Kapitel 4

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Ein pochender Schmerz durchfuhr meinen Körper. Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Es dauerte lange, bis sich meine Augen an die Helligkeit gewohnt hatten. Ich lag in einem Bett und dem Geruch nach zu urteilen, war ich im Krankenhaus. Der Versuch sich aufzusetzen, endete in einem schmerzvollen Stöhnen, ich konnte mich kaum bewegen, da ich um den Bauch und an der Schulter Bandagen hatte. Da wurde schon die Tür aufgerissen und meine Mutter sowie meine 4 Jahre jüngere Schwester Beth stürmten herein. „Na endlich Schatz, du bist wach“, rief meine Mutter freudequietschend aus und auch meine Schwester wirkte hibbelig. Hinter den beiden kam ein Arzt ins Zimmer geschlürft. Er wirkte erschöpft und müde, so als hätte er schon lang nicht mehr geschlafen. Wahrscheinlich hatten sie in diesem Krankenhaus einen Ärztemangel. Eine Krankenschwester, die ebenfalls gerade rein gekommen war, half mir beim Hinsetzen und gab mir ein Glas Wasser und eine Spritze gegen die Schmerzen. Meine Mutter und Beth saßen derweil überglücklich links und rechts von meinen Beinen auf dem Bett.

Jetzt fing der Arzt an, meine Befunde aus einer schwarzen Mappe abzulesen: „Also gut Mrs. Cleroyl, Nachdem sie stabil waren, haben wir Sie sofort zum Röntgen gebracht und haben festgestellt, dass sie sich zwei Rippen und das rechte Schlüsselbein gebrochen haben.“ Ich stöhnte laut auf. Was für eine Scheiße. Naja, wenn ich Glück habe, ist das in 6 Wochen wieder verheilt. „Doch leider“,  fuhr der Arzt fort,  „hat sich bei dem einen Rippenbruch ein Fragment gelöst und zwischen die Knochen geschoben. Deshalb müssen wir morgen noch eine etwas aufwendigere Operation vornehmen.“ „Scheiße. Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ Das war gerade das einzige was ich heraus brachte. Geschockt sah meine Mutter den Arzt an: „Aber es wird danach alles wieder wie früher oder?“ „Jaja, die einzige Gefahr ist, dass ihre Tochter eine Narbe behält.“

Daraufhin erhielt ich einen mitleidigen Blick von Beth, auf den ich erwiderte: „ Ich hatte noch nie den Plan, ins Model-Geschäft einzusteigen.“ Ein kleines Grinsen zog sich über die Lippen von Beth und mir. Ich bekam noch einen kurzen Kuss von den beiden auf meine Wangen und dann verabschiedeten sie sich. Als die Tür zugefallen war, konnte ich hören, wie meine Mutter anfing, draußen laut stark mit dem Arzt zu 'diskutieren'. Erst jetzt fiel mir ein Junge auf, der sich am Fenster auf der anderen Seite des Raumes befand. Er saß zusammengesackt in einem Sessel und starrte in sein Handy. Ich hatte keine Ahnung, wer er war, er hatte schwarze Turnschuhe, eine schwarze Hose und einen schwarzen Pulli an, dessen Kapuze er sich tief in die Stirn gezogen hatte, sodass ich sein Gesicht nicht erkennen konnte. Irgendwie kam er mir bekannt vor, also musterte ich ihn nochmals etwas genauer. „Was findest du so interessant an mir?“, fragte er mich ohne aufzusehen, und riss mich mit seiner tiefen, rauen und etwas bedrohlich wirkenden Stimme aus meinen Gedanken. „Ähm … nichts … aber was machst du in diesem Zimmer?“ „Warten, dass 3 langweilige Stunden vorüberziehen und ich wieder heim kann.“ „Und wieso ausgerechnet in meinem Zimmer und wieso gehst du nicht gleich heim?“ , fragte ich jetzt, nachdem ich etwas Mut gefasst hatte. „Sozialdienst.“ „Bitte was? Und warum weiß ich davon nichts?“ „Jetzt werd mal nicht hysterisch. Wann hätte man es dir denn sagen sollen, du hast doch bis vor Kurzem noch gepennt.“

Er warf einen kurzen Blick auf seine goldene Armbanduhr, dabei konnte ich einen kurzen Blick auf sein Handgelenk erhaschen, das er dann hektisch wieder unter seinem Pulli verbarg.  Ein ca. 5 cm großes Skorpions-Tatoo zierte die Unterseite seines Gelenks. Er stand auf, zog aus seiner hinteren Hosentasche einen Stift und ein Blatt Papier und kam in mit zwei großen Schritten auf mein Bett zu. Dann hielt er mir das Blatt mit dem Stift hin und meinte noch: „Einfach unterschreiben, dann bist du mich los.“

Umständlich versuchte ich zu unterschreiben, was gar nicht so leicht war, als Rechtshänder mit links unterschreiben zu müssen, denn meine rechte Seite war ja unfähig, sich zu bewegen. Kaum hatte ich es geschafft, riss er mir das Blatt aus der Hand und verschwand, ohne Tschüss zu sagen. Seltsamer Typ. Ich schloss meine Augen und döste ein wenig.

***

Nach 1 Stunde gab es dann endlich Abendessen. Eine Schwester brachte mir mein Menü. Nudeln mit Tomatensoße, als Beilage ein grüner Salat und als Nachspeise ein kleines Vanilleeis mit Obstsalat. Alles in allem also ein sehr gesundes Essen. Ich verschlang alles und lehnte mich dann vollgefressen zurück. Die Schwester kam noch kurz, um mein Geschirr abzuholen und mir zu verkünden, dass  ich leider kein Frühstück und Mittagessen bekommen werde, da ich für die Operation am Abend nüchtern sein müsste. Eigentlich möchte man ja meinen, die Tatsache, am nächsten Tag eine OP zu haben, lässt einen nicht gut schlafen, doch so voll gefressen wie ich war, dauerte es keine 10 Minuten und schon war ich im Land der Träume.

Wer ist wohl dieser mysteriöse Typ? Und was meint er mit Sozialstunden? Ist er vielleicht ein Schwerverbrecher auf Bewährung?

Gut kann auch böse...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt