"Vielleicht geht es mir ja nicht nur um die Kunst."
Ich lasse beinahe den Pinsel fallen.
Nein, so kann er es unmöglich gemeint haben. Ich schüttle den Kopf und zwinge mich dazu weiter zu malen. "Du bist verrückt", meine ich noch und höre erst dann auf meinen Kopf zu schütteln, als würde irgendetwas bei mir falsch laufen.
"Muss ich dich daran erinnern wer gestern Abend laut über ein Bild gelacht hat und beinahe des Platzes verwiesen wurde?" Natürlich kam er damit und musste mich wieder mit diesem unglaublich charismatischen Grinsen anschauen.
"Das Bild war wirklich lustig", murmele ich nur, da mir keine Antwort einfällt. Er hat nämlich Recht; ich bin genauso verrückt wie er.
Nur nicht auf diese Weise, bei der ich mir Sachen in meine Haut stechen lasse, nur um einen Grund zu haben, dieses bestimmte Studio immer wieder aufzusuchen. Eher auf die, die mich in der Öffentlichkeit wie einen Idioten dastehen lässt.
"Ich habe gar nicht gehört, dass es Witze erzählt hat." Der Braunhaarige fängt an über seinen eigenen Witz zu lachen und ich sehe ihn ungläubig an. Diesen Satz als Witz zu bezeichnen ist so dermaßen falsch, wie zu sagen, dass ich nicht unbeholfen bin und gehört schon gestraft.
Dass ich ihm mit dem Pinsel einmal ins Gesicht patsche ist eher Kurzschlussreaktion als eine durchdachte, doch trotzdem lässt sie ihn aufhören zu lachen. "Wofür war das?", fragt Harry immer noch mit einem amüsierten Funkeln in seinen Augen und streicht die Farbe einfach mit seinem Handrücken weg, oder verteilt sie damit besser gesagt auf seiner ganzen Wange.
"Dieser Witz gehört bestraft", erkläre ich kurz, entschuldige mich aber wieder im nächsten Moment bei ihm, indem ich einen bis jetzt unbenutzten Lappen von der Theke nehme und ihm damit die noch nicht eingetrocknete Farbe bestmöglich von der Wange wische. Der ganze Prozess funktioniert schlechter als erwartet, weswegen ich letztendlich meinen Pinsel ablege, um sein Gesicht mit der einen Hand so zu halten, dass es einfacher geht.
Ich ziehe den Lappen kurz weg, um zu überprüfen, ob noch viel Farbe übrig geblieben ist und beiße mir auf die Unterlippe, um ein Lachen zu unterdrücken. Die braune Farbe ist andeutungsweise dort verschmiert, dass es aussieht, als hätte er Koteletten. "Entschuldigung", meine ich sofort und wische ein weiteres Mal dürftig darüber, kann die Farbe aber nicht mehr wegbekommen. "Aber du siehst aus wie Wolverine", bringe ich hervor und kann mein Lachen nicht mehr zurückhalten.
Das ganze geht sogar so weit, dass ich meinen Arm auf seiner Schulter abstütze, um nicht auf ihn zu fallen.
Im nächsten Moment spüre ich einen fetten Farbklecks auf meinem Kinn, der mich immer noch nicht komplett vom Lachen abhält.
"Und du siehst aus wie Nanny McPhee", ärgert Harry mich nun ebenfalls und lacht wieder ein wenig mehr als zuvor. Auch ich lache über diesen dummen Vergleich, der nur von Harry oder mir hätte kommen können. Sogar Jo ist nicht einmal durch genug, um mit so etwas aufzukommen und das hat wirklich etwas zu heißen.
Ich schüttle meinen Kopf und presse die Lippen aufeinander, drehe mich wieder auf meinem Stuhl, sodass ich wenigstens eine Chance bekomme mich von dieser Kotelette zu erholen. Dabei laufe ich unweigerlich rot an, da ich mich so sehr beherrschen muss.
"Kann ich dich küssen?" Ich drehe mich zu Harry, der mich unglaublich intensiv ansieht und sich fest auf die Unterlippe beißt. Daraufhin kann ich einfach nicht anders als zu nicken; immer noch mein Lachen zügelnd.
Im nächsten Moment hat Harry sich dann schon wieder so weit nach vorne gelehnt, dass er Gesagtes tun kann und mich vorsichtig küsst. Es kommt wie es kommen muss und ich pruste leicht in den Kuss hinein. "Entschuldigung", erhaste ich sofort peinlich berührt und bekomme keine Antwort von Harry sondern spüre lediglich wie er sein Grinsen gegen meine Lippen drückt. Dadurch scheint er meinen Drang zu lachen endgültig versiegen zu können. Stattdessen muss ich meine Hand auf seine Wange legen, um nicht aus dem Kuss weg zu rutschen.
Harry streicht schon bald mit seiner Zunge über meine Unterlippe, sodass ich meinen Mund automatisch öffne und das ganze immer weiter ausarten lasse. Tatsächlich so weit wie noch nie, dass ich letzten Endes von Harry so zu sich gezogen werde, dass ich auf seinem Schoß sitze.
In diesem Moment geht mir nichts durch den Kopf außer das, was gerade passiert. Ich denke nicht darüber nach, dass ich noch weitermachen muss, sondern finde in meinem Kopf nur Platz für dieses unglaubliche Gefühl von Wärme und Geborgenheit, das ich empfinde als ich vorsichtig an meinen Hüften vom herunterfallen abgehalten werde.
Ich verschränke meine Hände in Harrys Nacken und lehne mich weiter nach vorne, sodass ich meine Stirn einen Moment an seine lehnen kann. Dabei zucke ich kurz zusammen als ich spüre, wie seine rauen Fingerspitzen an der Stelle wo mein T-Shirt hochgerutscht ist über meine Seite streichen. Aber schon bald lässt mich dieses Gefühl weiter auf ihn herabsinken.
"Hat dir mal jemand gesagt wie unfassbar liebenswürdig du bist?", fragt Harry mich wie aus dem Nichts und drückt im nächsten Moment einen einzelnen Kuss auf mein freies Schlüsselbein.
"Nein", antworte ich ehrlich und atme zittrig ein, als ich ihm in die Augen sehe. In einer Situation dieser Sorte macht dieses unfassbare Grün in ihnen mich fast unfähig richtig zu denken.
"Hat dir jemand gesagt, dass du ein bisschen einschüchternd sein kannst?", frage ich im Gegenzug nur halb beabsichtigt; aber es ist nun mal das, was ich gerade denke.
"Der ein oder andere." Er lacht leise und küsst ein weiteres Mal mein Schlüsselbein, dieses Mal nur die andere Seite davon.
Ich schaue ihm ins Gesicht und sehe erst jetzt, dass er nun ebenfalls braune Farbe am Kinn hat, diese großflächig verschmiert ist. Beinahe automatisch greife ich wieder nach dem Lappen, um auch die Farbe an seinem Kinn zu entfernen. Das selbe möchte ich auch bei mir tun, als er ihn mir abnimmt. "Lass mich das machen", bittet er sanft und legt schon seinen Zeigefinger der freien Hand unter mein Kinn, um dieses ein wenig anzuheben. Mit der anderen Hand wischt er bedächtig mit dem Lappen die Farbe weg. Als ich nicht mehr diese Nässe der Farbe auf meiner Haut spüre, lehnt er sich schon wieder nach vorne und küsst die Stelle, an der der Fleck gewesen ist.
"Alles weg", versichert er mir grinsend woraufhin ich leicht den Kopf schüttle und ihn einfach nur ansehe. Dann wird mir aber auch wieder bewusst, dass wir nicht einfach so die Möglichkeit hatten, mit der Farbe herumzuspielen und sage entschuldigend: "Ich muss das wirklich fertig machen"
"Ich weiß." Mit einem leisen Lachen steht Harry auf und setzt mich, als wäre es nichts, wieder auf meinen Stuhl. Ich kann ihn nur baff ansehen als er sich gelassen ein neues Bier nimmt.
"Auch eins?" Er grinst frech über meinen Gesichtsausdruck und hebt demonstrativ eine noch verschlossene Flasche an.
"Ja", antworte ich verwirrt und sehe mit an, wie er die Flasche für mich öffnet und mit ihr in der Hand wieder auf mich zukommt.
Er beugt sich zu mir herunter und reicht mir die Flasche in die Hand, murmelt: "Ich ärgere dich nur Lou." Und drückt einen kleinen Kuss auf meine Lippen.
Ich schüttle einfach nur den Kopf und nehme meinen Pinsel wieder in die Hand.
*Bis HDS beendet ist, kann es ab und zu wieder ein paar Tage dauern, bis ein neues Kapitel kommt. Ist doch ein wenig schwerer ein Buch möglichst sinnvoll zum Ende zu bringen.*
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Inked. (h.s.)
FanfictionDie Kunststudentin Lou ist der Inbegriff von einem Tollpatsch und bezeichnet sich selbst gerne als einen der seltsamsten Menschen der Welt; Harry ist CEO eines großen Konzerns und entflieht seinem stressigen Arbeitsalltag im Tattoo-Studio. Man könnt...