Danny P.O.V.
Ich schmeiße meine Tasche neben die Garderobe und nehme wie automatisch die Treppe nach oben. Alles in mir schreit danach, hochzugehen, Layla in den Arm zu nehmen und nie wieder loszulassen. Aber wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, weiß ich, dass sie das nicht zulassen würde. Trotzdem mache ich mich auf den Weg nach oben. Selbst wenn es nicht klappt, will ich mir nicht vorwerfen lassen, es nicht versucht zu haben.
„Bis gleich", sagt Alex. „Du glaubst nicht das ich es schaffe?", es ist mehr eine Feststellung als eine Frage. „Sorry, Kumpel, aber wenn sie nicht mal mit uns redet, wieso sollte sie ausgerechnet mit dir reden?" Ich zucke nur mit den Schultern und laufe die Treppe ganz hoch. Weil ich weiß, wie sie sich fühlt!, antworte ich Alex noch in Gedanken, bevor ich zaghaft an Laylas Tür klopfe.
Layla P.O.V.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie lange ich hier schon liege und auch nicht wie lange ich das noch vor hab. Es fühlt sich zumindest nicht falsch an. Wobei das auch nicht wirklich was heißt. Im Moment spüre ich nämlich gar nichts. Weder Hunger noch Durst oder Müdigkeit, keine Trauer, dass Mum für immer weg ist und auch kein Funken Wut auf den betrunkenen Fahrer. Es ist, als wäre alles in mir leer.
Ein leises Klopfen an der Tür reißt mich aus meiner Welt, doch ich ignoriere es. Wie immer. Wahrscheinlich sind es eh nur Liam oder Alex, vielleicht auch James, die nach mir schauen, versuchen mit mir zu reden, aber dann doch schnell aufgeben. Ich höre, wie sich die Tür öffnet und wieder schließt. Dann lässt sich jemand neben mir auf dem Bett nieder und legt mir eine Hand auf den Rücken, der der Tür zugewendet ist. Ein Kribbeln fährt von dort aus durch meinen Körper. Erstaunt drehe ich mich um. Was tut er hier?
Und tatsächlich. Danny sitzt wirklich hinter mir, auf meinem Bett, mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck. Doch seine Wirkung auf mich (für die ich meinen Körper am liebsten verfluchen würde) ändert nichts daran, dass ich nicht reden will. Also werde ich ihn genauso wie alle anderen rauskomplimentieren. „Lass mich in Ruhe!", ich bin überrascht, dass meine Stimme so sicher klingt. Da ich in den letzten paar Tagen wenig gesprochen habe, hätte ich eher erwartet, dass sie irgendwie rau ist, aber nichts. „Kannst du vergessen", antwortet Danny nur. War ja klar, dass er sich nicht so leicht abschütteln lässt.
„Ich will nicht reden", sage ich schließlich und drehe mich von ihm weg. Die Matratze bewegt sich und kurz darauf knarzt das Holz an meinem Kopfende. Er hat sich angelehnt. „Ich weiß", antwortet er. Wow, und das heißt jetzt was?! „Und ich weiß auch wie du dich fühlst", fügt er leise hinzu. Ich runzle die Stirn, lasse mir jedoch nichts anmerken. Woher sollte er wissen, wie ich mich fühle? Er kann einfach keine Ahnung haben von der Leere in mir. Irgendwie macht sie mir Angst, aber auf der anderen Seite ist sie mir willkommen. So muss ich die Trauer nicht fühlen, den Schmerz nicht wahrnehmen.
„Du hast keine Ahnung", erwidere ich. „Dann erklärs mir", verlangt er, doch ich schnaube nur. „Morgen ist die Beerdigung", wechselt er dann abrupt das Thema. Ich versteife mich. Morgen schon?! Ich weiß nicht, ob ich dazu bereit bin. Bereit bin Abschied zu nehmen. Auf immer Lebewohl zu meiner Mutter zu sagen.
Als ich nichts weitersage, steht Danny auf und geht zur Tür. Endlich scheint er auch aufgegeben zu haben, doch im Türrahmen stehend, dreht er sich noch einmal um. „Layla, glaub mir einfach, wenn ich sage, dass ich weiß, wie du dich fühlst. Geh morgen zu der Beerdigung, nimm Abschied. Es hilft, glaub mir. Und wenn du nicht reden willst, dann schreib es auf. Du wirst ansonsten kaputtgehen", erklärt er leise. Dann schließt sich die Tür und ich höre, wie draußen die Treppe knarzt.
Seine Worte machen mich nachdenklich. Den Rat mit dem Schreiben, den er mir gegeben hat, klang, als wüsste er wovon er spricht. Ich würde daran kaputt gehen... Es klang für mich fast schon wie eine Erfahrung von der er erzählt. Irgendetwas muss in seiner Vergangenheit passiert sein, und dann das Kreuz Tattoo mit den römischen Zahlen...ich werde aus diesem Kerl nicht schlau.
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Broken Home #CA19
Teen FictionFür Layla bricht eine Welt zusammen. Ihre Eltern trennen sich und sie muss mit ihrer Mutter nach Australien ziehen. Doch in Melbourne wird alles nur noch schlimmer: Ihre Mutter klebt nur so an ihrem Neuen, ihre Stiefbrüder scheinen sie zu hassen, ih...