Kapitel 68

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Lia's POV ~

Es war nun schon eine Woche vergangen, seit ich mich mit Josh getroffen hatte. Er hatte immer wieder nachgefragt, ob bei mir alles gut sei. Ich hatte ihm versichert, dass bei mir alles in Ordnung sei. Ich wusste, ich hätte ihn nicht anlügen dürfen. Ich wollte aber auch nicht, dass er sich unnötig Sorgen machte. Leider hatte ich mich noch öfter übergeben und die Kreislaufprobleme hatten sich verschlimmert. Justin hatte zum Glück viel zu tun und bekam deshalb von alledem nicht viel mit. Es war nur sehr anstrengend, in diesem Zustand meine Tochter bei Laune zu halten. Mir war schrecklich übel und sie wollte rund um die Uhr bespaßt werden. Ich hatte in der Zwischenzeit leider schon eine Vermutung, woher die Übelkeit und die Kreislaufprobleme kamen.
Ich war inzwischen schon sechs Tage drüber und hätte eigentlich schon längst einen Schwangerschaftstest machen sollen, hatte mich aber nicht getraut.
Da mir gerade nicht so übel war, schnappte ich mir meine Tochter, um in die Drogerie zu fahren.
Als ich dort ankam, war ich sehr erleichtert Rose nicht zu sehen. Hailey ging an meiner Hand neben mir her.
Als ich vor dem Regal mit den Schwangerschaftstests stand, fing mein Herz an zu rasen. Meine Hände zitterten, als ich zwei Tests aus dem Regal nahm. Der letzte war noch gar nicht so lange her.
"Lia?", hörte ich eine mir bekannte Stimme meinen Namen sagen. Suchend drehte ich meinen Kopf nach der Person um.
"Josh?", fragte ich und sah auf die Tests in meinen Händen. Schnell versteckte ich sie hinter meinem Rücken und sah Josh wieder an der mich nur breit angrinste.
"Hab ich's mir doch gedacht", sagte er und fing dümmlich an zu grinsen.
"Ich weiß nicht, was du meinst", versuchte ich mich aus der peinlichen Situation zu retten.
"Geht dir wohl doch noch nicht so gut, oder?", sagte er und hörte gar nicht mehr auf zu lächeln.
"Deine süße Kleine hast du ja auch mitgebracht", sagte er an Hailey gewandt, die sich an mein Bein klammerte und versuchte sich dahinter zu verstecken.
"Nein, es geht mir noch nicht wirklich gut, deshalb die Tests", murmelte ich und zog sie hinter meinem Rücken hervor.
"Weiß dein Justin schon davon?", fragte er neugierig.
"Nein", antwortete ich kurz.
"Möchte er keine Kinder mehr?", fragte Josh und ging in die Hocke.
"Hallo, kleine Prinzessin", sagte Josh und streckte Hailey seine Hand hin. Total vertraut umfasste sie seinen Zeigefinger mit ihrer Hand und fing an zu lächeln.
"Doch er möchte unbedingt nochmal ein Kind, ich ja auch, aber nicht jetzt schon", gestand ich verzweifelt.
"Noch ist es ja auch nicht sicher." Er sah nichtmal zu mir auf, sondern war voll und ganz meiner Tochter verfallen.
"Ja, noch ist es nicht sicher", flüsterte ich leise. Josh kam wieder hoch und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln.
"Bring den Test am besten schnell hinter dich." Ich nickte nur und atmete tief durch.
"Ich geh dann mal nach Hause, ich will es hinter mich bringen, bevor Justin nach Hause kommt." Wir verabschiedeten uns von Josh und machten uns wieder auf den Weg nach Hause.
Nachdem ich für Hailey eine Beschäftigung gefunden hatte, nahm ich die Tests und verzog mich ins Badezimmer. Ich packte die Tests aus und legte direkt los, da ich ja schon Erfahrung damit hatte und wusste wie das funktioniert.
Ich legte beide Tests auf das Waschbecken und musste abwarten. Ich hatte schwitzige Hände, mir war total übel und mein Herz hämmerte wie verrückt in meiner Brust.
"Egal was das Ergebnis ist, ich werde das schon irgendwie hinbekommen", sprach ich mir selbst Mut zu.
Ich hatte große Angst und ließ mich auf dem Boden nieder, da ich total wackelige Beine hatte.
Die Wartezeit war um und ich streckte meinen Arm aus, um die Schwangerschaftstests vom Waschbecken zu nehmen. Ich warf einen Blick darauf und die zwei dicken Strichen fielen mir sofort ins Auge.
Beide Tests waren positiv!
"Oh, nein", flüsterte ich und fing an zu weinen. Ich wusste nicht, ob ich mich freuen sollte oder nicht. Eigentlich wusste ich gar nichts mehr. Mein Kopf war leer und ich saß einfach nur regungslos da und konnte nicht aufhören zu heulen. Ich war nicht bereit schon wieder Mutter zu werden, oder etwa doch?
Ungläubig warf ich einen zweiten Blick auf die Testergebnisse in meinen Händen.
"Das darf doch nicht wahr sein", schluchzte ich.
Wie sollte ich das nur Justin erklären? Oder sollte ich erstmal gar nichts sagen und erst zum Frauenarzt gehen, um zu hundert Prozent sicher zu sein?
Ich holte mir mein Handy, um Sarah anzurufen. Ungeduldig hörte ich dem piepen am anderen Ende zu - sie ging nicht ran. Ich ging nervös hin und her, mein Blick wanderte immer wieder zu den positiven Schwangerschaftstests.
Ich brauchte jetzt jemanden zum Reden! Ich rief Josh an, der mir zum Glück sofort angeboten hatte, zu ihm zu kommen. Ich wollte ihm persönlich sagen was los war.
Ich setzte meine Tochter ins Auto und fuhr das erste Mal zu Josh nach Hause. Er lebte in einer modern eingerichteten Wohnung.
"Wohnt deine Freundin bei dir?", fragte ich, als ich mich in der Wohnung umsah.
"Nein, wir wohnen nicht zusammen, aber sie ist trotzdem sehr oft hier."
Ich ließ Hailey von meinem Arm runter und sie sah sich sofort in den unbekannten Räumen um.
"Ich kann mir ja schon denken, warum du hier bist", fing Josh an zu reden. Ich bekam erneut Tränen in den Augen und zeigte Josh die beiden positiven Tests.
"Die Striche sehen ziemlich eindeutig aus", sagte er und starrte auf die Tests, die ich ihm vors Gesicht hob.
"Das kann nicht sein, Josh", sagte ich heulend.
"Warum nicht? Leben Justin und du etwa seit eure Tochter auf der Welt ist enthaltsam?" Er brachte mich kurze Zeit zum Lachen, bevor mir wieder die Tränen die Wange hinunter kullerten.
"Ach, komm mal her", sagte Josh und zog mich in seine Arme. "Warum weinst du denn jetzt? Ist ein zweites Kind so schlimm für dich?"
Ich knuddelte mich weiter an ihn und brachte kaum ein Wort heraus.
"Nein, aber ich wollte nicht jetzt schon ein zweites Kind. Ich bin doch für Hailey manchmal schon eine total schlechte Mutter. Mit zwei Kleinkindern bin ich wahrscheinlich total überfordert", schluchzte ich.
"Ich habe seit ich dich kenne kein einziges mal gesehen, dass du eine schlechte Mutter gewesen bist", flüsterte er und streichelte mir beruhigend über den Rücken.
"Ich kann das nicht, Josh." Mir tat der Kopf schon weh vom Weinen, doch ich konnte nicht aufhören.
"Setz dich doch erstmal", sagte er und führte mich zu seinem Sofa.
"Wo ist Hailey denn?", fragte ich und sah mich suchend nach ihr um.
"Bleib sitzen! Ich suche sie und gebe ihr was zum Spielen. Sie soll ihre Mama doch jetzt nicht so traurig sehen", sagte er liebevoll und verließ den Raum. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und versuchte mich wieder etwas zu beruhigen.
"So, die Kleine ist beschäftigt", sagte Josh und setzte sich zu mir.
"Wo liegt denn jetzt das große Problem?", fragte er und sah mich besorgt an.
"Ich weiß, eigentlich sollte ich mich freuen, aber ich fühle mich einfach nicht bereit für ein zweites Kind. Außerdem weiß ich gar nicht wie ich es Justin beibringen soll", sagte ich verzweifelt.
"Ich bin ein Mann und habe keine Ahnung wie schwer eine Schwangerschaft und die Geburt sind, ich weiß. Aber als ich dich das erste Mal mit deiner Tochter gesehen habe, habe ich das perfekte Mutter-Tochter-Team vor meinen Augen gesehen. Wie sie zu dir aufsieht und dich anlächelt, es scheint einfach alles perfekt zu sein zwischen euch. Und du, du bist das perfekte Vorbild für deine Tochter. Du wirst sehen, dass sie dir mit jedem Tag noch mehr ans Herz wächst, sie wird ein wunderschönes Abbild von dir werden, weil sie sich alles bei ihrem weiblichen Vorbild abschaut. Freu dich doch darüber, dass Justin und du nochmal ein Kind bekommt. Kinder sind etwas so wertvolles und selbst wenn du dich noch nicht bereit fühlst, sobald der oder die Kleine dann da ist, werdet ihr es zusammen schaffen. Justin hast du ja immerhin auch noch und er liebt seine Kleine sowieso abgöttisch und würde alles dafür tun. Glaub mir, ich weiß das. Er wird sich sehr darüber freuen, noch ein Kind zu bekommen, glaub mir." Als Josh zu Ende gesprochen hatte, hatte ich wieder Tränen in den Augen. Seine Worte waren so herzlich, liebevoll und ehrlich. Sein Blick war traurig nach unten gerichtet.
"Danke für deine ehrlichen Worte, Josh." Er sah zu mir auf und sein Gesichtsausdruck war mit Trauer getrübt. Ich hatte das Gefühl, dass er aus eigener Erfahrung sprach, wollte aber nicht weiter nachfragen.
"Und zu deiner Frage wie du es Justin beibringen sollst. Es ist doch nicht dein erstes Mal? Ihr habt doch schon eine Tochter", sagte er und sah mich verwirrt an.
"Da hat er von unserer Tochter aber erst mitbekommen, als sie schon auf der Welt war." Ich versuchte seinen fragenden Blicken auszuweichen.
"Wie bitte?", fragte er entsetzt.
"Das ist eine lange Geschichte, lass uns da jetzt bitte nicht darüber sprechen", lenkte ich vom Thema ab.
"Er hat doch bald Geburtstag, oder?" Ich war froh, dass Josh nicht weiter nachgefragt hatte, warum Justin erst nach der Geburt von seiner Tochter erfahren hatte.
"Wer? Justin?" Josh nickte nur.
"Ja, hat er, wieso?" Ich wusste nicht, worauf er hinaus wollte.
"Dann sag es ihm an seinem Geburtstag. Als Geburtstagsgeschenk sozusagen."
"Das ist eine super Idee!", sagte ich begeistert und fiel Josh um den Hals.
"Gern geschehen", sagte er.
Ich war Josh so dankbar für seine aufbauenden Worte. Ich fühlte mich schon viel besser und bestärkt darin, dass ich bereit war für unser zweites Kind.
"Ich muss Zuhause gleich einen Termin beim Frauenarzt machen. Danke für alles, Josh, du bist der aller aller Beste!" Ich umarmte ihn ganz fest und ging anschließend meine Tochter holen. Sie saß im Gang und hatte eine ganze Kiste mit Kinderspielzeug vor sich stehen.
"Wow, du hast ja ein ganzes Spieleparadies hier."
"Ja", erwiderte er kalt. Ich hatte wohl was falsches gesagt. Ich nahm meine Tochter auf den Arm und verabschiedete mich von Josh, der sich jetzt total komisch benahm. Was war nur los mit ihm?

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