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Wie jeden Morgen steht mein Toast dank Liam schon auf dem Tisch und ich lasse mich müde neben Alex fallen. „Was hast du denn die ganze Nacht gemacht? Du hast schlimmere Augenringe als ein Zombie", Liam betrachtet mich kritisch. „Hab Physik gelernt", murmle ich und greife nach dem Kaffee. Vielleicht hilft mir der einigermaßen wach zu bleiben, obwohl ich das schwer bezweifle. Ich hab bis mitten in der Nacht gelernt, aber das Thema immer noch nicht verstanden. Ich hätte ja Danny gefragt, aber ich...wollte es alleine schaffen. Okay, sein wir ehrlich, ich habe mich einfach nicht getraut zu fragen.

„Aber ich werd den Test wahrscheinlich trotzdem verhauen", schiebe ich hinterher. „Du schaffst das", ermutigt mich Alex, doch ich schüttle nur abweisend mit dem Kopf. Physik ist nicht meins und wird es auch nie sein. Ich hab den ganzen Kram noch nie verstanden. „Nur weil du Physik nicht leiden kannst, heißt das nicht automatisch, dass du schlecht bist", versucht Alex mich weiter zu überzeugen. Ich will gerade etwas erwidern, doch Liam kommt mir zuvor. „Versuchs gar nicht erst! Ich habs auch schon aufgegeben, unser kleine will das nicht verstehen", erklärt er seinem Zwillingsbruder achselzuckend. Ich wedle müde mit meiner Hand in seine Richtung. So von wegen 'hör auf ihn, er hat recht!' „Ich hab es noch nie verstanden und werde es auch nie!" Ich stehe auf und gehe zur Haustür, die Zwillinge folgen mir. „Mit Danny hat es aber doch geklappt", startet Alex den gefühlt hundertsten Versuch und wackelt vielsagend mit den Augenbrauen. Von mir bekommt er nur einen tödlichen Blick.

„Na, wie war's?", begrüßt mich Liam als ich nach der Schule. Gemeinsam verlassen wir das Gebäude und schlendern zum Motorradparkplatz. „Scheiße", kommt es von mir. „Physik?", fragend zieht er die Augenbrauen hoch. „Auch", murre ich. Kann man mich nicht einmal in Ruhe lassen? In Englisch bin ich eingeschlafen und unser Lehrer hat mich zusammengeschissen. In Physik wusste ich nichts außer der Definition und hab nur Mist aufs Blatt geschrieben. Und zum krönenden Abschluss hat Mr. Atkins mich auf dem Kicker gehabt und immer drangenommen. Man kann also sagen, ich bin dezent geladen.

„Und bei dir?", frage ich trotzdem. „Ganz ok, eigentlich", meint Liam. War ja klar. „Wo ist eigentlich Alex?", will ich verwundert wissen als wir bei den Motorrädern ankommen und er nicht wie sonst auf uns wartet. „Der hat Mel entführt, frag mich nicht wohin", Liam zuckt grinsend mit den Schultern und reicht mir den zweiten Helm. Seinen hat er schon auf und setzt sich auf die Maschine. Seufzend werfe ich meine Haare nach hinten. Ich liebe es mit den Jungs zu fahren, aber es nervt schon die Haare immer irgendwie beiseite machen zu müssen. Ich will gerade den Helm überziehen als sich eine Hand auf meine Schulter legt. „Ich freu mich auf morgen", flüstert mir jemand ins Ohr. Eine Gänsehaut zieht sich über meinen Körper. Schnell drückt Danny seine Lippen auf meine Wange, dann ist er mit einem letzten Zwinkern verschwunden.

Wie hypnotisiert starre ich auf die Stelle, wo er gerade stand. Wieso hat er verdammt nochmal so eine Wirkung auf mich? Kopfschüttelnd streife ich den Helm über und gehe zu Liam, der mich fragend mustert. „Später", sage ich nur und schwinge mich hinter ihn auf die Maschine. Sobald ich meine Arme um meinen Bruder geschlungen habe, gibt er Gas und kurvt uns durch den zähflüssigen Verkehr Melbournes nach Hause.

„Was wollte Danny grade eben von dir?", fragt Liam sobald wir die Wohnung betreten haben. „Ich...nichts Wichtiges", druckse ich herum. Mein Bruder sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an und ich seufze. Wieso muss ich auch so eine schlechte Lügnerin sein?! „Er meinte nur, dass er sich auf morgen freut", erkläre ich also leise. „Was ist morgen?", Liam wirkt ein wenig genervt. Okay, er muss mir auch alles aus der Nase ziehen, aber wenn er alles wissen will, soll er sich ja auch mal Mühe geben müssen. „Date", nuschle ich in meinen nicht vorhandenen Bart. Liam sieht mich erstaunt an. „Du, du gibst ihm noch eine Chance?" Ich stöhne. „Das willst du nicht wirklich wissen, oder?" „Doch!", er grinst, schnappt sich meinen Arm und zieht mich ins Wohnzimmer auf die Couch. „Sicher, dass du ein Junge bist?", abschätzend mustere ich ihn. Liam sieht mich verständnislos an. „Jaaaa, wieso?" „Na ja, du benimmst dich wie en Mädchen, dass alles über die Beziehung der Freundin aus ihr rausquetscht", lache ich. Zuerst sieht Liam mich ärgerlich an, doch dann muss auch er lachen.

Broken Home #CA19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt