Kapitel 21

178 5 0
                                    

Kimis Sicht:

Ich lief hoch, schnappte mir eine Tasche und packte das Wichtigste zusammen. Dann ging ich zu Beth's Zimmer, kurz blieb ich stehen und überlegte, ob ich ihr Bescheid sagen sollte, entschloss mich dann aber dagegen, um nicht für unnötigen Wirbel zu sorgen. Dann lief ich hinunter. Ashley und Mom redeten gerade noch.

„Mrs. Cleroyl, ich werde Ihnen Ihre Tochter wohlbehalten und sicher zurückbringen, sobald die Gefahr vorbei ist. Und ich werde ein paar meiner Leute vor ihrem Haus positionieren, um auf Nummer sicher zu gehen.“ Ashley stand stramm da, er sah fast aus wie ein Soldat, nur mit dem Unterschied, dass er noch eine Krücke unter dem Arm hatte.

„Ich wär soweit“, rief ich und ging zu ihnen hinunter. „Dann los“, meinte Ashley. „Warte“, sagte ich, lächelte meine Mutter liebevoll an, nahm sie in die Arme und drückte sie ganz fest, noch ein letztes mal roch ich ihr Deo, bevor ich mich umdrehte, ihr nochmal zuwinkte und mit Ashley aus der Haustür ging.

Schnell verstaute ich meine Tasche auf der Rückbank, und Ashley tat es mir mit seiner Krücke gleich. Dann setze ich mich auf den Beifahrersitz und schnallte mich an. Ashley folgte mir, doch bevor er sich anschnallte, zog er seinen Pulli ein Stück nach oben und ich zuckte zusammen.

Er zog eine Pistole aus dem Bund seiner Hose und legte sie in die Mittelkonsole. Wie hypnotisiert starrte ich auf die Waffe, noch nie in meinem Leben hatte so ein Ding direkt neben mir gelegen. Jede Minute sah ich einmal zu der Pistole, um sicherzustellen, dass sie sich noch nicht bewegt hatte. Ashley fiel das anscheinend auf, denn er meinte: „Wenn du vor der schon so Angst hast, wie wirst du dann nur auf die von Jason und Paolo reagieren?“ Erschrocken sah ich ihn an. Innerlich hatte ich irgendwie gehofft, nicht noch mehr von diesen Teilen zu sehen.

Dieses Mal fuhren wir von hinten auf das Gelände -  durch ein Tor, das Ashley mit einer kleinen Fernbedienung öffnete. Es dämmerte bereits. Wir fuhren gerade an ein paar Lagerhallen vorbei, als uns plötzlich jemand vors Auto sprang und mit einem Maschinengewehr auf uns zielte. Ich schreckte zusammen. Augenblicklich bremste Ashley, drückte dann im nächsten Moment auf die Hupe und ließ sein Fenster runter.

„Bist du denn völlig hirnverbrannt?“, brüllte er wütend aus dem Fenster und ließ mich dadurch noch einmal zusammenzucken. „Sorry Boss, dachte, ihr wärt Eindringlinge“, meinte jetzt der Kerl mit seiner tiefen, grolligen Bass-Stimme. Er ging zu Ashley ans Fenster, da erkannte ich, dass es sich um Jason handelte, doch wieder hatte ich nur Augen für die Waffe in seiner Hand.

„Ist Vicky schon wieder da?“, fragte Ashley wieder etwas ruhiger. „Ja, is vor ner guten halben Stunde zurückgekommen und richtet grad die Kameras ein“, antwortete Jason und deutete über seine Schulter. Ich erkannte an der Hausmauer hinter ihm ein kleines, weißes, blinkendes Licht. „Hol dir ein Klebeband und kleb das Licht ab, das sieht ja sogar der größte Idiot noch“, schnauzte Ashley Jason an. Dieser nickte und verschwand um die Ecke der Lagerhalle. „Du bist aber ganz schön harsch zu deinen Männern“, bemerkte ich. „Vielleicht wirst du es ja irgendwann noch verstehen, aber in unserem Geschäft kann der kleinste Fehler tödlich enden.“

Ashley parkte das Auto und wollte gerade aussteigen, als ich ihm sanft meine Hand auf die Schulter legte, er zuckte zusammen und sah zu mir. „Was ist los, dass du plötzlich wieder so verschlossen bist?“, fragte ich und sah ihm in seine tiefblauen Augen. „Ich habe Gefühle zugelassen und dadurch ist eine große und tödliche Sicherheitslücke entstanden.“ „Das kann doch nicht der einzige Grund sein, oder?“ Bedrückt schaute er zu seinen Füßen. „Nein, der eigentliche Grund ist, dass ich nicht wieder einem Menschen, der mir ans Herz gewachsen ist, beim Sterben zusehen will.“ Mit diesen Worten stieg er aus, holte seine Krücke aus dem Auto und humpelte in Richtung Lagerhalle.

Schnell holte ich meine Tasche ebenfalls von der Rückbank und lief ihm hinterher. Als wir in die Lagerhalle kamen, war niemand zu sehen. „Nachdem du die nächsten Wochen, vielleicht auch Monate, hier verbringen wirst, zeige ich dir direkt mal das Zentrum unseres Reiches. Lass deine Tasche hier, die können wir nachher mitnehmen.“ Ich folgte Ashley, und wir gingen in den Gang, dieser war ca. eineinhalb Meter breit, ging nach links und war spärlich beleuchtet. Wi8r gingen ein paar Meter, bis links ein schmaler Gang eine Treppe nach unten führte, und diese gingen wir hinunter.

Unten wurde der Gang breiter, links und rechts befanden sich mehrere Türen. „Jetzt kommen wir in Vicky's Reich der Computer“, kündigte Ashley an und öffnete die erste Tür rechts. Mir blieb fast die Spucke weg. In dem Raum war jede Wand voll mit Bildschirmen, auf ein paar sah man Dateien, andere zeigten die Lagerhallen, das mussten dann wohl die Überwachungskameras sein, und auf den restlichen Bildschirmen sah man entweder Überwachungsbilder von Personen oder das Skorpion-Symbol, das Ashley auch auf seinem Handgelenk hatte. Und unter den ganzen Bildschirmen befanden sich ein paar Tastaturen und Mäuse und, wie sollte es anders sein, natürlich auch Victoria mit einem Headset. Sie hackte wie wild auf den Tasten herum.

Ashley drehte sich um und flüsterte „Hier kommen unsere Missionen rein und werden an uns verteilt.“  Er zeigte aus der Tür raus, und ich sah, dass sich an der Wand gegenüber ein paar Nischen befanden, in denen die dunkelgrauen Aktenmappen lagen und darunter jeweils der Name von Ashleys Männern. „Da werden sie dann im jeweiligen Fach einsortiert“, erklärte er. „Kamera 16 von 25 läuft“, sprach Victoria in ihr Headset. Ashley und ich verschwanden aus der Tür und ließen sie arbeiten.

Gut kann auch böse...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt