Kapitel 68

94 6 0
                                    

Kimis Sicht:

Als ich aufwachte, war es immer noch dunkel. Allerdings lag ich nicht mehr an Ashs Schulter, sondern in meinem Bett. Ich öffnete meine Augen, um zu überprüfen, ob noch alles so war wie immer. Und ich sah auch keine Auffälligkeiten, bis auf eine. Ash saß auf meinem Schreibtischstuhl. Wieso war er noch hier? Und wieso hatte er nicht die Matratze unter meinem Bett rausgezogen?
Als könnte er Gedanken lesen, antwortete er. „Ich wollte dich nicht aufwecken.“ Seine Stimme war rau und tief. „Wie lang sitzt du da schon?“, fragte ich verwirrt. „Seit ich dich ins Bett gebracht hab“, murmelte er leise. Ich lehnte mich ein Stück über die Bettkante und holte eine zweite Bettdecke unter dem Bett hervor. Seit Lindsay regelmäßig bei uns geschlafen hatte, hatten wir Bettzeug unter meinem Bett deponiert. Ich rutschte ein Stück und legte die Decke neben mich. „Komm. Das Bett ist groß genug“, flüsterte ich müde zu Ash. Er musste morgen auch wieder fit sein. Und ich vertraute ihm, dass er anständig war und mich nicht aus dem Bett schmiss. Wahrscheinlich wäre es eher andersrum.
Er zog sein Jackett aus und legte sich neben mich. Ich ignorierte, dass er sich verspannte, und legte meinen Kopf auf seine Brust. Es dauerte eine Weile, bis er sich entspannte. Aber es störte mich nicht. Ich fand es eher gut, dass ich ebenfalls eine Wirkung auf ihn hatte und nicht nur er auf mich. Mit dem Herzschlag am Ohr schlief ich innerhalb kürzester Zeit wieder ein. Ich schlief gut, hatte keine Träume, und wachte auch nicht mehr auf.
Als ich in der Früh meine Augen öffnete, zeigte meine Uhr 8 Uhr an. Mit einem Brummen drehte ich mich nochmal um. Ash nahm mich an der Hüfte und zog mich zu sich. Dann legte er einen Arm um mich und gab mir einen Kuss in den Nacken. Wie immer breitete sich eine Gänsehaut aus. Aber es war eine Gänsehaut, die ich genoss.
„Guten Morgen“, brummte er. Ich antwortete nicht, sondern drückte mich nur noch mehr an ihn ran. Tellerklappern war aus der Küche zu vernehmen, woraus ich schloss, dass meine Mutter Frühstück machte. „Ich glaube, wir werden zum Frühstück erwartet“, seufzte ich und wollte aufstehen, doch Ash ließ mich nicht. „Was, wenn wir liegen bleiben und noch ein wenig Zweisamkeit genießen?“, brummte er. „Ashley“, sagte ich streng. Ergeben ließ er mich los und hob die Hände. „Na gut, schuldig im Sinne der Anklage“, seufzte er. Ich stand auf und ging zu meinem Schrank, um eine kurze Hose und ein großes Schlabber T-Shirt rauszuholen. Dann holte ich mir noch frische Unterwäsche aus der Schublade und ging dann gemütlich ins Bad, um mich umzuziehen.
Als ich zurück in mein Zimmer kam, stand Ash gerade da, in Cargohose, was denn sonst, und zog sich ein T-Shirt an. Dabei konnte ich sehen, dass die blauen Flecken schon so gut wie weg waren. „Können wir?“, fragte ich und verstaute meinen Jumpsuit im Wäschekorb. Ash nickte und legte einen Arm um meine Schulter. Abrupt blieb ich stehen und sah ihn schräg an. Als er verwirrt zu mir sah, ließ ich meinen Blick kurz zu seinem Arm wandern. Plötzlich wurden seine Augen groß und er nahm die Hände hoch. „Ist schon gut. Nicht ausflippen“, meinte er. Ich marschierte voraus und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Es machte Spaß, ihn zu ärgern. Vor allem weil er sowas von Mädchen wahrscheinlich nicht gewohnt war. Denn ich glaube, kein Mädchen würde einen Kerl wie ihn abblitzen lassen. Demnach konnte er sich bei denen auch so einiges leisten. Aber nicht mit mir.
Ich ging nach unten zu meiner Mom, die gerade noch frischen Orangensaft presste. „Guten Morgen, Mom“, sagte ich. „Morgen Schatz. Ah, unser Gast ist auch schon wach. Guten Morgen.“ Ash nickte meiner Mutter freundlich zu. Dann gingen wir ins Esszimmer. Der Tisch war schon gedeckt, und auch Beth war da und wartete ungeduldig auf uns. Wir setzten uns und aßen. Es schmeckte einfach vertraut köstlich. Und es war schön, wieder hier zu sein. Ich hatte sie einfach vermisst. Den Geruch unseres Hauses, ihre Stimmen, der Alltag. Einfach alles. Nicht, dass es bei Ash nicht auch schön gewesen wäre. Aber es war einfach anders, in vertrauter Umgebung zu schlafen.
Als wir fertig mit Essen waren, ging ich nach oben, um Lindsay anzurufen und mit ihr etwas auszumachen. Ash half meiner Mom noch beim Aufräumen. Ich war unendlich dankbar, dass Ash mitgekommen war und da geblieben war.
Lindsay meinte, ich könnte direkt vorbei kommen, sie wäre gerade mit Frühstücken fertig. Also lief ich wieder nach unten, um Ash Bescheid zu geben, dass wir aufbrechen mussten. Er lehnte gerade an der Theke und trank seinen Tee aus. „Ash, wir müssen. Mädelstreffen“, rief ich in die Küche, während ich meine Schuhe anzog. Mit einem Seufzer trank er den Tee auf ex aus. Dann kam er zu mir. „Seit wann bin ich ein Mädchen?“, fragte er gespielt zickig. „Noch bist du kein Mädchen, aber leider mein Anhängsel. Also, kommst du jetzt?“, fragte ich genervt. Ich ging zum Auto, und Ash kam murrend hinterher.

Gut kann auch böse...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt