19. Über den Suizid und den Humor

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Nach einer Weile kletterten wir  hinunter von dem Geländer und machten es uns bequem auf dem kleinen Leuchtturm, saßen uns gegenüber. Der Platz reichte gerade so. Man hatte einen Ausblick über das Meer bis hin zum nächsten Wattstrand. Es war unfassbar schön hier.

,, Hör mal, auch wenn man krank ist, kann man trotzdem eine schöne Zeit haben. Wenn du Fieber hast, bist du am Leben. Und du kannst auch wieder gesund werden." 
Ja vielleicht ging es ihr wirklich beschissen, aber das konnte sich ändern. Bei meiner Mum war es anders gewesen.

Nach einem Augenblick der Stille trafen sich unsere Blicke.
Maria räusperte sich.
,, Warum gibt es keine Medizin gegen die Depression? Warum keinen Arzt der einen heilen kann?"

Ich lächelte. ,,Gibt es doch irgendwie. Psychologen und Antidepressiva. "

,, Und wenn selbst das nicht hilft? Wenn man nicht mehr kann, weil man den Sinn nicht findet? Weil man am Arsch ist? Wenn man keinen Schritt mehr weiter will, weil das verfi**te Leben so scheiße ist?"

Verdammt, sie hatte ja so Recht!
Eigentlich hätte ich ab diesem Zeitpunkt schon wissen müssen, dass ich quasi eine Seelenverwandte gefunden hatte.

Ich weiß eigentlich war es unpassend, aber ich musste grinsen, konnte mein Lachen gerade noch verkneifen.
,,Dann kannst du immer noch hier runterspringen."

Sie zog die Augenbrauen hoch, schien über meine Aussage nachzudenken.  Dann mussten wir beide lachen, bis wir verstummten, weil wir uns den Ernst der Lage bewusst waren.
Nach langer Zeit war es wieder da. Mein unbeschwertes und humorvolles altes Ich. Ich fragte mich wer dieses Mädchen wohl war, dass es mich meinen Schmerz vergessen ließ.
Und vielleicht war es tatsächlich so was wie Hoffnung, das in mir aufflackerte. Aber auch sie konnte mich nicht retten.

Was fühlt man, wenn man sich nicht mehr spürt? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt