- E I N U N D Z W A N Z I G -

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„Wo gehen wir hin?", frage ich ein weiteres Mal. Im Vorbeigehen kann ich durch die etlichen Bodentiefen Fenster in verschiedenste Restaurants hineinschauen, dem einen oder anderen Gast auf eine unangenehme Art und Weise direkt in die Augen sehen, nur um dann meinen Kopf ruckartig wieder nach vorne zu richten.

„Zu Los Pollos Hermanos", bekomme ich mit einem Schmunzeln zur Antwort, glaube aber mich dabei zu verhören.

Ich vergöttere mexikanisches Essen, muss aber sagen, dass ich das mit fast niemandem Teile- noch nicht einmal mit Jo.

„Du magst mexikanisches Essen?", frage ich daher und schaue ihn aus leuchtenden Augen an. Zu sehen, wie er sich verlegen auf die Unterlippe beißt, lässt mich beinahe erröten.

„Naja." Er schaut kurz auf den Boden, um mich dann wieder anzusehen, tatsächlich schüchtern zu erklären: „Ich habe Joseph gefragt, was du gerne isst."

Sofort brennen mir vor Verlegenheit die Wangen, ich drehe mich kurz in dem bitteren Versuch es zu verbergen zur Seite, dann aber wieder zu ihm. „Was ist wenn du mexikanisches Essen gar nicht magst?"

Meine in einem fast schon verwirrend treuen Ton gestellte Frage, entlockt dem Braunhaarigen ein lautes Lachen gefolgt von einem Räuspern. „Dann bin ich clever genug, um es dir nicht zu sagen." Er grinst weiter über seine eigenen Worte, ich schüttele lediglich grinsend den Kopf und schaue zum Boden. Harry ist einfach unglaublich.

***

Harry sitzt vor sich hin grübelnd mit der aufgeschlagenen Speisekarte gegenüber von mir. Schon seit einigen Minuten sitzt er schweigend vor mir, versucht irgendwie aus den spanischen Namen der Gerichte schlau zu werden. Unter ihnen steht zwar übersetzt was genau es ist, aber er scheint hartnäckig.

Meine eigene Karte liegt schon eine Zeit zusammengeklappt vor mir, mein Blick wandert seither durch das Ambiente, das wunderschöner nicht sein könnte. Harry muss einen wahren Glücksgriff geleistet haben mit diesem Restaurant.

„Soll ich dir helfen?", biete ich nach einiger Zeit an, rutschte kurz auf meinem Stuhl zu Recht.

„Das wäre mehr als nett." Harry schmunzelt verlegen und sieht zu mir herauf.

„Wie wäre es mit Tacos?", frage ich.

„Wenn du mir erklären könntest was das genau ist." Wieder kratzt er sich am Kopf, grinst aber über seine eigene Unwissenheit.

Dann erkläre ich ihm was Tacos sind, bis der Kellner kommt, um unsere Bestellung aufzunehmen. Dabei bleibt mir nicht unbemerkt, wie er uns beide unauffällig mustert, abschätzt warum genau wir hier sind. Als er sich halb sicher ist warum, fragt er auf Spanisch: „Con las cebollos?"

¡No, gracias", antworte ich im Gegenzug, bringe den Kellner damit zum anerkennend Nicken, bevor er verschwindet.

Harrys skeptischer Blick bleibt nicht unbemerkt.

„Du kannst Spanisch?"

„Ich kann auf Spanisch Essen bestellen", verbessere ich ihn und beiße mir fest auf die Unterlippe, um nicht zu Grinsen. Warum auch immer könnte ich das den ganzen Abend tun.

„Das ist ziemlich ... Louisa-haft", meint er und fügt Gesagten ein raues Lachen zu.
"Louisa-haft?", wiederhole ich und runzle kurz meine Stirn, muss dann aber willkürlich über seine unbeholfen Ausdrucksweise lachen.
"Es gibt einige Dinge, die wahrscheinlich nur du tust." Er zuckt mit den Schultern und sieht sich ganz kurz im Restaurant um.
"Ich denke es gibt wesentlich mehr Menschen, die auf Spanisch ihr Essen bestellen können", erwidere ich mit gekräuster Nase und schüttle einmal meinen Kopf.
"Bei keinem ist es so niedlich wie bei dir." Anhand seines Gesichtsausdrucks kann ich sagen, dass er sich für diesen herausgeplatzten Satz innerlich eine Ohrfeige verpasst. Das einzige, was zum komplettieren des Bildes fehlt, wäre ein Erröten seiner Wangen, das jedoch nicht erscheint.

Inked. (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt