Stolz und Demut [KAPITEL 25]

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Meine Angst versuchend zu verstecken, schluckte ich schwer, während ich das Gefühl hatte, dass ein Fluss an Schweißperlen meine Stirn hinunterfloss. Ich spürte wie sich meine Innereien vor Furcht zusammenzogen, wie sich mein Magen umdrehte und mich fast zum Würgen brachte. Ich glaubte ich müsste wie ein kleiner Ast in einem schweren Sturm für andere aussehen, so sehr dachte ich wäre mein Körper am Zittern, doch als ich auf meine Knie schielte standen diese, ebenso wie der Rest, komplett still und stramm auf dem Boden.

Ich hörte ein Räuspern und sah wieder auf. Der Hydrasoldat, der wohl im Moment für mich verantwortlich war, stand einige Schritte entfernter als zuvor und beäugte mich abwartend, eine Augenbraue leicht in die Höhe gezogen. Mir nichts anmerken lassend, griff ich nach Arthurs Jacke, die ich auf dem Tisch abgelegt hatte, und schritt anschließend mit erhobenen Kopf an ihm vorbei zum Aufzug, welcher mich zum Untergeschoss bringen würde. Dabei war wohl nicht nur mir bewusst, dass ich nicht so furchtlos war, wie ich vorgab zu sein. Mental zitterte ich noch immer wie Espenlaub. Doch der Agent sagte nichts, folgte mir nur stumm und stelle sich neben mich in den Aufzug, der gerade oben angekommen war. Er drückte auf einen Knopf, worauf sich die Türen schlossen und der Aufzug nach unten fuhr. Viel Beachtung schenkte ich seiner Bewegung nicht, denn ich war zu sehr abgelenkt. Tausende Fragen schwirrten in meinem Kopf, für die ich aber jetzt keine Zeit hatte. Mich schüttelnd versuchte ich die Gedanken zu verdrängen, denn zuerst musste ich mich auf das Gespräch mit Zola vorbereiten und dafür musste ich so stark wie nur irgendwie möglich wirken. Selbst wenn ich im Moment so weit von diesem Zustand entfernt war, wie noch nie zuvor in meinem Leben.

Tonlos öffneten sich die Türen des Aufzugs und offenbarten einen mir völlig fremden Gang. Natürlich sah jeder Raum und jeder Flur irgendwie gleich aus, schließlich wurden alle Wände mit denselben Metallplatten eingekleidet, welche wild und unordentlich befestigt waren, dennoch war ich mir sicher, dass ich diesen Gang noch nie gesehen hatte. Mit einem schnellen Blick auf die Knöpfe rechts neben mir an der Aufzugwand konnte ich diesen Gedanken bestätigen. Ich befand mich auf einer völlig fremden Ebene. Diese war noch lange nicht so tief unten wie die, in der meine ersten beiden Zellen ihren Platz gefunden hatten. Doch warum genau wir nun hier waren erschloss sich mir noch nicht. Mit raschen Schritten folgte ich dem Hydrasoldaten, welcher den Aufzug bereits verlassen hatte und wieder mit einem ungeduldigen Blick auf mich wartete.

"Warum sind wir hier?", fragte ich mit einem nicht zu überhörenden misstrauischen Unterton. Meine Augen zu schmalen Schlitzen verzogen fixierte ich den Mann, der gelassen neben mir ging. Seine Antwort war allerdings alles andere als zufrieden gebend.
"Wie bereits gesagt: Doktor Zola möchte Sie sprechen", sein Gesicht zeigte keine Emotionen auf, wodurch ich nichts aus dieser Aussage deuten konnte. Wollte er mich warnen? War es nur halb so schlimm wie gedacht? Oder wusste er überhaupt nichts? Keine dieser Fragen konnte beantwortet werden. Enttäuscht und erzürnt schnaubend riss ich meinen Blick von dem Mann los und richtete ihn stattdessen starr geradeaus. Doch so lange wie ich vermutet hatte gingen wir überhaupt nicht, denn der Mann mit den streng zurückgekämmten blonden Haaren blieb relativ schnell vor einer der vielen Türen stehen und nickte mit den Kopf darauf.
"Er erwartet Sie bereits", sprach er mit ebenso emotionsloser Stimme wie zuvor und trat einen Schritt zurück, sodass ich nun direkt vor der Tür stand. Ungewissheit plagte mich in diesem Moment fast noch mehr als die immer noch präsenten Schuldgefühle in mir. Meine Hände zitterten, als ich den Mantel enger um meinen Körper zog, da mich auf einen Schlag eine seltsame Kälte umgab. Ich wollte gerade nach dem Türgriff greifen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Es war dieselbe Schulter wie die, auf die Basel, kurz vor meinem Zusammenbruch, seine Hand gelegt hatte. Automatisch zuckte mein Körper zusammen, während sich mein Kopf langsam zu der Person, zu der die Hand gehörte, drehte. Mit kalten Augen starrte ich hoch in das Gesicht des blonden Soldaten, der zögerlich seine Hand von meiner Schulter nahm. Lange geschah nichts, ehe er den Mund aufmachte: "Viel Glück."
Ein kleines Lächeln lag auf seinen Lippen als er dies sagte, bevor er auf dem Absatz Kehrt machte und den Gang zum Aufzug zurücklief. Verwirrt blickte ich ihm mit einer hochgezogenen Augenbraue nach, schüttelte anschließend den Kopf und richtete meine Aufmerksamkeit wieder der Tür vor mir. Was genau dies nun sollte würde ich später klären. Dennoch konnte ich nicht verhindern, dass sich ein Knoten in mir bildete. Ist es eine Warnung gewesen?

How to become a Winter SoldierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt