Kapitel 24

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Kimis Sicht:

„3222, 3223, 3224, ha!“, flüsterte ich. Es hatte länger gedauert als gedacht, bis ich die Kiste mit der 3224 endlich gefunden hatte. Aber ich hatte sie trotzdem gefunden. Ich hob den schweren Holzdeckel von der Kiste und sah hinein. Es befanden sich Bettlaken, Tüten und Dosen in ihr. Schnell schnappte ich mir ein Laken und stopfte so viele Tüten und Dosen in das Laken, wie ich tragen konnte. Dann klemmte ich mir noch ein paar andere Laken unter den Arm und rannte so schnell ich konnte zurück zu den Betten. Die Laken verteilte ich auf den Matten, und den Proviant verstaute ich zwischen den Matten.

3 Minuten lang wartete ich auf Ashley, doch irgendwann wurde es langweilig und ich beschloss, die Betten zu machen. Gesagt, getan. Nach 15 Minuten Matten überziehen und Betten ordnen war ich endlich fertig. Stolz betrachtete ich mein Werk und stemmte die Hände in die Hüften.

„Sehr gut“, sagte da plötzlich Ashley, der gerade zur Tür hereinkam, aber er sagte es nicht zu mir, sondern zu demjenigen, der am anderen Ende seines Headsets saß und mit dem er redete. „Süd- und Westseite habe ich gerade erledigt. Wie schaut es an den anderen Seiten aus?“, fragte er und schien auch prompt eine Antwort bekommen zu haben, denn er sah zufrieden aus. „Dann kommt in die Dritte, damit wir alles besprechen können.“ Als Ashley fertig war, sah er zu mir. „Hast du alles gefunden?“, fragte er. Ich nickte und deutete auf die Sachen neben den Matten. Er kam zu mir her, hievte sich elegant auf eine der Kisten und setzte sich. Dann atmete er einmal tief ein und aus und verzog im nächsten Moment das Gesicht. „Nach all der Aufregung hab ich mein Bein ganz vergessen“, erklärte er mir, nachdem er meinen fragenden Blick bemerkt hatte. „Vicky, nimm bitte nochmal Schmerzmittel mit“, meinte er in sein Headset. Dann hüpfte er von der Kiste und landete geschickt auf seinem gesunden Bein.

Schockiert sah ich ihm zu, wie er sich am Verschluss seiner Hose zu schaffen machte, sie auszog und plötzlich in Boxershorts vor mit stand. Ich beruhigte mich allerdings schnell wieder, als ich feststellte, dass er nur seinen Verband abnehmen wollte. Er hievte sich wieder auf die Kiste und begutachtete seine Wunde. Kannst du mir mal die Tasche da geben?“, fragte er und deutete auf eine rote Tasche, die hinter mir im Regal stand.

Schnell gab ich sie ihm, und er öffnete sie. Geschickt holte er sich mit einer Hand eine Flasche und ein Tuch aus der Tasche, tränkte das Tuch mit der Flüssigkeit aus der Flasche und drückte sie auf die Wunde. Sein Gesichtsausdruck verzerrte sich, man sah im seine Schmerzen an. Trotz der Schmerzen befestigte er das Tuch mit dem Verband am Bein, sprang dann von der Kiste und hüpfte auf einem Bein zu seiner Hose. Dann zog er sie wieder an. Da ging die Tür auf. Paolo trat ein, gefolgt von Victoria, Ian, Logan und Jason. „Die toten Winkel sind eingerichtet, jetzt musst du uns nur noch sagen, was wir machen sollen, wenn sie uns gehackt haben“, meinte Paolo und sah zu Ashley, der gerade von Victoria eine Spritze bekam, vermutlich gegen die Schmerzen.

„Das ist ganz leicht. Sobald wir die Meldung bekommen, dass sie jetzt Zugriff auf die Kameras haben. Tun wir so, als wäre hier gerade das reinste Chaos, wir rufen uns zu, dass wir verschwinden müssen und fahren durch den Haupteingang weg.“ „Aber die haben doch gar kein Tonmaterial“, unterbrach Vicky Ashleys Erklärung. „Vicky, du bist schon so lange dabei, du solltest langsam wissen, dass jeder aus der Familie Gambino Lippenlesen gelernt hat. Naja, ist ja auch egal. Wenn wir dann draußen sind und sie ihren Sieg feiern, schleichen wir uns in den toten Winkeln der Kameras wieder hinein. Damit wir nicht in der Unterzahl sind, werden ein paar Mitglieder mitkommen und uns unterstützen. Und dann, wenn die Lords herkommen, um ihre Beute abzuholen, machen wir eine kleine Willkommensprügelei, und tadaaa!“ Ashley grinste und sah von einem zum anderen. Doch die anderen entgegneten seiner Freude nur mit skeptischen Blicken. „Ihr werdet schon noch sehen, dass es klappt. Vertraut mir einfach“, meinte Ashley. „Wir werden‘s versuchen“, antwortete Logan, „doch erstmal sollten wir schlafen, es ist schon spät und morgen haben wir einiges vor.“ Und damit legten sich die fünf auf die Matten, sodass nur noch die zwei etwas entfernten Matten für mich und Ashley übrig blieben. Ashley legte sich hin, und ich tat es ihm gleich. So lagen wir dann neben einander, sahen beide an die Hallendecke und dachten über das nach, was momentan alles passierte.

Ich wäre gerne eingeschlafen, doch die Aufregung und Jasons Schnarchen hielten mich wach. Und auch Ashley schien nicht schlafen zu können. „Werde ich nach den Ferien wieder in die Schule gehen können?“, fragte ich Ashley und flüsterte dabei, um die anderen nicht aufzuwecken. „Ich weiß es nicht“, flüsterte Ashley zurück. „Dann stimmt es wohl, oder?“ „Was stimmt?“ „Naja, das der einzige leichte Tag gestern war.“ Verwirrt drehte Ashley den Kopf in meine Richtung, und auch ich sah zu ihm, sah ihm in seine blauen Augen und wünschte mir in diesem Moment nur mein altes Leben zurück. Mein altes, unkompliziertes Leben. „Du solltest schlafen“, meinte Ashley und drehte mir den Rücken zu. Auch ich drehte mich auf die Seite, und es dauerte nicht lange, bis ich beruhigt von dem Gedanken, beschützt zu werden, einschlief. Und so sehr wie mir damals Ashleys aggressive Erscheinung in der Schule Angst gemacht hatte, so sehr beruhigten mich jetzt seine Anwesenheit und das Geräusch seines gleichmäßigen Atems.

Gut kann auch böse...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt