Kapitel 30

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Kimis Sicht:

„Hey, Ash!“, ertönte da plötzlich eine männliche Stimme hinter mir. Ashley machte noch eine Liegestütze, stieß sich aber dieses Mal fester ab und sprang elegant auf. Der Mann, der jetzt zu ihm kam, war ein richtiger Kasten, breite Schultern, muskelbepackter Nacken, hellbraune, zerzauste Haare, und sein Gesicht war Wetter gegerbt.

Er sah einfach aus wie ein waschechter Navy-Soldat. „Ist sie das?“, fragte er jetzt Ashley und musterte mich. „Ja“, antwortete Ashley. „Können wir einmal kurz Armdrücken machen?“, fragte er mich, ich sah ihn verwirrt an, nickte aber.

Wir legten uns gegenüber in die Wiese und machten uns startklar. Ich sah dem Kerl, der wahrscheinlich Mick war, fest in die dunkelbraunen Augen. „Los“, rief Ashley und wir begannen. Natürlich hatte ich keine Chance gegen den Muskelprotz, doch er lies mich immer wieder etwas auf seine Seite kommen. Dann drückte er meinen Arm wie nichts auf den Boden. „Bei dir wird Technik und nicht Kraft über den Sieg entscheiden“, meinte er und es hörte sich an wie ein Horoskop.

„Willst du morgen mit ihr trainieren?“, fragte Ashley. „Ich hab morgen keine Zeit, ich weiß nicht, wie es grad bei Euch so aussieht, aber meinst Du, Du könntest mal den Pfad mit ihr joggen gehen, und mir dann berichten, wie sie sich schlägt?“, sagte Mick. Ashley überlegte. „Ich werde mich zwar für den Fall der Fälle ausrüsten müssen, aber dann könnte es funktionieren. Und genau, ich muss mit Abigail ausmachen, ob das O.K. ist. Mein Bein verheilt zwar jetzt ganz gut und schmerzt jetzt auch nicht mehr, aber du kennst Abigail ja.“ Ashley zwinkerte Mick zu, und dieser musste grinsen. „Also heute noch Schontraining?“ Man sah Ashley an, dass er über die Wunde nicht sonderlich erfreut war.

Andererseits, wer hat schon gerne ein Loch im Bein.

Die zwei machten erst Sit-Ups, beziehungsweise Ashley machte Sit-Ups, Mick stand nur daneben. Und dann ging es an den Nahkampf. Mick nahm Ashley in den Schwitzkasten, und Ashley musste versuchen, irgendwie wieder frei zu kommen.

Und er schaffte es auch, indem er Mick erst in den Bauch boxte und, nachdem dieser den Griff etwas gelockert hatte, drückte er sein Knie in Micks Kniebeuge. Gab Mick dann noch einen kleinen Schubs, sie fielen beide zu Boden, und Ashley konnte sich aus dem Griff befreien.

Sie kämpften eine gute halbe Stunde und übten dabei, wie man sich aus dem Polizeigriff oder Schwitzkasten befreit. „Ich denke, wir können aufhören“, sagte Mick und drehte sich zum Gehen. „Wie ist die Lage bei Euch?“, fragte Ashley, während er wieder seinen Pulli anzog, den er kurzzeitig ausgezogen hatte. „Soweit alles ruhig, aber wer weiß, vielleicht ist es auch die Ruhe vor dem Sturm“, antwortete Mick ernst und verschwand nach einem Nicken in meine und Ashleys Richtung zwischen den Lagerhallen.

„Wie wär‘s wenn wir jetzt mit den anderen zusammen essen, und wir beide uns dann in mein Büro verziehen?“, meinte Ashley mit einem Grinsen. „Werd‘  ja nicht pervers“, neckte ich ihn und lief ihm hinterher in die Lagerhalle zu den Betten.  Dort angekommen, öffnete er eine große Dose Nudelsuppe und stellte sie auf einen kleinen Gasbrenner, dann schnappte er sich sein Headset und gab den anderen Bescheid, dass sie „Essen fassen“ kommen sollen. Sie kamen auch recht schnell her.

Es wurden Schüsseln und Löffel verteilt, nachdem jeder Suppe in seiner Schüssel hatte und „Guten Appetit“ gesagt wurde, aßen alle zufrieden ihre warme Suppe. Es war zwar keine so besonders gut schmeckende Suppe, aber man konnte sie durchaus essen, ohne sich übergeben zu müssen.

Als dann alle gegessen hatten, wurden Schüsseln und Gasbrenner gesäubert und aufgeräumt. „Vicky, ist in meinem Fach ein Auftrag?“, fragte Ashley. „Nein, ich hab den Klienten bei Logan hineingetan“, antwortete Vicky etwas verwirrt. Ashley warf Logan einen, für mich nicht verständlichen, Blick zu und dieser nickte.

„Gut, dann zischen wir mal ab. Sollte irgendwas sein, bin ich im Büro erreichbar. Aber NUR in Notfällen!“, sagte Ashley und wir gingen runter zu den Fächern.

Ashley sah die Fächer durch und sah sich kurz ein paar Aktenmappen an. Entschied sich dann letztendlich für 6 Aktenmappen, und wir gingen in sein Büro. Er rutschte zwei Stühle gegenüber auf die freie Fläche in seinem Büro, wir setzten uns und ich musste feststellen, dass zwischen unseren Knien nur noch 10 Zentimeter Luft waren. „Willst du erst Fragen stellen oder soll ich dir unser Geschäft anhand dieser Aufträge erklären?“ fragte Ashley und deutete auf die Aktenmappen, die er neben sich auf den Boden gelegt hatte.

Gut kann auch böse...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt