„Dachtest du, ich schlage dich?"

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Am nächsten Tag sitzen wir zu viert in der Cafeteria und ich verkünde die gute Nachricht.

„Tunc hat erlaubt bei uns zu lernen. Nach der Schule fahren wir zusammen.", teile ich ihnen begeistert mit. Alle drei jubeln und wir besprechen noch Kleinigkeiten, ehe wir in den nächsten Unterricht gehen. In unserem Klassenraum wartet schon Herr Atesoglu, da wir als nächstes Mathe haben. Wir setzen uns auf unsere Plätze und schauen nach vorne, wo Herr Atesoglu gerade die Klasse begrüßt.

„Schlagt bitte im Buch die Seite 50 auf. Wir fangen heute ein neues Thema an.", fängt er den Unterricht an. Wir tun was er sagte und schlagen die Bücher auf. In großen Buchstaben steht auf der Seite Funktionen berechnen. Stöhnend lege ich meinen Kopf auf den Tisch. Ich hasse Mathe und die ganzen Zahlen auf der Seite machen es nicht besser. Herr Atesoglu, der mein Stöhnen gehört haben muss, lacht kurz und schaut mich lächelnd an.

„Keine Sorge, Ada. Ich bin mir sicher, dass du diesmal keine Probleme haben wirst."

Zweifelnd schaue ich ihn an. Er dagegen schaut mich aufmunternd an und beginnt den Unterricht. Tatsächlich schaffe ich es am Ende der Stunde, etwas in meinem Kopf zu behalten, was schon ein großer Fortschritt bei mir in Mathe ist.

Koray verabschiedet sich von seinem Bruder und geht mit uns nach draußen zu Kerems Wagen. Melek und ich setzen uns in das Auto von Cem abi, der sofort Kerem hinterherfährt.

„Wie hast du Tunc abi eigentlich überzeugt?", fragt mich Melek auf einmal und schaut mich neugierig an. Ich schaut flüchtig zu Cem abi, der konzentriert auf die Straße blickt, doch ich wusste, dass seine Ohren gespitzt waren.

„Ich habe ihm gesagt, dass ich einer Freundin Nachhilfe gebe. Er ist um diese Uhrzeit sowieso arbeiten.", flüstere ich ihr zu und deute mit meinen Blicken auf Cem abi, damit sie leiser spricht. Verstehend nickt sie. Ich schaut noch einmal zu Cem abi und begegne im Spiegel seinem Blick, der mich belustigt anfunkelt. Verlegen wende ich meinen Blick ab.

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Zu meinem Glück sind nur Emine abla und Gül abla zuhause. Deswegen kann ich Koray, ohne mir Gedanken zu machen, hoch in mein altes Zimmer bringen. Wir setzen uns zu viert in das Bett und holen unser Deutschmaterial heraus, um sie auf dem Bett breit zu machen. In der nächsten halben Stunde erkläre ich den dreien unser neues Thema. Da unser neues Thema Gedichte sind und ich das wirklich sehr mag, habe ich auch keine Probleme. Zwar haben sie am Anfang Schwierigkeiten, doch ich kann es ihnen einigermaßen erklären, sodass sie das meiste allein machen.

Nach einer weiteren Stunde lässt sich Kerem stöhnend nach hinten fallen, da er anscheinend keine Lust mehr hat. Koray tut es ihm gleich.

„Ich habe keine Lust mehr.", stöhnen beide, worauf wir Mädels kichern müssen. Von Kerem bin ich das gewohnt, aber von Koray habe ich das nicht gedacht, auch wenn er sagt, dass er sitzen geblieben ist. Er sieht nicht so aus, als würde er in der Schule nicht klarkommen. Außer vielleicht im Deutschunterricht.

„Lasst uns etwas essen gehen.", meine ich. Sie nicken begeistert und stehen vom Bett auf. Wir verlassen das Zimmer und steigen die Treppen runter. Emine abla und Gül abla haben schon den Tisch im Esszimmer gedeckt. Wir setzen uns hin und warten, bis die beiden mit dem Essen kommen. Unsicher schauen sie Koray an. Ich hoffe, sie verpetzen mich nicht bei Tunc, sonst bekomme ich wirklich sehr großen Ärger. Ohne etwas zu sagen, gebe sie jedem ein Stück vom Auflauf und verschwinden wieder in die Küche. Wir beginnen zu essen und reden dabei über unsere Schule, bis wir auf einmal die Haustür hören. Erschrocken erstarre ich auf meinem Stuhl, als ich Tuncs Stimme hört.

„Nein, ich habe ihnen gesagt, dass sie das Meeting auf morgen verschieben sollen.", knurrt seine Stimme. Oh nein, er klingt nicht gerade gut gelaunt. Panisch schauen Kerem und ich uns an, doch bevor wir etwas machen können, betritt Tunc das Esszimmer. Er hebt seinen Kopf und erstarrt, genauso wie wir vier. Im Esszimmer ist es ruhig, sehr ruhig, aber ich weiß, dass es nur die Ruhe vor dem Sturm ist. Von Sekunde zur Sekunde ziehen sich seine Augenbrauen zusammen und Zorn erscheint in seinem Gesicht und in seinen Augen.

Gefährliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt