27

1.6K 56 8
                                    

Deine Mutter ist... Der Notarzt konnte nichts mehr für sie tun. James Worte hallen in meinem Kopf wider und ich will nicht glauben, was mein Gehirn mir versucht klar zu machen. Mum kann nicht einfach weg sein, sie kann nicht...tot sein. Das kann einfach nicht sein!

„Wie meinst du der Notarzt konnte nichts mehr für sie tun?", harkt Alex nach, während er nach meiner Hand greift. Sein Vater atmet tief ein und Tränen stehen ihm in den Augen als er antwortet. „Sie ist noch an der Unfallstelle ver...verstorben." Nein, nein, das kann nicht wahr sein!  „Nein,...das...das kann nicht sein", widerspreche ich. Meine Mum...das geht nicht. „Layla, es...es tut mir so leid! Auf dem Highway, ein betrunkener Fahrer hat sie frontal erwischt.", James rollt eine Träne die Wange runter. Mein Herz krampft sich zusammen und langsam macht sich der Schock in mir breit. „Nein. Nein...", murmle ich vor mich hin und werde immer leiser. Die Welt um mich herum verschwindet und ich fühle mich wie in Watte gepackt, nehme nichts mehr wirklich wahr. James sitzt uns gegenüber auf dem Sessel und scheint sich schwer zusammenzureißen zu müssen. Die Zwillinge reden vorsichtig und leise auf mich ein, Alex drückt meine Hand, aber nichts davon nehme ich wirklich wahr.

Langsam stehe ich auf. „Ich...brauch Zeit", sage ich leise und gehe in mein Zimmer. James sagt noch irgendetwas zu mir, doch wieder nehme ich nichts wahr. In meinem Zimmer schließe ich hinter mir die Tür und lege mich auf mein Bett. Stumm starre ich an die Decke. Keine einzige Träne fließt. Ich fühle mich einfach nur leer, als würde ein Teil von mir fehlen. Ich will und kann das alles nicht glauben. Sie kann nicht einfach weg sein. Was soll ich ohne meine Mum machen? Mein Blick bleibt an die Decke gerichtet und ich starre Löcher in die Luft. Wen hab ich jetzt noch? Mum ist weg, Dad ist nicht mehr derselbe und Großeltern hatte ich nie. Im Grunde bin ich Waise.

Meine Gedanken wandern wieder zu Mum. Ihr Lächeln, ihre Umarmungen, sie war immer für ich da. Und jetzt soll das alles vorbei sein? In England haben wir jedes Wochenende unsern Mädelsabend gemacht und Filme geschaut. Meine Erinnerungen ziehen wie ein Film an mir vorbei: Mum die mir Fahrrad fahren beibringt, sie mit einem stolzen Lächeln an meinem ersten Schultag, unser Filmeabend mit viel Eis bei meinem ersten Liebeskummer, der dauernde Streit mit meinem Vater, der Umzug. Wie glücklich Mum hier wieder war, sie hat eine neue Liebe gefunden, nochmal eine kleine Tochter bekommen und das alles wurde ihr vom einen auf den anderen Moment genommen. James hat seine Frau verloren, die Zwillinge ihre Stiefmutter und Emma und ich unsere Mum. Die Kleine wird ihre Mutter nie wirklich kennen lernen.

Dieser Betrunkene hat nicht nur Mum getötet, sondern auch einen Teil von mir genommen.


Liam P.O.V.

Ich werfe Alex einen letzten Blick zu, dann öffne ich leise die Tür zu Laylas Zimmer. Sie hat sich seit heute Mittag dorthin verzogen, doch anders als erwartet liegt nicht ein Taschentuch herum. Layla liegt auf dem Rücken auf ihrem Bett und starrt an die Decke. Sie scheint mich nicht mal wahr zu nehmen. Vorsichtig stelle ich den Teller mit Essen, den wir für sie gemacht haben, auf dem Nachttisch ab und lasse mich auf der Bettkante nieder. „Kleine, ich...", ich unterbreche mich selber. Was sagt man auch in so einer Situation? „Wir haben dir was zu essen gemacht. Wenn du uns brauchst, wir sind da!" Immer noch keine Reaktion von ihr. Ich kaue auf meiner Unterlippe herum, überlege was ich noch sagen könnte oder sollte, aber mir fällt nichts ein und schlussendlich stehe ich einfach auf und verlasse ihr Zimmer.

Draußen wartet Alex schon und sieht mich abwartend an. Ich schüttle nur den Kopf. „Sie hat kein Wort geredet. Und wie es scheint bisher auch keine Träne vergossen." „Wow, sie heult nicht und ich konnte mich vorhin vor Em nicht mehr zusammenreißen.", ein müdes und trauriges Lächeln erscheint auf seinem Gesicht, verschwindet jedoch schnell wieder. Ich seufze und lege meine Hand auf die Schulter meines Bruders. „Komm, wir bringen Emma bei mir ins Bett und hauen uns dann bei dir auch hin", schlage ich vor.

Broken Home #CA19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt