwas länger trug als Blake und die selbe Wangenknochenstruktur. Er trug ein schwarzes T-Shirt und hatte darüber eine schwarze Lederjacke gezogen die jetzt mit Falten übersehen war, da er die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Auch seine Augen waren anders. Sie waren in einem schönen goldfarbenen Braun, die jetzt belustigt auf Blake gerichtet waren.

ich blickte zu Blake. Er kochte vor Wut und er hatte seine Hände zu Fäusten geballt. "Was zur Hölle machst du ihr?", knurrte er die Person an der Tür an. Erschrocken sah ich wieder zu dieser Person, die vor sich hin kicherte. "Darf ich nicht mein Bruderherz besuchen?" Als ich realisierte, wer diese Person war, fuhr ich mir durch die Haare und sah verlegen zur Seite. Er hatte mich zu Tode erschreckt.

"In dem du mitten in der Nacht hier auftauchst? Ich dachte du wärst...", sagte Blake, sprach aber nicht zu Ende. Der Typ nickte. "Ich weiß was du dachtest, dass hat deine Kleine auch gedacht", und damit legte er seine Augen auf mich. Er lächelte mir belustigt zu. Ich entfloh seinem Blick und schmiss meine Decke zur Seite. "Ich bin nicht seine Kleine", erwiderte ich grob.

Blakes Bruder hob die Hände und formte seine Lippen zu einem o. "Oh, tut mir Leid. Hab ich da einen wunden Punkt erwischt?", fragte er und stand plötzlich vor mir als ich auf stand. Ich sah zu ihm auf. Er hob mir die Hand entgegen. "Ich bin Royce", sagte er mit einem hinterhältigen Lächeln. Ich griff nach seiner Hand und schüttelte sie lustlos. "Jamie", sagte ich. 

Plötzlich wurde er weg gerissen und an die Wand gedrückt. Blake hatte seine Hand an seiner Gurgel. "Was zur Hölle willst du hier? Ich hab dir schon mal gesagt du sollst nicht her kommen!", knurrte er ihn an. Hatte Royce eine Lähmung in seinen Wangen oder wieso hatte er immer ein Grinsen auf den Lippen?

Er schob Blake weg, als wäre es das Leichteste auf der Welt. "Reg dich ab. Ich werde hier schon nichts anstellen.", meinte er. Blake schnaubte verächtlich. "Verschwinde einfach", knurrte er und legte sich wieder ins Bett.

Royce sah mich erwartungsvoll an. "Bekomme ich denn auch einen Schlafplatz?" Ich sah ihn erstaunt an. Er wollte hier bleiben? In meinem Haus? "Unten ist noch die Couch frei.", meinte ich schlicht. "Danke, Jamie", sagte er und betonte dabei meinen Namen. Er verließ das Zimmer und ich machte verwirrt, das Licht aus.

Anscheinend ist seine ganze Familie so merkwürdig. Ich ließ mich wieder unter die Decke gleiten.

Ich bezweifelte, dass ich noch Auge zu bekomme aber ich hatte sowieso nichts besseres um 3 Uhr morgens zu tun.

"Was hast du gegen deinen Bruder? Magst du ihn nicht?", fragte ich Blake. "Frag ihn doch selber", antwortete er bissig.

Seufzend drehte ich ihm ebenfalls den Rücken zu und machte die Augen zu. Doch jetzt war es nicht mehr so leicht ein zu schlafen. Ich musste die ganze Zeit darüber nach denken. Ist sein Bruder auch ein Gestaltenwandler? Wieso hat Blake nie was von ihm erzählt? Wieso ist er so aus gerastet, dass sein Bruder da ist? Ich meine, sie sind ja eine Familie. Wo sind seine Eltern? War das Royce am Telefon?

Irgendwann schaukelten mich meine Fragen selbst in den Schlaf.

Am nächsten Morgen wurde ich von lauten Geschrei geweckt. Ich streckte mich und merkte, dass Blake immer noch schlief. Vorsichtig stand ich auf und zog mich an. Ich ging die Treppen nach unten und sah, wer hier die ganze Bude voll schrie. Es waren Bryan und Clarissa. "Reg dich ab, wieso nimmst du das so ernst?", brüllte er sie an. Als Clarissa mich sah, drehte sie sich um. "Arschloch", fauchte sie und ging durch die Haustür. Ich sah Bryan fragend an. Der zuckte mit den Achseln und ging an mir vorbei. Ich zog eine Augenbraue hoch und lief plötzlich in jemanden rein, als ich mich umdrehte. Vor mir stand Royce. Diesmal hatte er einen ernsten Eindruck, was ihn merkwürdig erschienen ließ. "Geh ihr hinter her", sagte er fordernd. Ich nickte verwirrt und ging nach Draußen.

Clarissa saß auf den Treppen vor der Tür und zog an einer Zigarette. Ihr liefen Tränen über die Augen. Ich hatte nie was mit ihr zu tun und hatte auch nur einmal mit ihr geredet, deswegen kam ich mir etwas fehl am Platz vor. Trotzdem setzte ich mich zu ihr. "Alles okay?" Sie sah mich mit einem verächtlichen Blick an. "Verschwinde", sagte sie und nahm wieder einen Zug. Ich überging ihre Frage einfach. "Was ist passiert?", fragte ich verwirrt. Sie drehte sich zu mir. "Was passiert ist?", fauchte sie. "Du bist passiert!" Ich sah sie verwundert an. "Ich? Wieso?", fragte ich erschrocken. "Ach, lass mich doch in Ruhe. Du checkst es ja sowieso nicht.", meinte sie. "Hat er was über mich gesagt?", fragte ich weiter. Sie lachte verächtlich auf. "Gesagt? Er hat geschwärmte, wie heiß du doch bist", sagte sie und schmiss die Zigarette wütend ins Gras. Ich verkniff mir das Lachen. "Seid ihr zusammen oder wieso regt dich das so auf? Versteh mich nicht falsch, Bryan ist definitiv nicht mein Typ, also brauchst du dir da keine Sorgen machen", sagte ich wieder ernster. "Nein, also wir sind nicht zusammen", sagte sie, was für mich ein Tick erleichtert klang wegen meiner zweiten Aussage. "aber er checkt einfach nicht, dass ich nicht nur eine bin, mit der er ein paar Mal schlafen kann. Er würde nie auf den Gedanken kommen, dass ich dabei auch was empfinden könnte", knurrte sie und spielte nervös mit ihren Händen.

"Dann sag ihm das doch. Vielleicht wird er seine Meinung ändern?", bot ich ihr an. Wieder lachte sie nur verächtlich auf und stand auf. "Wem erzähl ich das alles. Einer Jungfrau die keine Ahnung von gar nichts hat", meinte sie und ging zurück ins Haus. Empört sah ich ihr hinter her. Gut vielleicht hatte sie Recht aber ich hatte ihr gerade versucht ihr zu helfen. Ich schüttele den Kopf und ging auch wieder rein. 

Schon wieder stand Royce vor mir und hatte wieder sein Lächeln aufgesetzt. Ich sah ihn fragend an. "Wieso sollte ich mit ihr reden?"

Er zuckte mit den Achseln. "Du bist der Rudelführer, deine Leute brauchen Vertrauen zu dir", sagte er. Ich schnaubte auf. "Hat ja gut geklappt", murmelte ich und ging an ihm vorbei, doch er hielt mich am Arm fest. "Außerdem hast du jetzt damit verhindert, dass sie abhaut.", sagte er. Ich blieb stehen. "Woher willst du das wissen? Sie hätte auch so gehen können.", meinte ich. "Vertrau mir, ich weiß das."

Verwirrt ging ich in die Küche und machte mir was zum Essen. Ich blickte auf, als Isaac und Allison lachend rein kamen. Sie verstummten als sie mich sahen. "Guten Morgen", sagte Isaac. "Morgen", sagte ich lächelnd. Hatte ich was verpasst? Die zwei wirkten so glücklich.

Dann sah ich, dass Isaac ihre Hand hielt und musste noch breiter Grinsen. "Seid ihr zusammen?", fragte ich. "Ja", sagte Isaac. Allison lief rot an, doch Isaac zog sie an sich und lächelte wie der glücklichste Mensch auf Erden.

"Freut mich für euch", sagte ich ehrlich und stocherte in meinem Essen herum. Sie setzten sich zu mir. "Wieso war heute morgen so ein Geschrei?", fragte mich Allison. "Bryan und Clarissa hatten einen kleinen Streit", sagte ich Achsel zuckend. "Bei den zwei ist es nicht nur ein kleiner Streit. Die haben sich früher durchgehend gestritten", meinte Isaac. Ich nickte verständlich und schob mir ein Stück von meinem Rührei in den Mund. "Alle sofort zu einer Besprechung ins Wohnzimmer", brüllte Blake zu uns und verschwand wieder. Wir sahen uns fragend an, standen aber auf und folgten ihm.

Under the woods [Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt