Gefährliche Liebe

„Danke, dass du mich aufgefangen hast."

„Wieso zum Teufel, kannst du dich nicht an Regeln halten?!", donnert die laute Stimme meines Bruders durch das Wohnzimmer, worauf ich zusammenzuck und meinen Blick auf den Boden senke. Die wundervolle Beziehung zwischen meinem Bruder und mir wurde bestimmt noch besser, nachdem ich heute in der Schule versucht habe abzuhauen, aber erwischt wurde und das nur für eine Freundin. Natürlich ließ mir niemand Zeit, alles richtig aufzuklären.

Deshalb stehe ich jetzt mitten im Wohnzimmer vor meinem Bruder hinter ihm meine Cousins. Das ist der Nachteil, wenn ich das einzige Mädchen in der Familie bin, die hier in Uşak (türkische Stadt) lebt. Meine anderen Cousinen leben in einer anderen Stadt.

Ich wollte den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, doch der wütende Blick meines Bruders Cenk lässt mich den Mund wieder zumachen. Bevor er wieder losschreien konnte, mischt sich mein Cousin Serkan ein.

„Das reicht, Cenk. Ada hat es verstanden."

Schnell nicke ich zustimmend mit dem Kopf, als mich Serkan abi auffordernd anguckt.

Ohne noch etwas zu sagen setzt sich mein Bruder schnaubend auf das Sofa. Ich gucke Serkan abi dankbar an und renne hoch in mein Zimmer. Als ich die Tür hinter mir schließe, werfe ich mich auf mein Doppelbett und seufze. Das Verhältnis zwischen meinem Bruder und mir ist sowieso sehr schlecht, aber durch mein unbedachtes Handeln wird es bald kein Verhältnis zwischen uns geben. Seit meinem sechsten Lebensjahr versuche ich die Anerkennung von meinem Bruder zu kriegen und wollte ihn immer stolz machen, aber er gibt mir das Gefühl, dass ich immer das Gegenteil mache. Seit elf Jahren versuche ich schon mein Bestes und weiß den Grund nicht einmal. Vor elf Jahren hatten mein Bruder und ich einen Unfall gehabt, sagten mir meine Eltern. Ich konnte mich leider nicht daran erinnern, weil ich damals meinen Kopf angeschlagen habe. Seitdem behandelte mich mein Bruder wie eine Feindin. Vor dem Unfall hatten wir ein enge Bindung gehabt, dass man das gar nicht denken könnte. Von einem auf den anderen Tag behandelte er mich schlecht, schrie mich grundlos an und schubste mich herum wie es nur ging.

Meine Gedankengänge werden unterbrochen, als neben mir ein Klingeln ertönt.

Ich nehme mein Handy vom Nachttisch und schaue drauf. Mein bester Freund Emre ruft an. Schnell hebe ich den Anruf ab.

„Hallo?"

„Hi Ada, hast du viel Ärger bekommen?", ertönt seine Stimme aus dem Handy. Emre war seit meiner Kindheit mein bester Freund und seit damals auch mein persönlicher Beschützer. Wir waren im gleichen Alter und auch auf der gleichen Schule. Was mich persönlich freute ist, dass wir nicht in der gleichen Klasse sind, da sonst mein Bruder alles erfahren würde, was ich im Unterricht mache. Das war der Nachteil an ihm.

„Hätte ich, wenn meine Cousins mir nicht geholfen hätten.", seufze ich in das Handy,

„Wollen wir in die Stadt gehen?"

„Sei in fünf Minuten vor der Haustür.", sagt er und legt auf.

Schnell stehe ich auf, schnappe mir meine Tasche und verlasse das Zimmer. Unten sitzen mein Bruder und meine Cousins auf dem Sofa und gucken Fußball. Als ich mich räuspere, drehen sich meine Cousins fragend zu mir um. Cenk würdigt mir keinen Blick.

„Cenk, ich gehe mit Emre raus."

Er dreht sich zu mir um und schaut mich aus seinen blau-grauen Augen desinteressiert an. Dann zuckt er mit den Schulter und dreht sich wieder nach vorne.

„Geh doch."

Enttäuscht wende ich mich ab und gehe zur Haustür. Seit dem Unfall nenne ich meinen Bruder nicht mehr „Abi". Er hat es mir verboten. An der Haustür ziehe ich mir meine Schuhe an und trete aus dem Haus. Die beiden Männer, die vor der Tür stehen, drehen sich zu mir um und nicken mir zu. Ich lächle sie an und wollte was sagen, als ich ein Hupen höre. Emres weißer Audi steht auf unserem Gelände und hupt noch einmal. Schnell gehe ich auf ihn zu, mache die Tür auf und setze mich rein, während ich ihn begrüße. Schnell schnalle ich mich an, sodass er losfahren kann.