"Ich rufe Susie an", murmele ich in seine Brust und entferne schweren Herzens meinen Kopf von seiner Wärme, um ihm ins Gesicht sehen zu können. "Ich verstehe nicht, warum sie es mir nicht gesagt hat", spreche ich in einem enttäuschten Ton weiter und schüttle den Kopf.
"Wahrscheinlich wollte sie das selbst klären", vermutet Harry und nimmt meine Hand, um mich aus dem plötzlich so kalten Haustürbereich zu ziehen. "Muss sie aber nicht", beharre ich und nehme schon vom Wohnzimmertisch mein Handy.
Kann nicht ein Abend normal laufen?
"Entschuldigung", sage ich im nächsten Moment, weil Harry mich nur stumm ansieht. "Nicht." Er macht einen Schritt auf mich zu und legt seine Arme um mich; immer noch locker genug, dass ich Susies Kontakt in meinem Handy suchen kann.
Ich drücke auf den Hörer und bleibe weiterhin in Harrys Armen stehen, als ich das gleichmäßige Piepen höre. So lange, dass ich glaube, keine Antwort zu bekommen.
Als ich schon frustriert auflegen möchte, geht Susie doch noch ran: "Lou?"
"Wo bist du?", frage ich sofort und beiße mir auf die Lippe. "Bei Pat", lügt sie, "Wie immer."
"Unsere Mutter war gerade an meiner Haustür, weil du es eben nicht bist. Sie hat mir von dem Mist erzählt, warum hast du nichts davon gesagt?", frage ich weiter und beobachte, wie Harry mir aufmerksam beim Sprechen zuhört.
"Ich- Du hast selbst genug Probleme, du sollst dir keine Gedanken um sowas machen", stammelt sie. "Um 'sowas'?" Als ich das frage, zucke ich zusammen, weil ich fast wie meine Mutter klinge. "Es geht darum, dass sie dir die Wahl nimmt, deine Zukunft zu bestimmen", versuche ich ruhig zu bleiben und greife unbewusst nach Harrys Oberarm, der mir gerade wohl am nähesten liegt.
"Das lasse ich nicht zu", antwortet sie sofort und ich habe ehrlich gesagt nicht mit weniger gerechnet. Sie lässt sich schon ein wenig länger nicht mehr wie eine Figur herumschubsen. "Deswegen sind wir auch weg", erklärt sie im Anschluss. Trotzdem hätte sie es mir sagen sollen.
"Wohin?" Am anderen Ende der Leitung höre ich Gemurmel, vermutlich von Patrick. "Bei Pats Schwester, zumindest bis Mum einsieht, dass sie im Unrecht ist."
Ich nicke obwohl sie es nicht sieht. "Warst du alleine als sie kam?", dringt ihre schüchterne Stimme, zu mir durch. "Nein, Harry ist da", erinnere ich uns beide gewissermaßen und lächle als Harry eine leichte Grimasse zieht.
"Und..?" Ohne seine Augen von meinen zu nehmen, beugt er sich genug nach vorne, um in mein Handy zu sprechen: "Ich konnte Muhammed Ali davon abhalten, sie komplett außer Gefecht zu setzen." Er grinst spitzbübisch und eine peinliche Stille tritt auf. Eher weniger aus dem Grund, dass ich beleidigt bin, sondern mehr, dass ich die Stille überbrücken will, drehe ich mich in Harrys Armen, um mich wegzubewegen. Bevor es dazu kommen kann, zieht er meine kleine Gestalt aber wieder zurück. Um mich zu fixieren legt er sein Kinn zusätzlich auf meinem Kopf ab.
"Du hast sie geboxt?" Susie schluckt. "Ich habe ihr eine Ohrfeige gegeben", gestehe ich leise und höre leises Lachen, das von Pat.
"Was hat sie dann gemacht?"
"Nicht viel.." Ich kratze meine Stirn und mache mir erst jetzt bewusst, was ich mit dieser Ohrfeige alles bewegen könnte. Ohne übertreiben zu wollen, höre ich auf das ganze in meinem Kopf auszuführen, sonst würde ich einen neuen Grund haben, um aus dem Fenster springen.
"Oh Gott, du bist am Arsch", bestätigt Susie meine Vermutung. "Aber sie hat es verdient", fügt sie mit einem kaum hörbaren Lachen an.
"Mehr als sonst jemand", antworte ich grinsend und habe mich schon an die ungewöhnliche Position, in der ich mich befinde, gewöhnt. Harry auch, denn er macht keine Anstalten, mich wieder los zu lassen. Auch nicht, als ich das Gespräch mit Susie beendet habe und versuche mein Handy blind aufs Sofa zu werfen.
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Inked. (h.s.)
FanfictionDie Kunststudentin Lou ist der Inbegriff von einem Tollpatsch und bezeichnet sich selbst gerne als einen der seltsamsten Menschen der Welt; Harry ist CEO eines großen Konzerns und entflieht seinem stressigen Arbeitsalltag im Tattoo-Studio. Man könnt...