- V I E R U N D A C H T Z I G -

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Knapp einen Monat später sieht meine Welt schon wieder ganz anders aus.

Immerhin sitzen wir gerade tatsächlich zu fünft in der Küche unseres alten Hauses.

Dad, Susie, Pat, Harry und ich sitzen zusammen an unserem Küchentisch. Dass ich dabei auf meinem alten Platz sitze, trägt nur dazu bei, dass die Situation sich noch seltsamer anfühlt.

Harry neben mir hält unter dem Tisch meine Hand sanft, streicht während der noch zu rettende Teil dieser Familie sich miteinander unterhält und über die Probleme spricht, die genau zu dieser Situation geführt haben, sanft über meine Fingerknöchel. So, wie er es immer tut. Auf diese vorsichtige Weise, die einem ein unglaublich wohliges Gefühl im Bauch verleiht.

Susie mir gegenüber hat ihre Hand auf ihrem Bauch liegen. Auch wenn man es nur unter dem weiten Pullover erahnen kann, verrät alleine die Bewegung, dass sich ein kleiner Babybauch darunter befindet. Pat neben ihr lächelt ausgeglichen als er ihr dabei einen Moment verträumt zu sieht.

Mein Vater am Kopf des Tischs trägt ebenfalls einen zufriedenen Gesichtsausdruck, anscheinend ist es angenehmer hier mit Susie und mir, statt mit meiner Mutter und meinem Bruder Chris zu sitzen. Dafür hat er natürlich mein vollstes Verständnis.

"Was sagt Chris dazu?", fragt Susie und ich sehe, wie eine kleine Falte sich zwischen ihren Brauen bildet, sie ihn für einen Moment kritisch ansieht. "Er sieht es wenigstens ein Stück weit ein. Trotzdem hält er zu eurer Mutter", erklärt mein Vater ruhig und ich kann es mir einfach nur zu gut vorstellen. Er wäre aus der Art geschlagen, benehme er sich nicht so.

Während wir weiter darüber sprechen, wie wir wieder zu einem wenigstens akzeptablen Verhältnis untereinander kommen können, spüre ich von Zeit zu Zeit den besorgten Blick meines Vaters auf mir. Er hat noch immer nicht verarbeitet, womit er mich jahrelang ohne nachzufragen alleine gelassen hat, fühlt sich schuldiger als jemand anders es jemals wegen mir getan hat.

Mir auf die Lippe beißend, drehe ich mich zu Harry, der noch immer wie mechanisch über meinen Knöchel streicht. Relativ schnell erkenne ich seinen konzentrierten Blick ins Leere. Er denkt angestrengt über irgendetwas nach.

"Und ihr wollt wirklich nicht mitkommen?", vergewissert Susie sich ein weiteres Mal, als es darum geht, dass sie gleich ihren zweiten Termin beim Frauenarzt hat, um noch einmal einen Ultraschall machen zu lassen. "Nächstes Mal". sagen mein Vater und ich im selben Moment und schauen uns sofort irritiert an.

Zumindest so lange, bis Susie beginnt zu lachen, dieses typische Susie-Lachen, das jeden Menschen in einem Kilometer Entfernung auch noch zum Lachen bringt. Denn dann grinsen wir beide ebenfalls, Harry neben mir drückt mit einem Schmunzeln kurz meine Hand. Auch Pat sieht uns drei lächelnd an, verschränkt dann seine Hand mit Susies.

Mein Vater bringt uns alle zur Tür und wird sowohl von Susie als auch von mir, ohne Vorwarnung kurz umarmt. Ich weiß es nicht, aber es fällt mir zu leicht, ihn so zu behandeln, wie ich es noch nie wirklich gekonnt habe. Diese neue, sich langsam entwickelnde Beziehung ist ein mir komplett unbekanntes Ding, wofür ich noch Zeit brauchen werde, um es genauer zu blicken.

"Tschüss", verabschiede ich mich und Harry nickt meinem Vater zeitgleich zu. "Kommt gut nach Hause", höre ich meinen Vater noch sagen, bevor er die Haustür hinter uns schließt. Kaum ein paar Meter vor Harrys Auto angekommen, bleibt er so stehen, dass ich mich noch immer seine Hand haltend zu ihm umdrehe.

Kurz ziehe ich in Betracht ihn eher trocken zu fragen, als ich aber sein süßes Lächeln sehe, kann ich nur mit einem Schmunzeln fragen: "Was ist?" Ohne sein Grinsen zu mindern, macht er einen Schritt auf mich zu und greift ohne groß nachzufragen auch nach meiner anderen Hand. "Nichts", lügt er und hebt meine Linke an, um einen Kuss auf den Handrücken zu drücken.

Inked. (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt