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Josh

"Josh! Joshua! Hier ist ein Brief für dich!"
Was? Ich bekam nie Briefe. Nie! Wer schrieb heutzutage auch noch Briefe? Naja, mit Ausnahme meiner Großeltern.
Ich ging hinunter und mein Vater drückte mir einen Umschlag mit meinem Namen darauf in die Hand. Ich kannte mich nicht so gut aus was Briefe anging, aber ich wusste, das es so etwas wie Absender und Briefmarken gab. Dieser Brief musste also persönlich abgegeben worden sein. Jetzt erkannte ich auch die Handschrift. Es war Tylers. Warum schickte Tyler mir einen Brief?
Als ich die Treppe wieder hoch ging, öffnete ich den Umschlag und fand darin lediglich eine CD. Ich war komplett verwirrt.
In meinem Zimmer legte ich die selbstgebrannte CD in meine Stereoanlage und drückte auf Play.
Ich hörte sanfte Noten auf dem Klavier. Dann fing jemand an zu singen. Nein, nicht jemand, Tyler sang. Der Text war verzweifelt und ich hörte den Hilferuf, den Tyler in die Musik verflochten hatte. Es war, als würde er für oder über jemanden singen.
Eine Zeile ging mir nicht mehr aus dem Kopf: Cause I am falling down
Es konnte nicht sehr alt sein. Höchstens ein paar Monate. Das Lied endete sanft und doch verzweifelt mit einem einzelnen Klavierton. Über den Tyler ein ruhiges und doch schmerzerfülltes versprechen sang.
I will sing for you
Das nächste Lied war das komplette Gegenteil. Es war fröhlich und mitreißend. Tyler sang mit mehr Energie und Fröhlichkeit.
Auch hier hatte der Text eine Bedeutung, eine Nachricht, die entschlüsselt werden wollte. Und auch hier fiel mir eine Zeile sehr auf: And I'll be Holding on to you
Es war an eine bestimmte Person gerichtet. In seiner Stimme klang Erleichterung, darüber, dass sein Hilferuf gehört wurde.
Doch das darauffolgende Lied war wieder traurig. Wieder begann es mit wehmütigen Klavierakkorden. Er sang enttäuscht. Verletzt und tief getroffen. Ohnmächtig. Er sang darüber, dass er versucht hatte für dich zu singen, zu leben, die Wahrheit zu behalten. Doch in allem war er gescheitert. Dann sang er schneller, ich meinte zu verstehen, dass er sterben wollte. Er sang, dass die Menschen denken, er würde ein perfektes Leben führen, doch er wollte sterben und, dass Menschen solche Dinge nie verstehen werden.
I want to know
I want to see
I want to be with you when I am weak

Als er geendet hatte, merkte ich, dass mir Tränen über die Wangen liefen. Verstohlen wischte ich sie weg. Und da erst wurde mir klar, was er da gesungen hatte. Die Lieder waren über mich. Er hatte unsere Freundschaft, seine Gefühle in diese Lieder verpackt. Er war abhängig von mir gewesen. Er hatte mich gebraucht und ich hatte es nicht gemerkt.
I want to be with you when I am weak
Ich war sein Heilmittel. Seine Hilfe. Im ersten Lied hatte er mich um hilfe gebeten. Um Verständnis Beistand. Im zweiten Lied hat er gesungen, dass er durch mich aus seinem Loch gekommen war. Wieder lebendig war und sich an mir festhalten müsste um nicht wieder zu fallen. Und im dritten Lied wurde er von mir enttäuscht, verletzt worden. Er hatte alles für mich getan, doch hatte es nicht geschafft. Er wollte mit mir zusammen sein. Moment! Er wollte mit mir zusammen sein! Seine Worte im Krankenhaus!
Auf einmal schien alles einen Sinn zu ergeben. Er hatte von mir geredet! Und ich hatte es nicht verstanden. Plötzlich war ich mir meiner Gefühle sicher. Ich liebte Tyler. Das tat ich tatsächlich. Ich schnappte mir die CD und rannte zu Tyler. Ich musste ihn sehen, ihn spüren, ihn leben sehen.

Holding On To You [Joshler]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt