Kapitel 104

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich Probleme aufzustehen.

Mein Hintern hatte vom ganzen sitzen weh getan und auch mein Rücken und mein Nacken hatten geschmerzt, als ich versucht hatte mich aufzusetzten. Ich musste mich regelrecht an der Wand abstützen, damit ich wieder auf die Beine kam.

Überraschenderweise hatte ich mich einigermaßen gut gefühlt - so wie man sich halt, nach allem was gestern passiert war - gut fühlen konnte.

Ich hatte weder Wut, noch Trauer verspürt - eigentlich hatte ich mich ziemlich taub gefühlt.

Um ehrlich zu sein, war ich aber wirklich froh darüber.

Das, was ich gestern beobachtet hatte, würde ich niemals vergessen. Egal wie oft ich es versuchen würde, dieser Anblick - wie Gracie auf Blake saß und ihn geliebkostet und dieser es zugelassen hatte - hatte sich so sehr in meine Netzhaut gebrannt, dass ich nicht einmal die Chance hätte es zu vergessen.

Als ich das Zimmer betrat, war Diana die Erste gewesen, die mich erblickte hatte. Sie hatte ihren Blick von mir abgewendet, war an mir vorbei und aus dem Zimmer gegangen, ohne mich auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen - aber das interessierte mich herzlich wenig.

Abi war mir stürmisch um den Hals gefallen und hatte ständig gefragt, ob alles okay mit mir sei. Mit einem leichten Lächeln hatte ich nur genickt und ihre Frage bejaht - zu mehr war ich nicht fähig gewesen.

Nachdem ich, frisch geduscht und mit einem eindeutig besseren Gefühl, mit Abi das Zimmer verlassen hatte, waren wir zusammen zur Kantine gegangen. Die Anderen waren nicht mit an unserem Tisch gewesen.

Ich hatte in Ruhe gefrühstückt, den gestrigen Tag aus meinem Gedächnis verbannt und mich mit Abi unterhalten. Die Vorfreude auf Jason, Nele und meinen Vater war so viel größer, als dass ich mich von den Erlebnissen von gestern runterziehen lassen würde.

Nach dem Frühstück hatte ich noch schnell bei meinem Vater angerufen, um Bescheid zu geben, dass ich heute zu ihm kommen würde und hatte Jason eine kurze, knappe Nachricht geschickt, dass ich mich freute, ihn heute Abend wieder zu sehen.

Jetzt stand ich also hier, um kurz vor 12, in Jogginghose und einem weiten Pullover, am Eingang des Internates und wartete auf die beiden Herren.

Von Abi hatte ich mich vorhin schon verabschiedet - sie wollte mich gar nicht mehr gehen lassen, aber die Tatsache, dass wir uns in eineinhalb Tagen sowieso wieder sehen würden, brachte sie schließlich dazu mich loszulassen.

Diana hatte nicht einmal von ihren Büchern aufgeschaut und ich wusste echt nicht, was ich davon halten sollte.

Es legten sich zwei warme Hände auf meine Augen und ein warmer Körper schmiegte sich von hinten an mich: ''Na Prinzessin, schon aufgeregt, endlich wieder nach Hause zu kommen?''

Lachend nahm ich Lukes Hände von meinem Gesicht und drehte mich zu ihm um.

''Ja, ich denke schon.''

''Du denkst?'', fragte er und hob eine Augenbraue, als er mich beobachtete, ''Sag mal, ist alles gut bei dir?''

''Ja, warum?'', erwiderte ich und strich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr.

Er zuckte mit beiden Schultern. ''Ich weiß nicht, du wirkst irgendwie so.. müde? Ist irgendetwas vorgefallen?''

Wenn du nur wüsstest, was alles vorgefallen war, dachte ich, sprach es aber nicht laut aus.

''Diana und ich haben uns gestritten.'', meinte ich dann nur.

Er schaute mich erwartungsvoll an, anscheinend wartete er darauf, dass ich ihm erzählte was passiert war.

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