Endlose Schmerzen [KAPITEL 23]

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Immer noch mit offenem Mund ließ ich meinen Blick ein weiteres Mal über die magere Gestalt des Mannes gleiten, nicht glauben wollend, wer da vor mir stand. Ich war überzeugt, dass er es war, dennoch ließ ich meinen Blick noch ein drittes und ein viertes Mal über den Mann fliegen, der im Türrahmen stehen geblieben war. Auch er war überrascht eine weitere Person hier zusehen. Sein Körper war vor Überraschung angespannt und seine leuchtenden Augen glitten über jede Facette meines Gesicht, wahrscheinlich um zu prüfen, ob er mich von Hydra kannte, doch das tat er nicht. Es war noch nicht allzu lange her, dass ich in die Fänge dieser grausamen Organisation gelangt war und daher noch ziemlich unbekannt in den Kreisen der Mitglieder. Außerdem hatte er in einer anderen Abteilung gearbeitet, als die, die für mich verantwortlich war. Doch auch als er mich nicht zu erkennen schien, wich der angespannte Ausdruck nicht von seinem Gesicht. Verübeln konnte ich es ihm nicht, schließlich war es mehr als nur beunruhigend, dass die Familie Weiss eine weitere Person aufgenommen hatte.

Maria war es schließlich, die das angespannte Schweigen, welches eindeutig in der Luft zwischen uns hing, unterbrach.

"Wilhelm, komm doch rein. Nimm' dir einen Teller Suppe und setzt dich zu uns", sie lächelte ihm zu und deutete auf den großen Topf, aus dem es noch immer dampfte. Der Braun- und Grauhaarige tat wie befohlen, wandte sich von meinem erstarrten selbst ab und bereitete sich einen Teller zu. Die ganze Zeit, als er dies machte, haftete noch immer mein verdatterter Blick auf ihm, bohrte sich durch seinen Rücken. Dass Maria neben mir saß blendete ich dabei völlig aus.

"Wilhelm ... Wilhelm Basel", murmelte ich so leise, dass es außer mir kein anderen in diesem Raum verstand. Er war es, da war ich mir sicher. Er sah genauso aus, wie auf dem Bild, welches in seiner Akte war. Ich verspürte den Drang, das gefaltete Bild in einer der Taschen meines Anzugs herauszuziehen, nur um noch einmal alles abzugleichen ...

"Wie lautet eigentlich dein Name?", erschrocken riss ich mich von Basels Gestalt los und drehte mich wieder richtig auf den Stuhl. Die braunhaarige Frau links neben mir am Tisch sah mich wieder mit einem undefinierbaren Blick an. Hatte sie bemerkt, dass etwas nicht stimmte? Mein nervöser Blick huschte über das Gesicht der jungen Frau, doch ich war zu durcheinander, als dass ich etwas dahinter erkennen hätte können. Ich ermahnte mich vorsichtiger zu sein und zwang mich wieder ruhig zu atmen.

"Hailey", antwortete ich ihr mit einem Lächeln und nahm einen weiteren Löffel meiner nun nur noch lauwarmen Suppe. Anders wie Arthur beließ sie es bei meinem Vornamen, nickte und aß ebenfalls weiter. Erleichtert atmete ich lautlos aus. In der Gegenwart von Maria musste ich wirklich aufpassen, denn sie war nicht so ungefähr, wie sie auf den ersten Blick wirkte. Ich glaube sie erkannte, wenn etwas faul war, und dass war hier ganz gewiss der Fall.

Der Stuhl rechts von mir wurde quietschend bewegt, ehe sich der Braunhaarige Mann darauf fallen ließ. Mit über meinen Teller gebeugtem Kopf beobachtete ich ihn aus dem Augenwinkel. Er tunkte den Löffel in die Suppe, roch kurz daran, ehe er den eisernen Löffel zu seinem Mund führte.

"Schmeckt vorzüglich, Frau Weiss", lobte er überschwänglich die Kochkünste der jungen Bäuerin, welche vor Scham rot anlief.

"Ach Wilhelm, Dankeschön! Aber ich habe dir doch gesagt, dass Maria völlig reicht", wies die Braunhaarige ihn gespielt streng zu Recht und lachte verlegen auf. Basel nickte verstehend, lächelte sie ein weiteres Mal kurz an, ehe er der Suppe seine ganze Aufmerksamkeit widmete.

Nach wenigen weiteren Augenblicken, die schweigend verstrichen, wurde die Eingangstür aufgestoßen und Arthur kam mit dem Brot, welches, wie zuvor im Auto, einen aromatischen Geruch ausstrahlte, ins Zimmer gestürmt. Aus einen der Wandregale in der Küche holte er Messer und Schneidebrett und setzte sich anschließend wieder auf seinen Stuhl, die Utensilien und das frische Brot hatte er in die Mitte des Tisches gelegt.

How to become a Winter SoldierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt