Kapitel 45

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Kimis Sicht:

Ich saß eine Zeit auf dem kalten Boden. Ashley kam nicht, um mich zu holen. Innerlich war ich darüber etwas enttäuscht. Zu gerne wäre ich jetzt an seiner starken Brust eingeschlafen. Okay, streichen wir das etwas, ich war ziemlich enttäuscht.

Lange saß ich da. Die Knie eng angezogen, meine Arme um den zitternden Körper geschlungen. Irgendwann öffnete sich die Tür der Lagerhalle endlich. Doch nicht die bekannte Silhouette von Ashley mit den breiten Schultern erschien.

Nein, eine kleine pummelige Silhouette und eine große, dünne erschienen. Vicky und Ian. Vicky kam auf mich zu gerannt. Sie machte kleine Trippel-Schritte in ihren pinken Plüsch-Schuhen. Ich musste grinsen, es sah einfach zu lustig aus. „Ach je, was hat er sich dabei nur gedacht. Kimi? Geht es dir gut? Ich hab ihm gesagt, du bist noch nicht so weit. Aber nein, Männer eben, glauben nie was Frauen sagen. Nicht wahr?" Ich nickte einfach. Sie redete mir gerade einfach zu schnell.

Ian legte mir fürsorglich eine Wolldecke um die Schultern. Vicky half mir auf und stütze mich auf dem Weg zurück zu der Lagerhalle. Zu dritt gingen wir zu den Matten. Ashley sah ich nicht mehr. Den ganzen Weg zu den Matten hatte Vicky irgendwas gequasselt. Ich bekam das schon gar nicht mehr richtig mit.

***

Am nächsten Tag wachte ich unausgeschlafen auf. Die Sonne schien bereits durch die großen, dreckigen Fenster herein. Müde gähnte ich und streckte mich. Verwirrt stellte ich fest, dass die Matte neben mir leer war.

Ashley musste entweder anderswo geschlafen haben oder er war bereits vor mir aufgestanden. Langsam suchte ich mir meine Duschsachen und frische Wäsche zusammen, um dann zu den Duschen zu laufen. Auf dem Weg begegnete ich niemanden, was mich etwas wunderte.

Die Dusche tat unheimlich gut. Meine verspannten Muskeln entspannten sich etwas. Ich behielt allerdings einen Muskelkater von gestern, das Training hatte mir wohl nicht sonderlich gut getan.

Fertig geduscht und umgezogen ging ich in die Küche, aus der Stimmen zu hören waren. Vicky, Paolo, Ian und Jason standen zusammen, und sogar Logan war da. Nur Ashley fehlte.

Ich: „Guten Morgen."

Vicky: „Guten Morgen. Magst du heute mit mir ein paar Sachen durchsuchen und ein bisschen im Büro abhängen?"

Ich: „Ja, gerne, hab wegen Ashley einen Mega Muskelkater, da kommt mir ein bisschen Ruhe gerade Recht. Wo ist Ashley eigentlich?"

Logan: „Der hat beschlossen ..."

Vicky: „ ... das erzähl ich dir später. Iss jetzt erstmal, den Rest besprechen wir nachher."

Vicky warf Logan einen Blick zu, während dieser abwehrend die Hände hob. Dann drückte mir Paolo ein Müsli in die Hand, das eigentlich recht gut schmeckte. Danach schob mich Vicky in ins Büro.

Ich sollte Akten ordnen. Auf jeder stand eine Zahl, nach der ich sie ordnen sollte. Es war ein ganz schöner Berg, aber ich war flott. Irgendwann automatisierten sich meine Bewegungen. So konnte ich nebenher Vicky ein wenig ausquetschen.

„Jetzt sag mal: Was ist mit Ashley los? Der ist dauernd so komisch."

„Kimi. Kann ich mich auf dich verlassen?"

„Ja. Wieso?"

„Weißt du, Ashley war nicht immer so kalt. Er war mal ein richtig netter, aufgeweckter Junge. Bis dann seine Mutter erschossen wurde. Dann durchliefen sein Bruder und er eine schwere Zeit mit ihrem Vater. Als es dann am schlimmsten wurde, verschwand sein Bruder, kurz drauf hieß es aus einer sicheren Quelle, dass er tot sei. Ab da ging es Ashley immer schlechter. Sein Vater wurde unausstehlich. Und um die Unterdrückung, die Schmerzen und alles andere, was sein Vater gemacht und gesagt hat, zu ertragen, baute er sich eine Art psychische Mauer. Er ließ niemanden mehr an sich heran, wurde zum Einzelgänger. Er wurde zugleich auch der beste Auftragskiller, was daran lag, dass er ohne Scheu und Reue Leute tötete. Aber nie, das musst du mir glauben, tötete er Unschuldige oder riss Familien auseinander. Er wollte nicht, dass andere dasselbe wie er durchleben müssen. Und dann kamst du. Und du bist auch die Einzige, die hinter seine Mauer kommt."

„Warum ich? Er ist zu mir genauso kalt. Wie soll ich das schaffen?"

„Ich weiß nicht wie, aber ich weiß, dass Du unsere einzige Chance bist, um an ihn heranzukommen."

„Und warum kann es nicht einfach alles so bleiben? Ich geh zurück zu meiner Familie, und Ihr behaltet Euren besten Auftragskiller."

„Kimi, ich mach mir Sorgen um Ashley und um seine Gesundheit."


Gut kann auch böse...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt