„Hey, ich bin Koray Atesoglu."

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Eine weitere Woche später kann ich Tunc dazu überreden endlich wieder in die Schule zu gehen. Fatih abi und die anderen haben mir fleißig dabei geholfen, sodass er am Ende nachgegeben hat. Mittlerweile kann ich auch allein gehen, ohne Schmerzen zu haben. Laut der Ärztin verheilt alles gut, nur soll ich mich noch nicht überanstrengen. Tunc hat mich auf Händen getragen und das wortwörtlich. Wenn er arbeiten war, musste ich das Bett hüten und durfte mich nicht von meinem Platz wegbewegen.

Meine Alpträume wurden nicht weniger und ich weigerte mich, ohne Tunc einzuschlafen. Ich blieb solange wach, bis er nachhause kam. Da ich trotzdem einschlafe, wachte ich meist durch die Albträume auf. Tunc kam da gerade durch die Tür und sah mich verstört auf dem Bett sitzen. Ich konnte mich nicht halten und erzählte ihm, was sie mir alles angetan haben. Zwar habe ich geweint, aber gleichzeitig hat es mich auch sehr erleichtert, meine ganzen Gedanken und Gefühle auszusprechen. Ich erzählte ihm auch die Geschichte, die mir mein Entführer erzählt hat, worauf er nachdenklich die Stirn gerunzelt hatte. Er verheimlicht mir etwas, aber ich bin nicht darauf eingegangen. Zwar kreisten meine Gedanken immer wieder um meine Adoptiveltern und meinem Bruder und warum sie mich angelogen habe. Wir hatten damals keinen Autounfall, sondern wurden von Mehmet Tekin entführt.

Tunc erzählte mir, dass er eine SMS bekommen hat, wo sich mein Aufenthaltsort befand. Zwar wurde die SMS zurückverfolgt, aber niemand wurde gefunden.

Jetzt mache ich mich fertig für die Schule. Ich ziehe mir eine Jeans mit Löchern und einen grauen Pullover an. Dann flechte ich meine Haare zu einem Zopf und schminke mich dezent, ehe ich die Treppen runter steige. Da wir schon halb neun haben, ist Tunc schon längst weg. Die Familie sitzen schon alle, bis auf Tunc im Esszimmer am Tisch und frühstücken.

„Guten Morgen.", wünsche ich allen, was sie mir gleichtun und ich mich auf meinen Platz setze, „Wo ist Tunc?"

„Er ist schon einmal in die Firma gegangen, da er sehr früh ein Meeting hat.", antwortet mir Fatih abi und hebt dann etwas vom Boden auf. Überrascht schaue ich auf den Rucksack in seiner Hand an, der fast genauso aussah, wie mein Alter.

„Tunc hat dir eine neue Tasche mit Utensilien besorgt.", klärt mich Fatih abi auf und überreicht mir den Rucksack. Dankbar nehme ich den Rucksack entgegen und sehe einen Zettel dran kleben.

„In der Tasche ist alles was du brauchst. Ich habe auch etwas zu trinken eingepackt, damit du deine Tabletten einnehmen kannst. Vergiss es nicht. Du weißt, ich erfahre alles. Viel Glück an deinem ersten Schultag, -Tunc"

Automatisch schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen. Dieser Zettel ist wirklich sehr süß von ihm. Auch wenn ich die kleine Drohung darin erkenne. Ich lege den Rucksack neben mich auf den Boden und fange an zu frühstücken. Nach einer Viertelstunde stehen Kerem und ich auf, um zur Schule zu fahren. Ich verabschiede mich von Ipek abla und Fatih abi und gehe in den Flur, um meine Schuhe und meine Jacke anzuziehen. Das Wetter wurde langsam wirklich kalt, obwohl wir schon im Februar sind. In der Türkei wird es einfach nicht so kalt, wie in anderen Ländern. Als ich nach draußen gehe, erwarten mich schon drei Autos in schwarz. Kerems Wagen steht auch da. Cem abi kommt auf uns zu.

„Tunc abi will, dass wir dich zur Schule fahren."

Entsetzt schaue ich ihn an. Das ist doch ein Scherz, oder? Tunc denkt wohl immer noch, dass eine Gefahr lauert und ich deswegen beschützt werden muss. Er hat Angst, dass noch etwas passiert. Ich wollte gerade protestieren, als Kerem mich unterbricht.

„Tunc abi möchte nicht, dass dir etwas passiert. Steig einfach ein."

Seufzend nicke ich und steige in das gezeigte Auto ein. Ich habe sowieso keine andere Wahl. Eigentlich habe ich so etwas auch erwarten sollen. Cem abi setzt sich ebenfalls in den Wagen und fährt los. Wenigstens fährt mich jemand, den ich gut kenne.

Gefährliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt