"An was denkst du?" [KAPITEL 53] (+wichtige Info)

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Tatsächlich saßen Barnes und ich noch eine Weile zusammen auf dem Boden, still, meine Hand noch immer umschlossen von seiner, allerdings nicht mehr gegen seinen Herzschlag gedrückt, sondern zwischen uns beiden liegend, die eigene Hand jeweils auf unserem eigenen Schoß. Die Geste schien uns beide zu beruhigen. Keiner sagte mehr ein Wort nach meinem 'Danke'. Allerdings mussten wir das auch nicht, denn es gab nichts mehr zu besprechen.

Auf meinen und dem Atem des Braunhaarigen lauschend, hielt ich meine Augen geschlossen. Ich meditierte zwar nicht, aber wenn die Soldaten wieder kommen würden, sähe es so aus. Dasselbe bei Barnes. Er atmete zwar gelassener als zuvor, doch noch lange nicht so entspannt wie er es beim Meditieren tat. Dennoch schien er, wenn auch nur für diese kurzen Momente, sorgenlos zu sein. Wir hatten beide unseren ganz eigenen Probleme und Sorgen, doch diese schienen ganz klein und unbedeutend zu sein. Ich habe mich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt, so gelassen, so frei von allem. Dennoch saß diese Trauer, die mich Minuten zuvor überwältigt hatte, noch immer in meinem Kopf und ließ mich nicht los. Sie würde wieder kommen. Irgendwann, doch nicht jetzt. Ich dachte an sie zurück, an meine beiden kleinen Engel. Wie sie im großen Garten von Finnegans Anwesen spielten als Joline gerade erst laufen gelernt hatte. Dabei hatte sie immer ihre schönen Kleider ruiniert, was das Kindermädchen jedesmal zur Weißglut getrieben hat. Doch mir war es egal gewesen, solange sie Spaß hatten, solange sie Kind waren. Ich erinnerte mich an Farins erste Liebe und an seine Hochzeit. Ich erinnerte mich an sein Lächeln, an seine Blicke, die er der braunhaarigen Frau an seinem Arm zugeworfen hatte, als sie aus der Kirche geschritten waren. Ich war da, ich war immer da gewesen. In der Menge, im Hintergrund. Wie hätte ich sie zurücklassen können, schließlich waren sie meine Kinder. Ich erinnerte mich auch an Jolines Hochzeit, an ihr großartiges Brautkleid, welches sie ebenfalls ruinierte. Sie hatte Wein darauf verschüttet. Das Kindermädchen, was ebenfalls eingeladen war, war natürlich nicht sonderlich begeistert. Manche Dinge änderten sich eben nie.

Meine Gedanken schweifen zur ihrem ersten und ihrem zweiten Kind, doch an diese Bilder wollte ich nicht mehr denken. Stattdessen, bevor mich erneut die Trauer überwältigen würde, dachte ich an Finnegan. An sein charmantes Lächeln, dass er mit schon bei unserer ersten Begegnung geschenkt hatte, an seine Stimme, an die nicht einmal der süßeste Honig herankam. Er war der Sohn eines Geschäftspartners meines Vaters. Ich erinnerte mich an seine strahlenden Smaragde, die mich ansahen als wäre ich das Beste, das er jemals erblickt hatte, als ich im Türrahmen erschien, um meinen Vater und seine Geschäfte ein weiteres Mal zu beobachten. Ich hatte vor einem Monat begonnen meinen Vater und meinen Bruder ab und an zu belauschen. Manchmal offensichtlich, manchmal unbemerkt. Ich hatte damit angefangen aufgrund sehr beunruhigender Gespräche der beiden, die sie immer dann führten, wenn sie glaubten ich würde schlafen. Nur durch Zufall habe ich davon mitbekommen. Seitdem behielt ich sie im Auge. Meine Skepsis ließ ich sie spüren. Und eines Tages saß er dann meinem Bruder gegenüber. Seine sorgenvolle Miene verschwand, nachdem er mich erblickt hatte. Ich war nicht alleine, auch er wusste, dass etwas nicht richtig war. Und dann lächelte er mir zu, freundlich, wissend, charmant. Von diesem Moment an wusste ich, dass dieser Mann, dass Finnegan zu mir gehörte.

Wir trafen uns öfter auf dem Marktplatz, er brachte mich an die schöneren Orte Londons, und er erfüllte jeden meiner Kindheitsträume. In den Geschäftstreffen nahm er immer öfter teil, bis er jedes Mal dabei war, obgleich es ihm ebenfalls nicht gefiel, was sein Vater mit meinem besprach. Wir warfen uns immer heimliche Blicke zu. Manchmal würde er sich auch davon schleichen -wenn mein Vater mir mal wieder verboten hatte zu zu hören- und wir würden uns in meinem Zimmer verstecken. Manchmal kam er nachts durch das Fenster geklettert, jedesmal mit einem neuen kleinen Blumenstrauß zwischen die Zähne geklemmt und verträumten Augen, die mich warm betrachteten, wenn ich ihm das Fenster öffnete. Auch wenn ich ihn manchmal nicht sofort hineinließ, einfach um ihn ein wenig zu ägern. Und wir würden reden, stundenlang bis sich die Sonne wieder erhob. Am Ende von einem dieser nächtlichen Besuche, er war schon halb aus dem Fenster und verschwunden, zog er mich plötzlich an sich und legte seine Lippen auf meine. Es war unser erster Kuss, aber auf keinem Fall der letzte.

Irgendwie hatte Gregory, mein Bruder, Wind von Finnegan und mir bekommen. Um ehrlich zu sein: Der Blonde und ich waren nicht immer sehr diskret und vorsichtig gewesen. Ich meine, wenn Finnegan aus den Sitzungen einfach verschwand? Immer dann wenn ich absolut nicht dabei sein durfte? Eigentlich war dies immer gewesen, doch wer wäre ich gewesen, hätte ich immer auf meinen Vater gehört. Jedenfalls schlug Gregory meinem Vater etwas vor: Eine Heirat zwischen Finnegan und mir. Dadurch hätten sie ihre Pläne bezüglich ihrer Geschäfte besser erreichen können, soweit ich weiß. Doch dies wollte ich nicht. Aber Finnegan verlieren wollte ich auch nicht. Er versicherte mir, dass alles gut gehen wird und dass er keinen Geschäften zusagen würde. Sogar gegen seinen Vater hatte er sich aufgelehnt, bis dieser schließlich nachgegeben hatte. Die Pläne meines Vaters sind somit unerreicht geblieben. Als dann nach zwei Jahren Finnegans Vater aufgrund von Krankheit verstarb und mein Vater nun direkt auf den Blonden zuging, wegen seiner Geschäfte, erstarben sie schließlich komplett. Mein Kontakt mit meinem Vater und meinem Bruder brach ab, an irgendeinem Punkt mussten sie London verlassen haben, doch wann genau erfuhr ich nie. Endlich war ich frei und lebte glückliche Jahre mit Finnegan und unseren Kindern. Es war die schönste Zeit meines Lebens.

Ich spürte wie das Lächeln auf meinen Lippen wuchs, es war ein verträumtes, wehmütiges Lächeln. Unbewusst drückte ich die Hand in meiner etwas fester.

"An was denkst du?"

Erschrocken zuckte ich zusammen, riss meine Augen auf und entzog mich dem Griff der anderen Hand. Aufsehend erkannte ich Barnes, der mich teils entschuldigend, teils beruhigend betrachtete.

"Entschuldige", er lächelte verlegen und wollte seine Hand wegziehen, doch ich legte die meine wieder in seine und hielt sie dadurch fest.

"Alles in Ordnung, ich war nur ... abgelenkt", innehaltend dachte ich nochmal an die Bilder und Erinnerung, die bereits wieder im hinteren Teil meines Gedächtnisses verschwanden. "Ich habe nur an ... an früher gedacht."

"Früher?" Ich nickte ohne den Braunhaarigen vor mir anzusehen. Sollte ich mehr darauf eingehen? Mehr von früher erzählen? Dasselbe hatte er auch getan, also war ich es ihm auf irgendeine Weise schuldig.

"An meine Familie, an mein früheres Leben bevor ... vor", ich hielt inne, stoppte mich selbst. Ich habe noch keinem diese Information anvertraut. Ich war sogar davon überzeugt, dass Hydra nichts davon wusste. Sollte ich es wagen?

Ich blickte auf, sah in Barnes' so verletzlich wirkende, gebrochene Augen. Er wartete ab, fragte nicht nach und bedrängte mich nach keiner Antwort. Warum war er so gelassen? Aber er war nicht gelassen, er war kraftlos, erschöpft. Ich konnte ihn nicht auch noch mit meinen Problemen belasten. Stattdessen kamen mir plötzlich Zweifel. Zweifel die den Braunhaarigen betrafen. Ich kannte seine Geschichte, sein Leben, oder jedenfalls einen Teil von ihr, doch tat er das auch? Wie könnte ich mich ihm anvertrauen, wenn ich nicht einmal wusste, ob er seine eigene Geschichte noch besaß. Wie viel hatten sie, hatte Hydra bereits gelöscht? Nachdenklich legte ich meinen Kopf schräg, was von einem fragenden Blick von Seiten Barnes' quittiert wurde. Ohne weiter darüber zu grübeln ob ich es wirklich machen sollte, tat ich es einfach. Sprach meine Frage einfach aus.

"Was ist das letzte, andas du dich erinnern kannst?"





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Soooo, nach einem Monat melde ich mich auch mal wieder.
Und zwar mit einem nicht besonders gutem Kapitel und nicht besonders guten Nachrichten.
Ich weiß nicht wo mir momentan der Kopf steht.
Schule ist ultra stressig zur Zeit. Mein Leben besteht aus Schlafen, Lernen und Essen (weil ich muss). Ich habe kaum bis gar keine Zeit zum schreiben und wenn doch, dann kommt nicht wirklich etwas gutes dabei heraus. Außerdem hab ich keinen Plan mehr für diese Geschichte. Als ich angefangen habe wusste ich, wo ich am Ende stehen möchte, doch jetzt ... bin ich stark vom Weg abgekommen. Und ich weiß nicht, wie ich umkehren kann.
Kurz gesagt: Ich werde die Geschichte pausieren. Ich hoffe dass es nur pausieren und nicht abbrechen ist, da ich zumindest diese Story, jetzt da ich so weit gekommen bin, auch unbedingt beenden wollte. Momentan bin ich dazu allerdings nicht in der Lage.
Mir schwirren tausende andere Ideen im Kopf, die mich ablenken und belasten, da ich sie nicht umsetzten kann aufgrund von Zeitmangel ... deshalb glaube ich, dass mir ein wenig abstand gut tun wird, auch wenn es weh tut, da mir das schreiben hier glücklich macht.

Danke für 6.1K Aufrufe, Danke für 526 Sterne, Danke für eure Kommentare!
Es tut mit Leid, dass ich ein paar nun dadurch hängen lasse ...
Ja ... das wars.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 06, 2018 ⏰

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