"Du bist ziemlich neugierig, oder?", fragt der schon leicht angetrunkene Harry mich mit einem mehr als schiefen Grinsen, nachdem er mich dabei erwischt hat, wie ich das Paar am Nachbartisch wohl doch nicht ganz so unauffällig belauscht habe.
"Also eigentlich... Okay, ja", antworte ich ertappt und verstecke einen kurzen Moment meinen glühenden Kopf in meiner rechten Hand.
Wenigstens sitzen wir nicht mehr an der im Mittelpunkt stehenden Bar, sondern einem der Tische am Rand.
"Dann hätte ich einen Vorschlag", beginnt der Braunhaarige, stoppt aber bevor er zur Sache kommt. Jetzt läge es an mir, aus Prinzip nicht zu fragen, wie der Vorschlag lautet, doch natürlich tue ich genau das Gegenteil und frage beinahe im selben Moment: "Der wäre?"
Ein charmantes Lachen. "Du stellst mir eine Frage, die ich beantworte; ich stelle dir eine Frage, die du beantwortest." Er schaut mich mit gehobenen Augenbrauen an, da ich erst einmal nicht darauf reagiere. Vermutlich glaubt er, dass ich nicht zuhöre, aber eigentlich bin ich nur am abwägen, ob es sich lohnt dieses 'Spiel' mit ihm zu spielen.
Das würde eine perfekte Möglichkeit bieten sowohl mein als auch sein leicht angetrunkenes Stadium zu benutzen, um schamlos neugierige Fragen zu stellen. Alleine dieser Fakt reicht schon, dass ich "Ja" sage.
So komisch es klingt, könnte man behaupten, dass ich an dem heutigen Abend ein bisschen warm mit diesem Mann geworden bin. Klar, ich habe eigentlich immer noch keine Ahnung wie er einzuschätzen ist, aber irgendwie hat die Angst vor ihm ein bisschen den Rücktritt gewagt.
Jetzt fürchte ich nicht mehr ihn, sondern das, was er mit antun kann.
"Na gut, dann fang du an", fordert er mich auf, und trinkt einen Schluck.
Einen Moment denke ich darüber nach, ob es sinnvoll ist, jetzt schon die schwierigeren Fragen zu stellen, entscheide aber, dass ich ganz simpel anfange.
"Was ist deine Lieblingsfarbe?", frage ich daher als aller erstes das, was mir ebenfalls zuerst in den Sinn gekommen ist.
"Wir fangen ziemlich niveauvoll an, oder?", spaßt er über meine Frage, woraufhin ich trocken antworte: "Zuerst musst du meine Frage beantworten."
"Ist schon gut." Er hebt kurz die Hände, lehnt sich dann weiter zurück, um während er überlegt an die Decke über sich zu schauen.
"Ich glaube..." Er macht eine kurze Pause, um sich durch die Haare zu fassen. "Orange."
Er belässt es vorerst bei dieser Antwort, doch als ich ihn vorwurfsvoll mit verschränkten Armen ansehe, erklärt er seine Wahl. "Ich mag das Orange von Orangen. Deswegen."
Auf seine Antwort hin hebe ich eine Braue, grinse aber zeitgleich in mich hinein.
Hätte er jetzt nicht etwas von Sonnenuntergängen reden müssen?
"Na gut", erlaube ich ihm, mir eine Frage zu stellen. "Nur zu."
"Wann hattest du deine letzte Beziehung?", platzt es ihm sofort ungeduldig heraus. Ich habe mit viel gerechnet, aber nicht damit, dass er mich das fragt. Vor allem hätte er noch ein paar Runden damit warten können.
"Letztes Jahr", antworte ich ehrlich.
"Und?", er lehnt sich ein kleines Stück nach vorne, um mich indirekt zum Weiterreden aufzufordern, woraufhin ich jedoch antworte: "Du hast nur gefragt wann, nicht mehr. Also bin ich dran."
"Du bist schon ziemlich kleinlich, oder?", fragt er rethorisch und lacht in sich hinein, sodass seine Grübchen zum Vorschein kommen. Er scheint es nicht schlimm zu finden.
DU LIEST GERADE
Inked. (h.s.)
FanfictionDie Kunststudentin Lou ist der Inbegriff von einem Tollpatsch und bezeichnet sich selbst gerne als einen der seltsamsten Menschen der Welt; Harry ist CEO eines großen Konzerns und entflieht seinem stressigen Arbeitsalltag im Tattoo-Studio. Man könnt...